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EZB liefert, warten auf Griechenland-Wahl

23.01.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1329 (07.50 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1315 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 118.71. In der Folge notiert EUR-JPY bei 134.69. EUR-CHF oszilliert bei 0.9890.

Also doch, Mario ist so weit gegangen wie möglich. Herr Draghi hat, wie erwartet, ein historisch einmaliges Anleihekaufprogramm verkündet. Die Fortsetzung der Strategie seiner mittlerweile oft zitierter Rede vom 26. Juli 2012, die Zentralbanken werde "alles tun, was nötig ist, um den Euro zu retten“, wird mit diesem Schritt eindrucksvoll bestätigt.

Kommen wir zu einigen Details:


Wesentlichen Punkten des Anleihekaufprogramms:

Die EZB und die nationalen Notenbanken starten im März mit monatlichen Käufen von vorwiegend Staatsanleihen im Volumen von jeweils 60 Milliarden Euro. Darin enthalten sind sogenannte ABS-Papiere und Pfandbriefe im Volumen von etwa zehn Milliarden Euro, die restlichen rund 50 Milliarden Euro entfallen auf Staatsanleihen.

Die Pläne sehen Käufe bis Ende September 2016 vor. Das Programm könnte früher beendet aber auch verlängert werden, je nachdem, ob sich die Inflationsrate in der Euro-Zone wieder nach oben bewegt oder nicht. Die EZB peilt mittelfristig knapp zwei Prozent Inflation an - zuletzt sank die Teuerung allerdings um 0,2 Prozent.

Rund zwölf Prozent der Käufe entfallen auf Papiere europäischer Institutionen wie der European Investment Bank (EIB) sowie Einrichtungen, die Krisenländern aus der Misere geholfen haben wie etwa der Europäische Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM). Für die damit verknüpften Risiken gilt eine gemeinschaftliche Haftung.

Rund acht Prozent der Käufe entfallen auf staatliche Bonds, die direkt von der EZB erworben werden. Für den verbleibenden Rest - das sind 80 Prozent der Schuldtitel - kommen die nationalen Zentralbanken der Euro-Länder auf, die dann das Risiko tragen.

Zugelassen sind Staatsanleihen mit einer Bonitätsnote von mindestens "BBB-". Das ist ein Tick über der Ramschnote für Bonds. Unterhalb dieser Note müssen die betreffenden Länder Teil eines Rettungsprogramms sein. Maximal können 33 Prozent der Bonds eines Landes erworben werden. Das bedeutet, dass sich zurzeit griechische Anleihen nicht qualifizieren, denn die EZB und andere Zentralbanken der Euro-Zone halten bereits mehr als diese Prozentzahl.

Nur jeweils 25 Prozent eines Schuldtitels im Umlauf können unter diesem Programm erworben werden.
© Reuters


Wie sollen die Staatsanleihenkäufe die Konjunktur beleben:

DEFLATIONSBEKÄMPFUNG

Das schärfste Schwert der Europäischen Zentralbank (EZB) ist in normalen Zeiten der Leitzins. Dieser liegt aber seit längerem bereits bei 0,05 Prozent. Damit ist die Waffe stumpf geworden. Die Notenbank muss also andere Maßnahmen ergreifen, um eine Deflation abzuwenden. Denn die EZB strebt eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an. Davon ist sie derzeit meilenweit entfernt. Zuletzt fielen die Preise in der Euro-Zone sogar um 0,2 Prozent. Warum ist das gefährlich? Verbraucher halten sich dann oft zurück, weil sie erwarten, Produkte bald noch günstiger zu bekommen. Unternehmen verdienen weniger, bauen Personal ab und investieren kaum noch. Eine Abwärtsspirale kommt in Gang, die nur schwer zu stoppen ist.

GELDSCHWEMME

Um eine solche Situation zu verhindern, werden nun riesige Summen in den Geldkreislauf gepumpt. Gut 1,1 Billionen Euro stehen im Raum. Das kann über QE am leichtesten erreicht werden. Die EZB kauft dann den Geschäftsbanken im großen Stil Wertpapiere - insbesondere Staatsanleihen - ab. Denn im Vergleich zu anderen Schuldtiteln wie Unternehmensanleihen ist der Markt für staatliche Bonds in Europa deutlich größer - die EZB kann daher hier die größte Wirkung erzielen. Dabei schafft die Notenbank durch die Käufe zusätzliche Liquidität - sprich sie druckt mehr Geld.

WAS SOLL QE BRINGEN?

Kauft die Notenbank massenhaft Staatsanleihen, steigen tendenziell die Anleihenkurse und die Renditen sinken entsprechend. Das Kalkül: Banken werden aus diesen Schuldtiteln herausgedrängt, da sie weniger Zinsen bringen. Sie haben dann mehr Kapital für andere Bereiche zur Verfügung - und vergeben idealerweise wieder mehr Kredite. Damit würde die Geldschwemme der lahmenden Wirtschaft zugutekommen. Auch die Teuerungsrate würde dann tendenziell wieder steigen.
Andere Notenbanken - etwa in den USA oder Großbritannien - haben nach der Finanzkrise 2008 bereits zu diesem Instrument gegriffen, um ihre Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Auch die Notenbank in Japan - das Land steckte jahrelang in einer Deflation - versucht damit der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen.
© Reuters

Die Meinungen und Äußerungen sind am Markt sehr unterschiedlich. Viel Kritik aus Deutschland und viel Lob aus Südeuropa. Vor der EZB-Entscheidung konnten wir eindeutige Worte von Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi hören.

Im "Wall Street Journal" sagte Renzi, sein Traum wäre eine Parität zum Dollar. Ein schwächerer Euro hilft der Exportwirtschaft Italiens. Renzi forderte zudem eine Änderung der europäischen Wirtschaftspolitik. Sie müsse mehr auf Wachstum und weniger auf Haushaltskonsolidierung ausgerichtet sein. Zugleich warnte er, dass sich Deutschland mit seiner Forderung nach Strukturreformen in der Eurozone isolieren könnte. "Deutschland gegen den Rest der Welt, das könnte ein Fehler sein", sagte Renzi.

Erste Zeichen sahen wir gestern schon: Renditen von 30-jährigen italienischer Staatsanleihen fallen erstmals unter drei Prozent. Zeitweise werfen Bonds aus Italien 2,973 Prozent ab.

Was wird aus Griechenland? Für Wertpapiere aus Griechenland sollen zusätzliche Regeln gelten. Der noch amtierende Ministerpräsident Antonis Samaras warnte gestern, dass ohne Abschluss der Prüfmission der Troika sein Land nicht von dem EZB Programm erfasst wird.

Wir befürchten, dass seine Warnungen das Wahlvolk nicht mehr beeinflussen können. Die linksradikalen Syriza Partei liegt in allen Umfragen vor der konservativen Nea Dimokratia. Nach Erhebungen des griechischen Fernsehsender Skai könnte Syriza am Sonntag sogar 6,5 Prozentpunkte die Wahl gewinnen. Fraglich ist jedoch, ob die Partei von Alexis Tsipras alleine regieren kann oder noch ein gemäßigter Koalitionspartner gesucht werden muss. Unklare Verhältnisse oder sogar ein zweite Wahl Ende Februar würde uns weiter in Turbulenzen stürzen.

Warten wir also auf die Wahl am Sonntag ab. Die EZB hat als Prophylaxe mehr als geliefert.

Unsere Einschätzung für einen starken USD hat sich bestätigt und weiterhin ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.1500 - 30 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Petros Tossios
Bremer Landesbank



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