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Triple A - Wie lange noch?

27.03.2006  |  Walter K. Eichelburg
Die "wichtigsten" Staaten der westlichen Welt haben weiterhin ein Triple-A (AAA - das beste) Kredit-Rating für ihre Staatsschulden. Dabei verschulden sie sich hemmungslos. Im EU-Raum ist besonders die Methode der ausgelagerten "Sondertöpfe" beliebt. Dieser Artikel geht auf die reale Kreditwürdigkeit dieser Staaten ein, und was passieren wird, wenn diese "Kreditwürdigkeit" nicht mehr geglaubt wird.


Deutschland ist "pleite"

Handelsblatt, 25. Oktober 2005:
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch sieht Deutschland als konkursreif. Dies war nicht die erste Staatsbankrott-Rede dieses Spitzenpolitikers. Was ist darauf passiert? Nichts. Eigentlich hätte eine Flucht aus deutschen Staatsanleihen mit den dazugehörenden Zinserhöhungen einsetzen müssen, zumindest aber ein Downgrading durch die Rating-Agenturen Standard&Poor’s, Moody’s oder Fitch. Die Investment-Welt hat weitergeschlafen.

Aus einem Investment-Letter von Dietmar Siebholz über die "Qualität" von Staatsschulden:
Die Staatsverschuldung steigt trotz aller Versuche, Schulden (die eigentlich Staatschulden wären) durch Ausgrenzung auf neu geschaffene halböffentliche oder öffentliche Institutionen zu reduzieren. Ich erinnere an eines der "Unworte" nach der deutschen Wiedervereinigung, nämlich an den "Fonds deutsche Einheit". Der Fonds bestand aus Schulden, die die BRD aus der DDR-Periode übernommen hatte.

Als die Post privatisiert wurde, war eine Bilanz nach üblichen Regeln aufzustellen, vorher war die Post ja ein Staatsbetrieb mit abweichenden Bilanzmerkmalen. Jetzt aber mussten die Verbindlichkeiten der Post für ihre Pensionäre passiviert werden. Diese wären bei privatwirtschaftlicher Berechnung (Höhe, Laufzeit, Beihilfen etc.) so hoch gewesen, dass der Bund als Verkäufer mit der Verpflichtung zur Übernahme der Verbindlichkeiten keine Käufer gefunden hätte. Aber: Man brauchte das Geld aus der Privatisierung, um die leeren Kassen zu füllen. Was war die Lösung? Der Bund übernahm die Lasten aus den Pensionen der Postbeamten und der Altersversorgung für die Angestellten und legte den drei Post-Nachfolgern (Post AG, Postbank und Telekom) die Verpflichtung auf, einen Teil der jährlichen Ver-sorgungsleistungen - man schätzt etwa ein Drittel der jährliche Lasten aus deren Überschüssen - an den Bund abzuführen. Kurz gesagt: Für eine begrenzte Sofortliquidität aus der Privatisierung der Postnachfolgeunternehmen übernahm der Bund unübersehbare Lasten für die Zukunft.

...und so fort...

Das stärkste Stück in diesem Tollhause liefern uns unsere französischen Nachbarn. So wie bei uns gibt es dort Fehlbeträge bei der Gesundheitsversorgung. Diese werden jedoch nicht über den Haushalt finanziert, nein, die Franzosen gründeten für die Finanzierung der Deckungslücken eine eigene Organisation, CADES genannt, also eine Agentur (nicht vollstaatlich, daher außerhalb der Verschuldungsgrenzenberechnungen), die sich am Rentenmarkt durch Anleihen Liquidität verschafft für die Deckungslücken. Nachzulesen unter HANDELSBLATT vom 02.03.2006, Seite 56, Titel: "Neuer Bond der französischen CADES gefragt".

Frankreich ist wie Deutschland auch ein Mitglied im AAA-Club.

Aus der Welt von 10.3. 2005: "Finanzpolitischer Selbstmord"
Schulden, Schulden und nochmals Schulden: Zumindest in diesem Bereich ist dem Osten die Aufholjagd gelungen. In den ersten 13 Jahren stieg die Verschuldung von null auf rund 83 Mrd. Euro - das ist weltrekordverdächtig. Bereits 1998 überrundeten die neuen Bundesländer mit einer durchschnittlichen Pro-Kopf-Verschuldung von 3.502 Euro die alten Länder um 81 Euro. Der Osten erreichte das Schuldenniveau, das von den West-Ländern über ein halbes Jahrhundert hinweg aufgebaut worden war, in gerade mal acht Jahren.

