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Goldverkäufe keine wirkliche Option für Griechenland

20.06.2015  |  Eugen Weinberg
Griechenland droht Ende des Monats die Zahlungsunfähigkeit und unter Umständen der Austritt aus der Eurozone. Um dem zu entgehen, könnte Griechenland seine Goldreserven anzapfen. Der Verkauf würde allerdings kaum über den Markt geschehen, sondern marktschonend an eine andere Zentralbank oder den IWF erfolgen. Der Zahlungsausfall Griechenlands würde dadurch aber nur aufgeschoben, weshalb wir Goldverkäufe der griechischen Zentralbank für unwahrscheinlich halten. Gold könnte davon sogar profitieren, weil die Akzeptanz von Gold als "Notgroschen" in Krisenzeiten steigen würde.

Der Goldpreis konnte von der Zuspitzung der Schuldenkrise in Griechenland und der drohenden Zahlungsunfähigkeit des südosteuropäischen Landes bislang nicht profitieren. Sowohl in US-Dollar als auch in Euro gerechnet lag der Goldpreis in der ersten Junihälfte sogar im Minus. Gold in US-Dollar verzeichnete bei 1.162 USD je Feinunze ein 2½-Monatstief. Gold in Euro war mit 1.038 EUR je Feinunze zeitweilig so billig wie zuletzt vor fünf Monaten.

Steigende Anleiherenditen und deutliche Abflüsse aus den Gold-ETFs haben bis zuletzt verhindert, dass Gold seiner Rolle als sicherer Hafen gerecht werden konnte. Zusätzlich könnte ein weiterer Faktor den Goldpreis belastet haben, nämlich Spekulationen auf einen möglichen Notverkauf der griechischen Goldreserven.

Die griechische Zentralbank hält laut aktueller IWF-Statistik 112,5 Tonnen Gold. Diese haben bei derzeitigen Marktpreisen einen Gegenwert von 3,8 Mrd. Euro, was gut 1% der griechischen Staatsschulden und 66% der griechischen Währungsreserven entspricht. Griechenland könnte also die Ende des Monats fällig werdende Zahlung an den IWF in Höhe von 1,5 Mrd. Euro theoretisch durch einen Verkauf von 47 Tonnen Gold aus seinen Reserven bestreiten, falls es zu keiner Einigung mit den internationalen Gläubigern auf Auszahlung von Hilfsgeldern kommt.

Ein Verkauf über den Markt würde den Preis drücken und ist damit für Griechenland wenig ratsam. Zudem wäre er kaum mit dem derzeit laufenden 4. Zentralbankgoldabkommen vereinbar. Dieses sieht im Gegensatz zu den vorherigen drei Abkommen zwar keine expliziten Obergrenzen für Goldverkäufe mehr vor. Die Unterzeichner, zu denen auch die griechische Zentralbank zählt, haben darin aber bekundet, Goldtransaktionen zu koordinieren und marktschonend zu gestalten sowie gegenwärtig keinerlei Pläne für den Verkauf signifikanter Mengen von Gold zu haben.

Als potenzielle Käufer kämen somit eigentlich nur andere Zentralbanken in Frage, welche das Gold im Paket erwerben würden. Zu nennen ist hier insbesondere die chinesische Zentralbank. Theoretisch denkbar wäre auch, dass der IWF das Gold direkt übernimmt. Der direkte Einfluss auf den Goldpreis wäre in diesem Falle vermutlich gering.

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Zudem stellt sich die Frage, ob Griechenland zu einem solchen Schritt bereit ist. Wenn überhaupt, können wir uns vorstellen, dass sich Griechenland die benötigte Liquidität über Swap- oder Leihgeschäfte mit Gold besorgt. Dies hätte den Charme, dass man das Gold zu einem späteren Zeitpunkt zurückkaufen kann, wenn sich die Liquiditätssituation des Landes verbessert, z.B. nach der Überweisung einer weiteren Tranche der EU-Hilfen.

Mehr als wenige Wochen Zeit würde man dadurch aber nicht gewinnen, denn im dritten Quartal stehen weitere Zahlungen an, welche den Wert der griechischen Goldreserven deutlich übertreffen. Spätestens mit der am 20. Juli fällig werdenden Zahlung an die EZB in Höhe von 3,5 Mrd. Euro wären die Goldreserven aufgebraucht (Grafik 1). Zudem würde sich Griechenland mit dem Verkauf von Gold der einzigen wirklich werthaltigen Reserven berauben, welche man zu einem späteren Zeitpunkt, etwa im Falle eines Euroaustritts zur Stabilisierung der neuen Währung gut gebrauchen könnte.

Wir erachten es als sehr unwahrscheinlich, dass Griechenland dazu bereit ist. Als Zypern vor gut zwei Jahren kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stand, machten ebenfalls Gerüchte über Goldverkäufe die Runde, die sich letztlich als gegenstandslos erwiesen.

Sollte Griechenland wider Erwarten doch seine Goldreserven verkaufen, rechnen wir wie oben beschrieben nicht mit einer negativen Preisreaktion. Im Gegenteil, der Goldpreis könnte davon sogar profitieren. Denn falls Griechenland in den Wochen danach keinen neuen Geldgeber findet, ist die Zahlungsunfähigkeit durch den Goldverkauf nur aufgeschoben. Die goldene Reserve wäre dann allerdings weg, die Situation für Griechenland also noch schlechter. Zudem hätte Gold dann seine Rolle als "Notgroschen" in Krisenzeiten bewiesen, welches sich im Fall der Fälle zu Geld machen lässt bzw. Geld ist. Die Akzeptanz von Gold dürfte dadurch gestärkt werden.


Auf einen Blick

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