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Erste Lehren aus der Euro-Aufwertung, Aktienblase und Krim-Krise

09.03.2014  |  Manfred Gburek
Huch, war das heftig: Kaum hatte der EZB-Rat am Donnerstag beschlossen, im Prinzip alles beim Alten und die Zinsen dort zu lassen, wo sie seit einiger Zeit sind, da reagierte der Euro gegen den Dollar mit einem satten Sprung nach oben. So, als hätte EZB-Präsident Mario Draghi gerade einen Zinsanstieg verkündet. Das wirft die Eurozone mal wieder richtig zurück, und zwar zusätzlich zu der Pein, die sie seit geraumer Zeit ertragen muss. Denn Japans Yen ist in den Keller geraten und macht durch seine Abwertung den deutschen Exporteuren das Leben schwer, Chinas Yuan wertet mit einem vergleichbaren, wenn auch nicht so starken Effekt ab, und jetzt kommt auch noch so etwas: Exporte in die USA wegen der Euro-Aufwertung schon wieder einen Tick teurer.

Waren das noch Zeiten, als es die gute alte D-Mark gab: Die Bundesbank konnte mit ihrer Geldpolitik souverän gegensteuern, und schon verpuffte der Aufwertungseffekt nach wenigen Monaten. Die deutschen Exporteure jammerten zwar immer wieder von Neuem, sobald die D-Mark weitere Höhen gegen den Dollar erklomm, aber der damals ebenfalls starke Yen hinterließ bei ihnen keine bleibenden Schäden, der Yuan spielte erst eine untergeordnete Rolle und - besonders wichtig - es gab noch keine Gemeinschaftswährung, die heute wenige starke und viele schwache Euroländer unter ihrem durchlässig gewordenen einheitlichen Dach vereinigt.

Um international konkurrenzfähig werden zu können, müssten die schwachen Euroländer mit ihren hohen Kosten, staatlichen Eingriffen und bürokratischen Hürden den Euro eigentlich kräftig abwerten. Aber das geht natürlich nicht, weil das einheitliche Dach so etwas verhindert. Folglich warten sie, bis die ihnen von der Troika (EU, EZB und Internationaler Währungsfonds) aufgedrängten Reformen greifen, indem sie die hohen Kosten senken helfen.

Die Wartezeit droht indes lang und immer länger zu werden. Denn warum soll zum Beispiel der VW-Konzern seine unter dem starken Euro leidende spanische Tochter SEAT puschen, wenn er mit Skoda im nicht zum Euroraum gehörenden Tschechien über eine weitere Tochter verfügt, die Autos viel billiger herstellen kann als SEAT? Ähnliches gilt für den Renault-Konzern, der mit Dacia in Rumänien eine Tochter besitzt, die mittlerweile sogar den deutschen Automarkt im ganz unteren Preissegment aufmischt. So hinterlässt die Ost-Erweiterung der EU ihre Spuren, und die Beispiele ließen sich weit über die Ebene von Konzernen hinaus bis zu Handwerkern aus Polen, Bulgarien, aber auch aus nicht zur EU gehörenden Ländern wie Russland oder Ukraine erweitern.

Die schwachen Euroländer rund um das Mittelmeer sind also im Zangengriff: Zum einen, weil der Euro für sie zu stark ist und ihre Produkte deshalb außerhalb des Euroraums nicht mehr wettbewerbsfähig sind, zum anderen, weil die Konkurrenz aus Ländern ohne Euro sie bei jeder Gelegenheit unterbietet, sei es beim Autobau, sei es auf den zurzeit zahlreichen Baustellen in Deutschland und anderswo. Bis die Troika-Reformen eventuell greifen - sicher ist das längst noch nicht - und zu günstigeren Kosten der Mittelmeer-Anrainer führen, dürften jedenfalls noch viele Jahre vergehen.

Wie geht es weiter? Sicher, am Ende wird Deutschland die Rechnung bezahlen, daran ist nicht mehr zu zweifeln. Aber wie sieht der Weg bis dahin aus? Eine schwer zu beantwortende Frage. Jedenfalls wird der Weg steinig sein. Dazu muss man sich nur vorstellen, welche Gremien allein in der EU und speziell im Euroraum die Marschrichtung bestimmen: neben der Troika die vielen Regierungen einzelner Länder, G8, OSZE oder wie sie sonst noch heißen mögen. Und weil es keine europäische Regierung gibt, kommt es regelmäßig zu Kompetenzstreitigkeiten.

Dann wittert die EZB ihre Chance und übernimmt Aufgaben, die eigentlich einzelnen Regierungen zustehen. Etwa indem sie eine Art Fiskalunion spielt, ohne das entsprechende Mandat zu besitzen. Zum Lackmustest wird es diesbezüglich kommen, sobald der Europäische Gerichtshof (EuGH) über das OMT-Programm zu entscheiden hat (Outright Monetary Transactions), das im Grunde die europäische Version des amerikanischen Quantitative Easing ist: Kauf von Anleihen. Das Bundesverfassungsgericht hat dem EuGH bereits die Grenzen für die Auslegung des OMT-Programms vorgegeben. Im schlimmsten Fall könnte dieser unter Missachtung der Grenzen souverän entscheiden. Wird er aber wohl nicht, sonst würde der Euro den Politikern von nicht weniger als 18 Ländern und weit darüber hinaus um die Ohren fliegen.

Sicher fragen Sie sich spätestens jetzt, welchen Einfluss das alles auf Ihre Geldanlage hat. Zweifellos einen ziemlich großen. Denn eine so wackelige Währung wie der Euro, der konstruktionsbedingt nicht zugunsten der schwachen Euroländer abgewertet werden kann und deshalb deren Wettbewerbsfähigkeit erheblich einschränkt, verursacht Unruhen. Hinzu kommt die Krim-Krise mit noch nicht absehbaren Folgen gerade für Europa. Dadurch entsteht eine allgemeine Verunsicherung, die immer mehr institutionelle wie auch private Anleger veranlasst, ihre Aktien zu verkaufen.




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