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Über die Zahlungsfähigkeit der Euro-Banken

20.09.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Wer ein Sicht- oder Giroguthaben bei einer Bank unterhält, hat das Recht, sich das Guthaben jederzeit zum Nennwert in Bargeld (Noten und Münzen) auszahlen zu lassen. Im Euroraum beliefen sich die jederzeit fälligen Auszahlungsverpflichtungen der Banken im Juli 2014 auf 4.662 Mrd. Euro.

Die gesamten Guthaben der Banken bei der EZB betrugen jedoch nur etwa 238 Mrd. Euro (das waren die Mindestreserve plus andere, jederzeit verfügbare Guthaben). Dieser Betrag kann von den Banken jederzeit bei der EZB (oder der nationalen Zentralbank) in Bargeld eingetauscht werden.

Wie hoch die Bargeldbestände sind, die die Euro-Banken sonst noch in der Kasse halten, ist nicht bekannt. In Deutschland sind sie es jedoch: Im Juni 2014 hielten die deutschen Banken insgesamt 90,1 Mrd. Euro als Kassenbestand und Guthaben bei der Zentralbank, davon betrug die Kassenhaltung 14,9 Mrd. Euro. Zur gleichen Zeit beliefen sich die jederzeit fälligen Auszahlungsverbindlichkeiten der Banken auf 1.438,8 Mrd. Euro.

Großzügig gerechnet können die Banken in Deutschland also nur sechs Prozent ihrer täglich fälligen Auszahlungsverpflichtungen bar auszahlen! Vermutlich lässt sich diese Zahl auf die Verhältnisse im Euroraum übertragen.

Erscheint also plötzlich eine große Anzahl von Kunden in den Kassenräumen der Banken, so kann es sein, dass die Banken den Auszahlungswünschen nicht vollumfänglich nachkommen können. Das ist das Ergebnis der "Teilreserve", mit der Banken operieren.

Kann eine Bank den Auszahlungswünschen ihrer Kunden nicht nachkommen, weil sie nicht über ausreichend Bargeld in der Kasse verfügt, ist sie illiquide und müsste, wenn niemand ihr Bargeld leiht, die Pforten schließen. Weil das aber absehbar "Ansteckungseffekte" auslösen würde - schließlich haben auch alle anderen Banken eine zu geringe Kassenhaltung -, würde die Zentralbank eingreifen.

Sie würde den strauchelnden Banken das benötigte Bargeld bereitstellen, beispielsweise durch ein "Monetisieren" der Wertpapiere, die die Banken halten.

Mit anderen Worten: Die Zentralbank würde sprichwörtlich neues Geld drucken und es den Banken zur Verfügung stellen, damit die Banken zahlungsfähig bleiben. Im heutigen ungedeckten Papiergeldsystem, das mit einer Teilreserve operiert, könnte ein "Sturm auf die Bankschalter" daher erhebliche inflationäre Effekte nach sich ziehen.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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