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Verbalakrobatik von allen Seiten - Klartext von Axel Weber!

28.06.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.35 Uhr) gegenüber dem USD bei 1.4270, nachdem Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden im asiatischen Geschäft bei 1.4330 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY bei 80.80. In der Folge stellt sich EUR-JPY auf 115.30, während EUR-CHF bei 1.1920 oszilliert.

Das Thema Griechenland bleibt bestimmend für die Psychologie an den Finanzmärkten. Verbalakrobatik wurde von allen Seiten angeboten. Wir freuen uns über die Einlassungen von Axel Weber, dem ehemaligen Bundesbankpräsidenten, der sich aus Chicago über das Wall Street Journal zu Wort meldete. Er schlägt einen Radikalplan zur Rettung Griechenlands und damit der Eurozone vor. Die gesamte EU solle für alle Schulden Griechenlands garantieren.

Werfen wir einen Blick auf diesen Vorschlag. Das Volumen der Staatsverschuldung Griechenlands von 340 Mrd. Euro (ungleich theoretisch potentieller Ausfallsumme) ist überschaubar und im Verhältnis zu den Problemen, die bereits global geschultert wurden, unproblematisch. Griechenland hat sich bereits massivsten Reformen unterworfen, die das Geschäftsmodell nachhaltig verändern werden (siehe Report vom 27.6.), wenn man Griechenland zur Ruhe kommen lässt und nicht alle 3 Monate zur nächsten Attacke gegen Griechenland am Finanzmarkt bläst und damit latent Risikoaversion hoch hält und die Gesundungsprozesse unnötig erschwert. Diesbezüglich hat der Vorschlag Webers mehr als nur Charme.

Mehr noch würden die latenten Ansteckungseffekte in Richtung Irland, Portugal und Spanien über diesen Kanal unterbunden. Mehr Sachlichkeit wäre die Folge. Sachlichkeit ist eine gute Grundlage für nachhaltiges Wachstum und in der Folge fiskalische Gesundung im Gegensatz zu der aktuell von Risikoaversion und Nervosität geprägten Lage. Das gilt nicht nur für die europäische Wirtschaft, sondern es gilt für die Weltwirtschaft!

Darüber hinaus würde Europa ein Signal setzen, das Ausdruck von Solidarität einerseits ist, andererseits aber auch Ausdruck des Bewusstseins, dass die EU und Eurozone in dieser Krise im Vergleich zu den USA, Japan und dem UK die stärksten fundamentalen Daten (u.a. Neuverschuldung) vorzuweisen hat und darüber hinaus das rigideste und zukunftsträchtigste Reformprogramm im Vergleich zu den genannten Ländern aufgestellt hat und vor allen Dingen umsetzt.

Die einzige Frage bleibt, ob so viel Realitätssinn in der EU und der Eurozone bei den politischen Eliten und in der Bevölkerung anzutreffen ist?

Bezüglich der Vorbehalte einiger deutscher Protagonisten, die latent lamentieren, wir würden immer alles bezahlen, haben wir es uns erlaubt, gestern die Finanzagentur des Bundes zu kontaktieren.

Von Januar 2010 bis Juni 2011 ergab sich ein Emissionsvolumen im Laufzeitbereich von 5 - 30 Jahren von knapp 200 Mrd. Euro mit einer durchschnittlichen Duration von 9,2 Jahren. Kürzere Laufzeiten blieben unberücksichtigt.

Wenn man unterstellt, dass die Griechenlandproblematik zu einer um 1% geringeren Rendite am Kapitalmarkt geführt hat, was nach unserer Recherche eine konservative Betrachtung darstellt, ergibt sich alleine eine fiskalische Entlastung (konjunktureller Aspekt ausgeblendet) von circa 18 Mrd. Euro ohne Diskontierungseffekte. Darüber hinaus erhalten wir auf unser Garantievolumen in den Abschirmungen Zinsen in Höhe von 2% pro Jahr.

Das Geschrei in Deutschland, dass wir alles bezahlen ist faktisch nicht haltbar. Wir sind bisher die größten Begünstigten!

Die Fragen der Beteiligung des privaten Sektors an dem kommenden Finanzpaket werden derzeit erörtert. Bewegung ist ins Spiel gekommen. Hier prescht Frankreich ein Stück nach vorne. Im Gespräch sind 30 jährige Laufzeiten. Das klingt gut. Die vornehme Zurückhaltung, die wir aktuell aus Deutschland erleben, setzt den gegenteiligen Akzent.

Offensichtlich sind manche Institutionen beim "Nehmen" stärker als beim "Geben" und erkennen nicht, dass das "Geben" mittel- und langfristig einen höheren Nutzen hat, als das kurzfristige "Nehmen". "Food for thought!"

Der deutsche GfK Konsumklimaindex per Juli legte von zuvor 5,6 (revidiert von 5,5) auf 5,7 Punkte zu. Die Prognose lag bei lediglich 5,3 Zählern. Das erstaunt positiv. Das gilt um so mehr, als dass die Subindices noch stärker überzeugten.
  • Der Index der Konjunkturerwartungen legte von 46,1 auf 50,3 Punkte zu.
  • Der Index der Einkommenserwartungen erhöhte sich von 25,9 auf 44,6 Zähler.
  • Der Index der Anschaffungsneigung nahm von 31,5 auf 35,1 Punkte zu.

Auch in der Schweiz ergibt sich ein positives Konsumbild. Der "UBS Consumption Indicator" legte für die Schweiz per Berichtsmonat Mai von zuvor 1,57 (revidiert von 1,58) deutlich auf 1,91 Punkte zu.

Dagegen konnten die Daten aus den USA keine positiven Überraschungen liefern. Im Mai kam es zu einem Anstieg der privaten Einkommen um 0,3% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,3% (revidiert von 0,4%) im Monatsvergleich und um 4,2% nach zuvor 4,4% im Jahresvergleich.

Die persönlichen Ausgaben waren im Monatsvergleich unverändert (Prognose +0,1%) nach einer Zunahme um 0,3% (revidiert von 0,4%) im Vormonat. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 4,7% nach 4,8%. Die Sparquote lag per Mai bei 5,0% nach zuvor 4,9%.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.3950 - 1.4500 eröffnet neue Opportunitäten.
Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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