Ach ja, da gibt es noch die Schulden-Schwergewichte Bremen und Berlin. Was kam dabei heraus: Luftschiffhallen, ungenutzte Formel-1 Rennstecken und eine riesige Bürokratie.

Aus dem Welt vom 9.3. 2005: "Deutschland hat sieben Billionen Euro Schulden"
Nach Berechnungen des Sachverständigenrates und der Deutschen Bundesbank lag diese implizite Verschuldung 2002 bei 270 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - 5.700 Mrd. Euro. Entsprechend lag die Gesamtverschuldung Deutschlands bereits damals bei mehr als 330 Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder 7.000 Mrd. Euro.

Dann gibt es da noch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
Diese Organisation ist offenbar die deutsche Universal-Methode Schulden jeglicher Art bis zu Studienkrediten zu verstecken. Das Ganze selbstverständlich mit Staatshaftung. Es ist mir leider nicht gelungen, einen Gesamtschuldenstand der KfW zu recherieren. Vielleicht wissen die Leser mehr. Ich vermute aber, dass dieser sich wahrscheinlich weit über 100 Mrd. Euro bewegen dürfte. Jedenfalls findet man immer wieder in Doug Nolands Credit Market Bulletin USD-Anleihe-Emisionen dieser Anstalt von 1 Mrd. $ aufwärts. Das sind nur die neuen Dollar-Schulden.


Nächster Pleitekandidat: Österreich

Ich möchte mich hier nicht mit "bösen Buben" in der EU wie Griechenland oder Italien aufhalten, sonder nur mit "soliden" Staaten. Nicht von ungefähr schreibt Eurostat in ihre Analyse (siehe unten, zu finden auf http://epp.eurostat.cec.eu.int), dass die Zahlen dieser beiden Länder nicht nachvollziehbar sind:

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Österreich kommt im Jahr 2005 auf geschätzte Staatsschulden von etwa 65% vom Butto-Sozialprodukt. Darin sind enthalten die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden, aber nicht zwei wesentliche Faktoren, für die primär der Bund haftet:
a) die "Sondertöpfe" wie ÖBB (Eisenbahn) und ASFINAG (Autobahn-Gesellschaft)
b) die Pensionen und zu erwartenden Gesundheitsausgaben

Die Presse, schreibt am 31.1. 2006: "Wie pleite sind die Bundesbahnen?"
Konkursreif: Die ÖBB brauchen ihre letzten Reserven auf und sind spätestens 2007 "bankrott", sagt die SPÖ. Wahlkampf: Bahn-Chef Huber ortet "Populismus pur" und sieht die ÖBB in den Wahlkampf gezogen.

Österreichischer Rechnungshof:
Der Staat versteckt in der Bahn-Bau AG Staatsschulden. Rechnungshof-Chef: Zu jedem Euro, den die Bundesbahnen einnehmen, schießt der Bund 2,25 Euro dazu. Das gibt 4.2 Mrd. Euro pro Jahr vom Steuerzahler. Die Schulden des Gesamtsystems Schiene betrugen vor der ÖBB-Reform bereits 10,7 Mrd. Euro, Tendenz steigend.

Offenbar eine heilige Kuh, denn keine der Parteien traut sich hier wirklich etwas zu ändern. Der gesamte Komplex ÖBB kann also als "ausgelagerter Schuldentopf" gesehen werden. Solange der Bund dafür haftet und ein gutes Rating hat, können beliebig Kredite zu niedrigen Zinsen aufgenommen werden.

Die Presse schreibt am 14.10. 2005: Asfinag: "Schulden sind nichts Böses"
Die Lösung der großen finanziellen Engpässe der Asfinag, die aus dem Budget seit 2003 keine Mittel erhält, heißt Anleihe. "Damit holen wir uns jährlich mindestens eine Mrd. Euro über den Kapitalmarkt", erklärt der Asfinag-Chef. Mittlerweile sind die Verbindlichkeiten auf 9,6 Mrd. Euro angewachsen. Bis 2014 werden es mindestens 13 Mrd. Euro sein. Rund 33 Jahre später - also im Jahr 2047 - sollen die Verbindlichkeiten getilgt sein. "Schulden sind ja per se nichts Böses", erklärt Trattner. Denn dank der niedrigen Zinsen sei es günstiger, Investitionen fremd zu finanzieren. Tatsache ist zudem, dass sich die Asfinag aufgrund der geringen Eigenkapitaldecke von knapp sechs Prozent aus eigener Kraft gar keine Projekte leisten könnte.

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