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Das Geheimnis der wahren und der gefühlten Renditen

31.08.2014  |  Manfred Gburek
Manchmal verhilft der Zufall zu tiefgründigen Erkenntnissen bei der Geldanlage. So wie neulich ein Abstecher auf Mallorca. Ich wollte, der "Se vende"-Schilder (zu verkaufen) überdrüssig, statt mich mit angeblich verkaufswilligen Villeneigentümern in angesagten Küstenorten über die kommende Preisentwicklung zu streiten, eigentlich lieber mit meinen auf der Insel gelandeten Börsenfreunden über die Auswirkungen der Ukraine-Krise, über Aktien und Edelmetalle diskutieren. Doch da hatte ich die Hartnäckigkeit der Immobilienmakler unterschätzt, die ich - ein Fehler - nur mal eben auf das eine oder andere Objekt ansprechen wollte, ohne Kaufabsichten zu hegen. Sie ließen einfach nicht locker und sprachen dauernd von Rendite oder was sie dafür hielten: Mietrendite, Wertsteigerung, Klima-, Gesundheits-, Altersvorsorge- und sonstige Rendite.

War ich da etwa in die Fänge von Spinnern geraten? Nein. Die Makler argumentierten ja nicht anders als deutsche Anlageberater, die Ihnen einen Fonds oder ein Zertifikat verkaufen wollen. So, wie die Renditeversprechen der Makler wahr werden können oder nicht, so unsicher verhält es sich auch mit den Ergebnissen von Fonds und Zertifikaten. Allemal geht es um einen Ertragswert, nur dass der beim Haus im Süden zum Teil immateriell ist - schönes Wetter, Gesundheit, Lebensfreude -, während Fonds und Zertifikate, sofern sie überhaupt Erträge abwerfen, nur mit materiellen Werten dienen können.

Das Messen von Erträgen und damit von Renditen birgt drei wesentliche Probleme: Es ist in die Zukunft gerichtet, es bezieht sich auf eine vom Anlageziel abhängige Zeitspanne, und es muss verschiedene Ertragskomponenten berücksichtigen. Zukunft, das bedeutet hier, mit Bandbreiten rechnen, diese je nach Lage der Dinge hin und wieder korrigieren und manchmal sogar Ausfälle in Kauf nehmen. Die Zeitspanne kann sich von wenigen Tagen beim Girokonto bis zu vielen Jahren bei Aktien und mehreren Jahrzehnten bei der gesetzlichen Rente oder bei Lebensversicherungen erstrecken. Als Ertragskomponenten kommen Zinsen, Dividenden, Wertsteigerungen, sonstige finanzielle Vorteile und die erwähnten immateriellen Werte infrage, wobei die Grenze zum Konsum beim zuletzt genannten Punkt fließend ist.

Es sagt sich so leicht: Anleihen und Rentenfonds sind Ertragswerte. Oder: Aktien und Aktienfonds sind sowohl Ertrags- als auch Substanzwerte. Oder: Immobilien sind aus Sicht von Eigennutzern Substanz-, aus Sicht von Vermietern Substanz- und Ertragswerte. Oder: Gold und Silber sind Substanzwerte. Grundsätzlich stimmt das alles zwar, aber die vier Behauptungen stehen unter dem Vorbehalt der Zukunft, der Zeitspanne und der genannten Ertragskomponenten.

Gehen wir also das Ganze von daher gesehen durch. Was den Bezug zur Zukunft generell betrifft, muss jede Geldanlage grundsätzlich als unsicher eingestuft werden, weil wir die Zukunft nicht kennen - auch wenn viele Gurus so tun als ob. Bei der Zeitspanne gilt es zu differenzieren. Zum Beispiel mögen 30-jährige Bundesanleihen so manchem Anleger kurzfristig ein Gefühl der Sicherheit vermitteln, weil ihre Kurse zuletzt gestiegen sind; dagegen können sie in zehn Jahren nur noch die Hälfte oder weniger wert sein. Ähnliches gilt für entsprechende Rentenfonds.

