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Draghi setzt europäische Akzente - danke!

04.04.2014  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.3705 (07.48 Uhr), nachdem im europäischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3699 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 103.85. In der Folge notiert EUR-JPY bei 142.35.EUR-CHF oszilliert bei 1.2227.

Wir sagten gestern, dass es eine 45% Möglichkeit quantitativer Maßnahmen gab. Dazu stehen wir. Die 55% Variante setzte sich durch. Mario Draghi und der EZB-Rat halten sich alle Optionen in Zins- und Geldpolitik offen. Das ist richtig und weise. Es wird konstatiert, dass es zu einer moderaten Erholung in der Eurozone kommt. Das ist ein Statement voller Understatement. Draghi lieferte auch bei der Risikoanalyse. Die Risiken für die Konjunktur seien abwärts gerichtet. Wir erlauben uns beizupflichten und festzustellen, dass die Chancen aber nach oben ausgerichtet sind.

Hinsichtlich der Konjunkturentwicklungen der letzten Monate und der daraus resultierenden positiven Wachstumsanpassungen könnte man das Thema Chance gegenüber Risiko schwerer gewichten. Das passt jedoch nicht zu dem Ansatz des Zielkatalogs am Devisenmarkt. Ergo ist der EZB-Rat konsequent bei der Verfolgung der eigenen Ziele. Draghi lieferte in der Pressekonferenz auf Frage einer Journalistin dann eine verbale, aber auch inhaltliche Spitzenleistung.

Auf die Frage nach der IWF-Empfehlung, eine aggressivere Gangart in der Geld- und Zinspolitik an den Tag zu legen, konterte Draghi, dass es sich wünschte, dass der IWF auch vor Treffen des Offenmarktausschusses der Federal Reserve derartige Empfehlungen geben würde. Danke Herr Draghi, das lassen wir weitgehend unkommentiert, da die Essenz zwischen den Zeilen steht …

Wir hoffen, dass die zwischen den Zeilen stehende Essenz Katalysator für eine stärkere Emanzipation von den gegebenen Strukturen steht. Da gibt es viele Felder, unter anderem Bilanzierungsstandards weg vom "Sprint" (IFRS, US-Ansätze) hin zum "Marathon" (wie im HGB). Das verhindert beispielsweise Prozyklizität. Das wirkt systemisch unterstützend. Es verlangsamt die Finanzmärkte und deren Ausschläge. Es stellt die Realwirtschaft wieder in den Mittelpunkt.

Wir haben auf Nachfrage noch mehr Vorschläge auf Lager …

Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone per Februar legten um 0,4% nach zuvor +1,0% im Monatsvergleich zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 0,8% wie bereits im Vormonat.

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Die US-Arbeitslosenerstanträge verzeichneten per Berichtswoche 29. März einen Anstieg von zuvor 310.000 auf 326.000. Das niedrige Niveau der letzten Monate wurde damit weiter bestätigt.

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Das Defizit der US-Handelsbilanz weitete sich per Berichtsmonat Februar unerwartet aus. Es kam zu einem Anstieg von -39,3 Mrd. USD auf -42,3 Mrd. USD. Damit wurde das höchste Defizit seit September letzten Jahres ausgewiesen.

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Fakt ist, dass es sich unverändert um strukturelle Defizite handelt. Die Lust der Ökonomen und Profis sich mit diesem US-Dilemma ernsthaft auseinanderzusetzen, ist unausgeprägt. Das gilt nicht nur für dieses Defizit, es gilt auch für das Haushaltsdefizit und das Demokratiedefizit als auch das humanistische Wertedefizit bei einem Spionageüberschuss. Da wir sachlich sind und uns auf Fakten beziehen, erlauben wir uns eine kurze Betrachtung des US-Haushaltsdefizits. Die US-Treasury veröffentlicht die Daten der öffentlichen Verschuldung täglich (Public Debt).

In dem neuen Fiskaljahr beginnend am 01.10.2013 hat sich im ersten Halbjahr (31.3.2014) ein Haushaltsdefizit in Höhe von sportlichen 863 Mrd. USD ergeben. Natürlich hat das was mit kreativer Finanzierung im letzten Fiskaljahr zu tun (zeitliche Verschiebung des Defizitausweises vom Fiskaljahr 2012/2013 in 2013/2014).

Nur, wer den Rückgang des Defizits dank Taschenspielertricks von 1.276 Mrd. per 2012 auf 672 Mrd. per 2013 abfeiert, sollte auch unsere Argumentation ertragen.

Die Gesamtverschuldung der USA stellt sich aktuell auf 17.585 Mrd. USD jenseits der 107% Marke des BIP. Die Defizite sind maßgeblich struktureller Natur im Gegensatz zu den maßgeblich quantitativ viel geringeren konjunkturell bedingten Haushaltsdefiziten in der Eurozone.

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Die Themen Demokratiedefizit, humanistisches Wertedefizit (siehe CIA) und Spionageüberschuss blenden wir heute aus politischer Korrektheit aus. Im Radio lief heute ein Lied aus alten Zeiten, als Freiheit (NSA, CIA …) und Humanismus nicht nur auf dem Papier standen. Es war herzerfrischend, es hat ermutigt … Der ISM-Dienstleistungsindex legte per März von zuvor 51,6 auf 53,1 Punkte zu. Die Prognose lag bei 53,5 Zählern. Der Auftragsindex stieg von 51,3 auf 53,4 Zähler und der Beschäftigungsindex nahm von 47,5 auf 53,6 Punkte zu.

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Die Konjunkturdaten waren insgesamt Ausdruck einer weiter positiven Wirtschaftslage weitere leicht erhöhte Dynamik implizierend. Die Strukturdaten aus den USA bleiben prekär. Da der Markt sie jedoch ignoriert, entwickeln sie keine Diskontierung. Man sollte diese mangelnde Qualität jedoch auf dem Radarschirm der Risiken, die eine Diskontierung erfahren können, nicht ausblenden. Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Nachhaltige Trendsignale sind derzeit unausgeprägt.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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