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Verzerrte Preise

23.12.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Es gibt kaum mehr einen Preis, der nicht durch staatlich es Handeln beeinflusst wäre. Man denke nur etwa an Löhne oder die Preise für Gesundheitsleistungen, Benzin, Strom, Wasser und vieles andere mehr.

Die Preise sind entweder durch Steuern und Abgaben verzerrt, oder aber staatliches Handeln beeinflusst das Güterangebot oder die Güternachfrage (zum Beispiel durch Subventionen) und dadurch auch die Preise.

Der staatliche Einfluss - direkt oder indirekt - zeigt sich mittlerweile immer stärker auch bei Finanzmarktpreisen, ob nun bei den Preisen für Aktien, Anleihen oder Derivaten.

Der Grund dafür ist, dass die staatlichen Zentralbanken zusehends den Markt für die Kurz- und Langfristzinsen kontrollieren: Zinsen spielen eine überaus große Bedeutung für die Preisbildung von Finanztiteln.

Liegt es da nicht nahe, dass auch der Goldpreis staatlich beeinflusst sein könnte? Schließlich kommt ja gerade dem Goldpreis eine besondere politische Bedeutung zu. Gold ist das ultimative Zahlungsmittel. Ein steigender Goldpreis sendet ein für die Papiergeldproduzenten unerwünschtes Signal: Er mahnt den Kaufkraftschwund des Papiergeldes an.

Allein schon aus diesem Grund mag es also einen Anreiz für Papiergeldproduzenten geben, einem allzustarken und augenauffälligen Anstieg des Goldpreises entgegenzuwirken.

Der Gold Reserve Act von 1934 eröffnet zum Beispiel der amerikanischen Administration ausdrücklich die Möglichkeit, neben Wechselkursen und Wertpapieren auch den Goldpreis mittels ihres "Exchange Stabilization Funds" zu beeinflussen:

... "the Department of the Treasury has a stabilization fund ... consistent with the obligations of the Government in the International Monetary Fund (IMF) on orderly exchange arrangements and an orderly system of exchange rates, the Secretary ..., with the approval of the President, may deal in gold, foreign exchange, and other instruments of credit and securities.”

Ob dies überhaupt geschieht, und wenn wie (etwa direkt über das Schatzamt oder mittels zwischengeschalteter Investmentbanken), darüber gibt es keine öffentlichen Hinweise.

Denkbar wäre aber, dass der Goldpreis direkt von den Zentralbanken (allen voran der Fed) beeinflusst wird. Dabei könnte auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel eine Rolle spielen.

Die BIZ ist die Zentralbank der Zentralbanken. Sie könnte auf Anweisung ihrer Besitzer - das sind die internationalen Zentralbanken - im Goldmarkt aktiv werden.

Ein Absenken des Goldpreises könnte zum Beispiel über den Goldleihemarkt erfolgen: Die Zentralbanken erhöhen das Marktangebot, indem sie ihre offiziellen Goldreserven verleihen.

Grundsätzlich müssen für preisbeeinflussende Eingriffe keine physischen Bestände bewegt werden. Transaktionen können beispielsweise auch über den Papiergoldmarkt - also den Gold-Future-Markt - erfolgen.

Solche Geschäfte könnten den Goldpreis zwar kurzfristig durchaus unter den Preis senken, der sich ohne diesen Einfluss ergeben würde; und auf diese Weise könnte auch ein Abwärtstrend der Preise verstärkt werden.

Ob es jedoch möglich ist, eine längerfristige Trendentwicklung durch derartige Verkäufe (etwa im Papiergoldmarkt) dauerhaft zu verfälschen oder gar außer Kraft zu setzen, ist hingegen sehr fraglich.

Zur Erklärung, warum der Goldpreis von seinem bisherigen Hochpunkt im September 2011 bis heute stark gefallen ist, bedarf es jedoch wohl keines Rückgriffs auf mögliche Markpreisbeeinflussungen.

Mit Ausbruch der Finanz und Wirtschaftskrise engagierten sich insbesondere institutionelle Investoren (Hedge Funds etc.) im Goldmarkt. Dies geschah vor allem durch den Erwerb von "Exchange Traded Funds" (ETFs).

Seit Ende 2012 bauen eben diese Investoren ihre Positionen wieder ab. Die Folge ist ein Verkaufsdruck am physischen Markt, der derzeit nur bei geminderten Preisen auf eine entsprechende Nachfrage stößt.

Zudem ist der indische Goldimport - vor allem aufgrund steigender Steuern - merklich zurückgegangen. Im dritten Quartal 2013 betrug er nur noch 148,2 Tonnen, ein Rückgang von 32 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2012.

Wenn die Kauflust des weltweit bedeutendsten Goldnachfragers derart stark zurückgeht, ist es nicht verwunderlich, wenn es zu einem Abwärtsdruck auf den Weltmarktpreis des Gold es kommt.

Das alles bedeutet jedoch nicht, dass der Goldpreis nicht doch verzerrt wäre. Er ist es: Die von den Zentralbanken künstlich niedrig gehaltenen Zinsen haben eine "Scheinlösung" der Krise herbeigeführt.

Angesichts zum Beispiel steigender Aktienkurse erhält man den Eindruck, die Krise sei überwunden. Das wiederum mindert die Nachfrage nach Gold und anderen Edelmetallen zu Absicherungs- und Versicherungszwecken.

Berücksichtigt man jedoch die Probleme, die noch im internationalen Papiergeldsystem schlummern, so gibt es nach wie vor Grund für die Erwartung, dass der Goldpreisrückgang nicht von Dauer sein wird.

Mit der gebotenen Vorsicht interpretiert, deutet die langfristige Beziehung zwischen Goldpreis und Geldmenge auf einen "angemessenen" Preis von derzeit etwa 1.300 US-Dollar (1) hin - und das berücksichtigt noch nicht einmal die künftige Geldmengenausweitung zur Bekämpfung der nächsten Krise.




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