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Organismen schürfen nach Edelmetallen

09.11.2013  |  Hans Jörg Müllenmeister
In fossilen Goldseifen der Felsstrukturen in Südafrika finden sich pflanzenartige Fadenstrukturen aus reinem Gold. Präkambrische Bakterien und Algenmatten vor mehr als 3,3 Milliarden Jahren waren da die ersten Goldsammler auf Erden; diese Pioniere reicherten die Goldpartikel in einer höheren abbauwürdigen Konzentration an. Das war ideal für die später auftauchende goldlüsterne Spezies Mensch. Irrsinnig, denn diese konzentrierten das Gold weiter in Barrenform und Münzen. Und sie schafften das Gold erneut unter die Erde - hinter meterdicke Tresore. Dagegen erleben viele Industriemetalle wie Silber, Platin (als Katalysator-Metall in Nanogröße ausgeblasen), Antimon (als nicht ruckelnder Bremsbelag) und Quecksilber (als Amalgam zur Goldgewinnung im Amazonas) einen extremen Verdünnungseffekt - bezogen auf die Oberfläche des Globus‘. Nicht nur hier zeigt sich der homo sapiens als gefährlicher Gift-Distributor.


Schleimwesen mit inniger Liebe zu den Metallen

Ehe wir die Crème de la Crème der organischen Edelmetallsucher- und Sammler ansprechen, befassen wir uns für einen Augenblick mit den Organismen die in der Lage sind, Schwermetalle anzureichern. Herausragend sind da die Schleimpilze, die Myxomyzeten (s. Bericht "Pilz-Kosmopoliten: Untermieter der Menschen"). Sie sind einzellige Sondermodelle der Natur, die in ihren Eigenschaften weder Tier noch Pilz sind. Etwa Tausend verschiedene dieser "Zwischen"-Geschöpfe kennen wir. Wussten Sie z.B., dass einige dieser Schleimer regelrechte fanatische Metallsammler sind? Besonders eifrig treibt es Fuligo septica. Er reichert sich mit Vorliebe mit Zink an; so an die 4 Gramm pro kg Trockenmasse und in geringeren Mengen auch Eisen und Cadmium.

Darüber hinaus sammelt er Barium bis 15 g/kg, Strontium bis 2,2 g/kg und Mangan bis 4,6 g/kg. Dieses mysteriöse Waldwesen heißt im Volksmund auch Gemeine Lohblüte oder Hexenbutter. Eben besagten Delikatess-Schleimer mit gelbem Plasmodium (eine Masse aus vielkernigem Protoplasma) brät oder grillt man in manchen Gegenden Mexikos. Hier heißt er allerdings caca de luna, also Mondkacke. Na, dann guten Appetit. Bemerkenswert ist auch der Blutmilchpilz Lycogala epidendrum, der eine große Affinität zu Zinn zeigt. Man fand bis 30 mg/kg in der Trockenmasse.


Zink-liebende Gamelei-Pflanzen

Apropos Zink: In deutschem Boden konnten sich Zinklagerstätten entwickeln, etwa im Rheinland in Stolberg. Hier findet sich das Mineral Zinkspat, ein Zinkcarbonat. Auf „verzinktem“, sonst aber kargem Galmei-Boden (botanischer Name für Pflanzengesellschaften von Metallophyten auf schwermetallhaltigem Boden), gedeihen Ökotypen von seltenen Pflanzen, die seit der Steinzeit genetisch einen "Heißhunger" für Zink entwickelten, etwa das Galmei-Veilchen, das Galmei-Täschelkraut und die Frühlingsmiere. Im Grund sind ja allgemein Organismen auf Zink angewiesen. Ein Zinkmangel bei Obstbäumen führt z.B. zu einem Zwergwuchs der Blätter.

