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Fiat - Fehler in allen Teilen

12.06.2012  |  Klaus Singer
Mittlerweile lese ich von "Euro-Dämmerung“ (W. Münchau) und vom Endspiel um den Euro. In der ganzen gefühlten, gedachten oder gemachten Panik kommt erstens die Situation in den USA ein wenig aus dem Blickfeld. Und zweitens muss bei allem QE, Operation Twist, ESM, Bankenunion, Eurobond das Gemeinsame gesehen werden - es sind Ingredienzien der Spätphase der heutigen Fiat-Papierwährungen.

Die aktuelle Situation ist extrem: Während die Zinsen für die PIIGS untragbar werden, haben die 10-jährigen US-Renditen kürzlich ein solch tiefes Niveau erreicht wie zuletzt zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Auch die deutschen Renditen sinken von einem Tief zum nächsten. Das signalisiert nicht etwa, dass beide Staaten kein Verschuldungsproblem haben. Im Falle der USA wirkt die Tatsache, dass die Fed die Zinsen am langen Ende durch Käufe drückt. So lange die Bond-Kurse steigen, werden asiatische Export-Nationen bei der Stange gehalten, die ihre Währungen durch Kauf von Staatsanleihen der USA nach unten manipulieren. Im Falle Deutschlands spielt eine wichtige Rolle, dass die Schweizer Nationalbank Bunds kauft, um den Euro bei 1,20 festzutackern.

Treten wir mal zurück: Seit Jahrhunderten verschulden sich Staaten, zunächst um Kriege zu führen. Häufig genug waren sie dann weder willens noch fähig, die Schulden zurück zu zahlen. Sich häufende Staatspleiten machten es im Laufe der Zeit immer schwieriger, das Spiel zu wiederholen. Zunächst besann man sich darauf, das eigene Geld durch Einsatz von niederwertigeren Metallen physisch zu entwerten. Schließlich wurde die Bindung an einen materiellen Wert (meist Gold) ganz aufgegeben, es entstanden die Fiat-Geldsysteme als notwendige Ergänzung des späten Kapitalismus.

Der letzte Damm diesbezüglich brach 1971 mit dem Ende des Bretton Woods Systems. Damit war der Weg frei zu fast beliebiger Abwertung des umlaufenden Geldes. Anfangs bemühte man noch die Notenpresse, heutzutage reicht ein Computer. Niedrige Zinsen reizen zum Schulden machen, neben den Notenbanken schaffen auch die Geschäftsbanken Geld, indem sie Kredite vergeben. Der Wert des Geldes sinkt weiter. Das führt zu steigenden Preisen (zumindest bei Finanz-Assets), gleichzeitig niedrige Zinsen heizen Spekulationsblasen an.

Die Regierungen spielen bei dem Spiel gerne mit, Staatsschulden wurden zur Regel. Denn solange sich Spekulationsblasen entwickeln, verbreitet sich ein trügerisches Bild von Wohlstand. Zudem sorgt die Geldentwertung für steigende Steuereinnahmen, während der reale Wert der Staatsschulden sinkt. Gleichzeitig fungieren Staatsschulden als versteckte Umverteilungs-Steuer, mit ihrer Hilfe werden Geschenke für die eigene Klientel finanziert. Man denke nur daran, dass ein großer Teil der Wähler sein Einkommen vom Staat bezieht. Noch wichtiger: Eine solche Politik bedeutet auch eine Umverteilung in Richtung Finanzindustrie, die an Zins und Zinseszins gut verdient und auch über die steigende Schuldenlast einen steigenden Einfluss auf die Politik bekommt.

Die Forderung der Finanzwissenschaft nach antizyklischer Haushaltspolitik wird da geflissentlich überhört. Dieter Meyer, Ministerialrat a. D. im Finanzministerium eines Bundeslandes, betreibt seit vielen Jahren eine sehr informative Internetseite, wo er die deutsche Schuldenpolitik seit Mitte der 1960er Jahre aufarbeitet. Er schreibt: "Die Kreditfinanzierung der öffentlichen Haushalte ist zum fiskalisch nutzlosen Selbstzweck entartet. Sie dient nicht mehr der eigentlichen Haushaltsdeckung, sondern der Finanzierung der von ihr selbst erzeugten Tilgungs- und Zinsausgaben.“ (Ebenfalls sehr informativ auch die Seite Staatsverschuldung.de eines Flensburger Rechtsanwalts).




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