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Marc Faber: Ist Demokratie zunehmend dysfunktional?

20.03.2015
- Seite 3 -
Daily Bell: Zu den meisten Amerikanern dringt diese Botschaft aber nicht durch.

Marc Faber: Ja, weil die Medien in Amerika von großen Organisationen kontrolliert werden, die enge Verbindungen zum Staat haben; die Berichterstattung in den USA ist so wie die Berichterstattung in der Sowjetunion unter den Kommunisten - wie in der Prawda. Sie ist sehr befangen und parteiisch. Aber wie gesagt, in Europa haben die Menschen eine andere Sicht auf diese Dinge.


Daily Bell: In letzter Zeit macht es den Eindruck, dass den flammenden Aussagen der US-Regierung zur "entsetzlichen Menschenrechtlage" in Russland mehr und mehr Stimmen gegenüberstehen - zumindest in den Kommentarleisten von Internetartikeln, wo auf die Ironie der offiziellen Haltung der US-Führung hingewiesen wird, angesichts von Folterberichten, geheimen Gefängnissen, Drohnen-Attacken, etc. und selbst der heimische Polizeistaat erregt mehr Aufmerksamkeit.

Marc Faber: Genau. In den USA gab es aber eine Meinungsumfrage, in der 60% der Befragten Folter befürworteten. Wenn aber ein anderes Land jemand foltert oder einen Amerikaner foltert, dann ist das ungeheuer böse. Ich will damit nur sagen, dass es derzeit Doppelstandards gibt, die von den USA ausgehen.

Ich denke aber auch, dass die Wähler das nach und nach begreifen, ich bin ziemlich überzeugt, dass weder Hillary Clinton noch Jeb Bush demnächst Präsident werden. Die Menschen erkennen, dass diese Leute aus dem Establishment kommen, besonders Hillary Clinton, die ein sehr fragwürdiges Zeugnis hinsichtlich Integrität und Fähigkeiten in der Außenpolitik hat.


Daily Bell: Denken Sie, dass eine Dritte Partei in diese Presche springen kann - und nicht nur diese beiden Kandidaten zur Auswahl stehen werden?

Marc Faber: Das hoffe ich. Aber auch Demokratien haben das Problem der Dynastien, deswegen beginne ich mich immer mehr zu fragen, ob Demokratien heutzutage eigentlich noch funktionieren.


Daily Bell: Es wäre in der Tat schwer, eine funktionierende Demokratie zu finden. Könnten Sie uns aktuell eine nennen?

Marc Faber: Ich weiß es nicht. Zumindest denken alle, dass jeder Diktator unbedingt böse sein muss. In Asien gab es unter nichtdemokratischen Regimen sehr starkes Wachstum - in Japan, Taiwan, Hongkong, Singapur. Auch heute gibt es in Singapur zwar irgendeine Art von Demokratie aber keine richtige Demokratie. In Hongkong haben wir keine Demokratie, in den letzten 150 Jahren hat es hier keine gegeben.

Ich weiß nicht. Was ich damit meine ist: Einfach dazusitzen und zu sagen, Demokratie sei das allerbeste System auf der ganzen Welt, ist vielleicht nicht die richtige Sichtweise.


Daily Bell: Das soll das Schlusswort gewesen sein, das mit Sicherheit viel mehr Diskussionspotential hat. Vielen Dank für das Interview.

Marc Faber: Ich danke Ihnen.


Daily Bell-Nachbetrachtungen:

Die letzte Aussage, die Mark Faber in diesem Interview macht, ist durchaus interessant. “Zu sagen, Demokratie sei das allerbeste System auf der ganzen Welt, ist vielleicht nicht die richtige Sichtweise.“

Hier steht eine ganze Reihe von philosophischen Fragen zur Diskussion. Was ist Demokratie? Was ist das “beste System“?

Natürlich gibt es viele Antworten, je nach ideologischer Ausrichtung. So gibt es beispielsweise eine libertäre Position, die meint: Wenn es eine staatliche Autorität geben muss, dann sollte es ein König oder eine Königin sein.

Der Grund ist, dass Könige und Königinnen Land und Vermögens in ihren Königreichen besaßen und somit selbst den ökonomischen Konsequenzen ihre Herrschaft ausgesetzt waren. Alternativ gibt es die Idee der Anarchie. Anarchie ermögliche, dass der Marktwettbewerb zum Meister und Schlichter wird, und möglicherweise kann der Markt bessere Lösungen bieten als der Staat.

Was uns wieder zur Demokratie zurückbringt. Es ließe sich argumentieren, dass Demokratie nicht das “beste“ System ist, sondern vielleicht sogar zu den schlechtesten zählt. Der Grund wäre, dass die gewählten Vertreter kein Eigentum am Staat haben, mit dessen Kontrolle sie beauftragt sind. Die folglich beste Lösung für die herrschende Klasse ist in der Tendenz das "Plündern".

Das ist das Ergebnis der “Tragödie des Allgemeinguts“. Öffentliche Plätze werden häufig “geplündert“ - zerstört oder beschädigt, weil sie von allen genutzt werden, aber niemandem gehören. Die asiatischen Kulturen können in der Regel sichtbarer autoritär sein als westliche Kulturen; doch wie Mr. Faber sagt, sie laufen und bieten Wohlstand, auch wenn einige Aufmachungen der Demokratie fehlen.

Natürlich befinden wir uns gerade weit oben in Konjunkturzyklus. Wenn er sich wendet oder aber abstürzt, werden wir möglicherweise erleben, wie die asiatischen gemeinsam mit den westlichen Ökonomien zu leiden haben.

Mit Blick auf die Wirtschafträume dieser Welt ist zumindest klar, dass ein echtes freies marktwirtschaftliches Umfeld schwer zu finden ist. Es ist heute Mode, Gesellschaften mit Regeln und Regulierungen zu behindern.

Wir haben allerdings auch festgestellt, dass der Staatsenthusiasmus sich auf die “chattering classes“ und die Klassen mit Autorität beschränkt. Die großen Mittel- und die Arbeiterklassen (in den USA auf jeden Fall) machen zumindest deutlich, dass der Staat schon jetzt zu groß ist und reduziert werden sollte.

Unsere Sicht darauf ist, dass staatlicher Autoritarismus vielleicht derart scheitern wird, dass dies nicht mehr wettzumachen ist. An diesem Punkt wird es vielleicht fortgeschrittene Alternativen geben, die deutlich stärker marktorientiert sind.

Nach der nächsten Phase des Konjunkturzyklus, könnte das Pendel vielleicht wieder zurückschwingen.


© Anthony Wile
www.thedailybell.com



Dieser Artikel wurde am 15.03.2015 auf www.dailybell.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten.de übersetzt.



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