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""Vollgeld" geht in die völlig falsche Richtung"

11.12.2014  |  Redaktion
Goldseiten: Herr Polleit, man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass in den Medien und in der Bevölkerung die Diskussionen über das Geldsystem zunehmen. Vor allem Vollgeld-Initiativen machen auf sich aufmerksam. Ist "Vollgeld" das bessere Geld?

Dr. Thorsten Polleit: Es ist zu begrüßen, dass die Missstände, für die das ungedeckte Papiergeldsystem sorgt, in den Blick der Öffentlichkeit geraten. Forderungen, wie sie die Befürworter des Vollgeldes aufstellen, gehen allerdings in die falsche Richtung. Ich will Ihnen sagen warum. Die Vollgeldbefürworter wollen die Geldschöpfung durch Geschäftsbankenkredite stoppen. Geld sollen nur noch die staatlichen Zentralbanken schöpfen dürfen. Das ist aber keine überzeugende Lösung. Denn wenn aber die Staatszentralbanken weiter Geld per Kredit schaffen, wird die Ursache für die Boom und Bust Zyklen nicht beseitigt.


Goldseiten: Der größte Teil der Geldmengenzuwächse der letzten Jahrzehnte hat aber doch im Bankensystem selbst stattgefunden. Insofern wäre dies eine Verbesserung im Vergleich zur jetzigen Praxis ...

Dr. Thorsten Polleit: Eine Klarstellung ist hier notwendig. Die staatlichen Zentralbanken halten das Monopol der Geldproduktion. Die Geschäftsbanken haben von ihnen eine Lizenz erhalten, bei der Geldproduktion mitzumischen. Die monetären Exzesse sind folglich den Zentralbanken anzulasten. Ohne das Zentralbankgeld, das nur sie bereitstellen können, ist das Kredit- und Geldmengenvermehren der Geschäftsbanken nicht möglich.

Zudem sind die Zentralbanken nicht, wie häufig angenommen wird, politisch unabhängig. Sie dienen vielmehr dem Staat, vor allem aber den Interessen der Geschäftsbanken, und das geht auf Kosten der breiten Öffentlichkeit.


Goldseiten: Dann halten Sie auch nichts davon, die Zentralbanken zu einer "vierten Instanz" zu machen, wie es die Vollgeld-Befürworter fordern?

Dr. Thorsten Polleit: Richtig, davon halte ich nichts. Es gibt auch keine überzeugenden Argumente für diesen Vorschlag. Eine Zwangsmonopolstellung wird immer missbraucht - das ist übrigens auch der Grund, warum man sie einrichtet! In einem Vollgeldsystem wird das auch nicht anders sein.

Der Staat, die monopolistische Zentralgewalt, kann folglich auch kein verlässlicher Pate für das Geld sein können. Überhaupt entspringt der Rückgriff auf staatliche Zentralbanken als Instanz für die Geldproduktion einer naiven Staatsgläubigkeit, es beruht zudem auch noch auf einem großen Missverständnis ...


Goldseiten: Welchem?

Dr. Thorsten Polleit: Geld ist ein Phänomen des freien Marktes. Man braucht schlichtweg keinerlei staatliche Eingriffe, damit der Markt ein "gutes Geld" schafft.

Die Geldproduktion staatlich zu reglementieren, zu monopolisieren, ist nicht nur eine irrige Idee, sie ist vor allem auch destruktiv, sie ist zerstörerisch. Die Schäden, die es verursacht, lassen sich übrigens bereits weltweit bewundern. Man betrachte nur einmal die Geschehnisse im Euroraum: Hier werden nun die in Papiergeld-Euro ausgewiesenen Ersparnisse entwertet. Viele Menschen werden verarmen.


Goldseiten: Der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, hat mit seinem Buch einen Geld-Reformvorschlag vorgelegt, die er "Aktivgeldordnung“ nennt. Was denken Sie darüber?

Dr. Thorsten Polleit: Thomas Mayer will den Geschäftsbanken das Recht zur Geldproduktion durch Kreditvergabe entziehen. Das ist zustimmungswürdig, es leitet sich aus den theoretischen Einsichten der Österreichischen Schule der Nationalökonomie ab. Mayers Reformvorschlag lautet: "Aktivgeldordnung". Das aber entpuppt sich als nichts anderes als eine "Variante des Vollgeldes". Das "Aktivgeld" soll ein Geld sein, das durch den "guten Willen der Bürger" gedeckt ist.

Letztlich handelt es sich hier um so etwas wie "Zettelgeld": entmaterialisertes, nicht einlösbares Geld - also Fiat-Geld. Mayers Aktivgeld soll von einer de facto Staatszentralbank "aus dem Nichts" produziert und auf die Konten der Bürger verteilt werden. Im Grunde läuft es, wie alle Vollgeldvarianten, darauf hinaus, was Karl Marx in seinem totalitären Kommunistischen Manifest im Jahr 1848 bereits gefordert hat: Die volle Kontrolle des Staates über den Kredit- und Geldapparat. Es wird nicht zu "gutem Geld" führen, und deshalb lehne ich es ab.


Goldseiten: Wäre es nicht gut, wenn die Österreichische Schule ein bisschen Verstärkung bekommt?

Dr. Thorsten Polleit: Natürlich ist es zu begrüßen, wenn die Österreichische Schule und ihre Lehren an Bekanntheit gewinnen. Doch nicht überall, wo "Österreichische Schule" drauf steht, ist auch "Österreichische Schule" drin. Die Idee des Vollgeldes, die derzeit vorgeschlagen und diskutiert werden, lässt sich aus der Österreichischen Schule nicht ableiten. Sie steht vielmehr im Widerspruch zu ihr. Dazu zählt auch die "Variante des Vollgeldes", die Thomas Mayer vorschlägt.



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