Übrigens, in der Asche eines verbrannten Galmei-Veilchens finden sich 20% Zn. Auch in der Asche eines Verblichenen - in einem "verzinkten Körper" - lässt sich Zink mit 25 ppm nachweisen, d.h. ein Mensch hat zwei bis drei Gramm Zink im Körper. Und die gesamte Biomasse "Mensch" trägt insgesamt unbemerkt 16.000 Tonnen Zink mit sich ständig herum. Damit ließen sich fiktiv 80 Eiffeltürme verzinken (s. Bericht "Verzinkte Körper - und Rohstoffwelt") Galmei ist der Sammelbegriff für schwefelfreie Zinkerze, die wie erwähnt, in Stolberg bei Aachen vorkommen. Übrigens, 140 km davon entfernt, findet man am Laacher See in der Eifel in Bimsstein- und Ascheschichten eingebettet, den einzigen vorkommenden Edelstein Deutschlands. Besonders schöne Exemplare birgt die Sandgrube „In den Dellen“. Dieser neonblaue prächtige Farbsammlerstein heißt nach dem französischen Mineralogen Hauyn.


Pflanzliche "Metallsammler" reinigen die Böden

Die Ackerschmalwand Arabidopsis halleri ist eine weitere Metallsammel-Pflanze, die in Deutschland auf stark Schwermetall-belasteten Böden vorkommt. Das Gewächs nimmt Schwermetalle verstärkt in die Wurzeln auf, leitet sie in die oberirdischen Pflanzenteile weiter und speichert außergewöhnlich hohe Schwermetall-Konzentrationen in den Blättern, in denen auch der empfindliche Prozess der Photosynthese stattfindet. Die biologischen Reiniger leisten damit einen wichtigen Beitrag zur preiswerten und umweltfreundlichen Sanierung Schwermetall-verseuchter Böden. Diese Methode wird zur Zeit als Recyclingmethode für Elektroschrott erforscht.


Statt Eisen, Kupfer im Blut

Selbst Kopffüßer haben etwas mit einem für sie lebenswichtigen Buntmetall zu tun. Was da durch die Adern der Kraken pulsiert - der "Saft des Lebens" - ist nicht rot, sondern bläulich-grün. Der Grund für dieses außergewöhnliche Phänomen, das übrigens auch Hummer zeigen, ist das Element Kupfer als Zentralatom der Erythrozyten. In ihrem Blut wird der Sauerstofftransport nicht von Eisenmolekülen wie bei uns Menschen, sondern von einem Kupferprotein, dem Hämocyanin (griech. häm für Blut, cyanos für himmelblau) übernommen; Kupfer färbt sich bläulich-grün, wenn es oxidiert (s. Buch „Erlebtes Universum“).


Kostbarer Atem eines Vulkans

Legen wir die Definition "Organismus" etwas großzügiger aus, dann gehört ein atmender Vulkan als nichtbiologischer Organismus dazu. Kürzlich analysierten russische Vulkanologen den “Atem“ des Vulkans Kudriavyi auf Iturup, eine der Kurilen-Inseln nördlich von Japan. Als Sublimat fanden sie das erste und einzige Rhenium-Mineral Rheniit ReSe2 auf der Welt (s. Bericht "Vulkan speit Edelmetall Rhenium"). Es scheint, dass in diesem Punkte einige Mineralienbücher auf den neuesten Stand gebracht werden müssen, denn bisher kannte man kein eigenständiges Rhenium-Mineral. Die Fumarolen, die Öffnungen des Vulkans Kudriavyi, befördern mit dem Gas-Dampf-Gemisch Elemente aus dem Erdinnern an die Oberfläche, darunter also das hochseltene Edelmetall Rhenium.

Wie immens wichtig diese Entdeckung ist, zeigt sich daran, dass die russische Regierung ein amerikanisches Forscherteam unsanft vom Vulkan evakuierte. Vielleicht wollten sie den Vulkan doch nur abhorchen. Von russischer Seite hieß es, dass der "Edelmetallkrater" jährlich über 10 Tonnen Rhenium ausstößt. Das wäre mehr als die bisherige Weltjahresförderung von etwa 6 t. Während man weltweit 2.500 Tonnen Gold fördert, bringt es Rhenium auf gerade mal einige Tonnen, sagen wir, geschätzte sechs Tonne (Faktor 1: 417, bezogen auf Gold). Das entspricht einem Rhenium-Würfel mit einer Kantenlänge von 68 cm (Gold 3,64 m). Gemäß dieser Produktionsmenge müsste Rhenium 417mal teurer sein als Gold.




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