Betrachten wir nun Gold und Silber als reine Substanzwerte und damit als einen gewissen Gegenpol zu Anleihen: Kurzfristig pendeln ihre Preise, zuletzt ohne klare Richtung. Sobald es jedoch zum Kaufkraftschwund der Währungen kommt, gemeinhin als Inflation bezeichnet, ist mit einem Preisanstieg der beiden Edelmetalle zu rechnen, weil sie erfahrungsgemäß die Kaufkraft erhalten. In der Zwischenzeit kann allerdings so manches Jahr vergehen, wie zuletzt die Preisentwicklung während der vergangenen drei Jahre gezeigt hat. Dann müssen Anleger als weitere Ertragskomponente ihre eigene Geduld einsetzen. Das kann zu einem psychologischen Problem werden - zumal in der Zwischenzeit, wie geschehen, die Aktienkurse durch viel Spielgeld in die Höhe getrieben werden.

Kommen wir zum nächsten Punkt, zu den Ertragskomponenten. Am einfachsten sieht die Rechnung beim Tages- und Festgeld aus: Es gibt Zinsen, und seien sie zuletzt auch noch so zusammengeschmolzen, basta. Das lässt sich zum Teil auch für Anleihen behaupten, aber eben nur zum Teil, weil ihre Kurse schwanken und weil auf dem Anleihemarkt mittlerweile sehr viel Schrott grassiert. Grundsätzlich gilt: Je tiefer das allgemeine Zinsniveau fällt, gemessen am Leitzins der EZB in Europa, der Fed in den USA usw., desto höher steigen die Anleihekurse, und umgekehrt.

Für Aktien sieht es etwas anders aus. Zwar werfen auch sie Erträge ab, jedoch anders als Anleihen nicht in Form von festen Zinsen, sondern von variablen Dividenden. Und der wichtigere Bestandteil ihrer Erträge besteht, auf Dauer betrachtet, aus Kursgewinnen. Deren Höhe hängt langfristig weniger vom allgemeinen Zinsniveau ab als davon, wie erfolgreich Unternehmen wirtschaften, und das wiederum ist einerseits auf die Qualität von deren Managern, andererseits auf den Konjunkturverlauf zurückzuführen. Wenn beispielsweise die deutsche Konjunktur zurzeit wegen der Ukraine-Krise einen Dämpfer erhält, sollte man so gesehen von den Aktienkursen nicht mehr allzu viel erwarten, da mag EZB-Chef Mario Draghi adäquat zum extrem niedrigen Zinsniveau im Rahmen seiner lockeren Geldpolitik noch so viel Spielgeld freigeben.

In welcher Beziehung stehen die verschiedenen Anlagen zueinander, vom stets frei disponiblen Tagesgeld über Anleihen und Aktien bis zu Edelmetallen und Immobilien? Wie die hier angestellten Überlegungen offenbaren: in gar keiner. Daraus folgt: Jeglicher Vergleich zwischen ihnen ist allein schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil er darauf hinausliefe, ihre zukünftigen Entwicklungen, die verschiedenen Anlageziele und deren für sie maßgeblichen Zeitabschnitte sowie die mal so und mal anders zusammengesetzten Ertragskomponenten unter einen Hut zu bringen.

Bringt uns diese Erkenntnis weiter? Ja, und zwar insoweit, als wir gut beraten sind, uns auf Anlagen zu konzentrieren, die im Sinn einer persönlichen Geldbiografie unseren individuellen Zielen entsprechen. Oder weniger kompliziert ausgedrückt: Jedem das Seine. Wer zum Beispiel gerade voll im beruflichen Stress steckt, ist gut beraten, sich auf Tagesgeld und Gold zu konzentrieren. Wer viel Zeit für Aktien mitbringt, sollte sie geduldig verfolgen, um später bei erheblich niedrigeren Kursen zuzugreifen.

Und wer schon alles hat und nicht weiß, wohin mit dem vielen Geld, lässt sich von ortskundigen Immobilienmaklern durch Mallorca kutschieren, um bei passender Gelegenheit nach zähen Verhandlungen - Mallorca ist immer noch ein Käufermarkt - eine Villa zu kaufen. Die sollte durch eine tolle Lage, durch das wenigstens überwiegend schöne Mallorca-Wetter und durch viel Lebensfreude eine möglichst hohe immaterielle Rendite abwerfen. Diese Rendite wird dann zwar nicht zu messen sein, aber ein Gefühl vermitteln, als sei sie zweistellig.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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