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Offenmarktausschuss milde …

30.07.2015  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0964 (08.02 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0960 im asiatischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 124.15. In der Folge notiert EUR-JPY bei 136.10. EUR-CHF oszilliert bei 1.0627.

Den Erwartungen entsprechend kam es zu keinen Zinsveränderungen seitens des Offenmarktausschusses. Der Ton bezüglich der Bedingungen für den Beginn einer Zinswende wurde milder. Dafür haben wir volles Verständnis.

Fakt ist, dass sich die konjunkturellen Grundlagen für die US-Zinswende in den ersten sechs Monaten dynamisch eingetrübt haben.

Ging die US-Notenbank per Ende 2014 noch von einem Wachstum der US-Wirtschaft von circa 3% aus, ist sie nun in ihrer eigenen Projektion bei 1,9% angekommen.

Wenn man sich so brachial in der Prognose irrt, macht es Sinn, eine Vorfestlegung bei einer Zinswende zu überdenken. Das gilt für den Offenmarktausschuss, es gilt aber auch für die analysierenden Marktbegleiter.

Die Tatsache, dass die US-Zentralbank bezüglich ihrer Zinspolitik nicht auf strukturelle Zusammenhänge in ihrer öffentlichen Verbalakrobatik eingeht, ist bedauerlich, denn die Zinswende hätte aus diversen strukturellen Problematiken heraus eine hohe konjunkturelle Konsequenz.

Die mittleren nominalen Löhne (relevant für Konjunktur/Schuldner) haben seit Beginn der Nullzinspolitik 2008 um 3,5% zugelegt. Die Konsumverschuldung zog dagegen um circa 25% an. In einer Ökonomie, die circa 70% am Konsum hängt, sind diese Aggregate von hoher Bedeutung. Ist die US-Zentralbank nicht auf hohes Wachstum verpflichtet?

Mehr noch haben wir gestern an dieser Stelle über die OECD-Frühindikatoren gesprochen. Frühindikatoren sagen uns etwas über die zukünftige Konjunkturdynamik. Wir wollen uns heute erlauben diesen von neutraler Seite ermittelten Frühindikator der OECD mit dem Frühindikator des US-Conference Board zu vergleichen.

Bewusst wählen wir den Zeitpunkt des Endes der QE-Politik der Federal Reserve Herbst 2014 aus. Es geht um die Frage der selbsttragenden Kräfte in der US-Wirtschaft. Während der Index der OECD für die USA von Oktober letzten Jahres von 100,4 auf 99,5 Punkte sank, legte der Index der Frühindikatoren des US-Conference Board von 119,9 auf 123,6 Punkte zu und markiert den höchste Wert seit 2006! Was sagt uns diese Divergenz bezüglich der Qualität von US-Daten?

Wo hören sie außerhalb Bremens diese Thematisierung? Was für Rückschlüsse lässt diese "analytische Inhaltsleere" bezüglich professioneller Marktteilnehmer zu? Für Antworten sind wir dankbar … Intern diskutieren die Kollegen Begriffe wie Medienspin, Analysespin, "Political Correctness" und Empörung … Das geht recht lebhaft zu, um Ihnen eine Vorstellung der internen Lage zu geben.

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Chart: Frühindikator der USA, Conference Board


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Tabelle: Verlauf der OECD-Frühindikatoren


Man will in der Fed über eine Zinsanhebung nachdenken, wenn sich die Lage am angeblich soliden Arbeitsmarkt noch etwas weiter verbessert. Der Begriff solider Arbeitsmarkt bezieht sich auf eine kreative quantitative, aber nicht auf eine belastbare qualitative Analyse. Die Quote U-6, die Vergleichbarkeit mit der Quote der Eurozone zulässt, liegt bei 10,5%. Bekanntermaßen sieht die EZB diese Umstände als geeignet an, QE und Niedrigzinspolitik jüngst zu veranlassen.

Das Inflationsbild könne sich laut FOMC zunächst noch weiter abschwächen. In der Zinspolitik spielt laut Offenmarktausschuss auch das globale Risikocluster eine Rolle. Sind das Gründe für eine Zinswende per September?


Fazit unserer Seite:

Der Offenmarktausschuss ist bemüht, eine Zinswende einzuleiten. Der Hintergrund ist aus unserer Sichtweise aber nicht die Überzeugung in eine sportliche Fortsetzung der Erholung, sondern das Ziel, sich für potentielle zukünftige Konjunkturschwäche ein Zinssenkungspotential zu verschaffen.

Fakt ist, dass die Konjunkturzyklik ultimativ der Struktur folgt Fakt ist, dass die USA seit 2008 strukturell lethargisch waren. Fakt ist, dass das US-Konsummodell an seine Bonitätsgrenzen in der internen Kreditvergabe stößt. Fakt ist, dass die Kreditvergabestandards in den letzten Jahren sportlich aufgeweicht wurden (Automobile, Ankaufbedingungen für Fannie und Freddie).

Der diskretionäre ordnungspolitische Spielraum im Rahmen laxerer Kreditstandards wirkt ausgereizt. Die Tatsache, dass der USD aus dieser Konstellation aktuell/kurzfristig freundlicher bewertet wird, nehmen wir interessiert zur Kenntnis.


Entwicklung anhängiger Hausverkäufe USA:

Unerwartet sank der Index anhängiger Hausverkäufe per Berichtsmonat Juni im Monatsvergleich um sportlich 1,8%. Die Prognose war bei +1,0% angesiedelt. Der Vormonatswert wurde von +0,9% auf +0,6% revidiert. Ergo wurde die Konsensusprognose in der Zweimonatsperiode Mai/juni um nicht unerhbliche 3,1% verfehlt.

Der Blick auf den Index verdeutlicht, dass sich das Indexniveau dennoch auf den höchsten levels seot 2007/2010 bewegt. Ergo gibt es keinen Grund aus der aktuellen kurzfristigen Tendenz Dramatik abzuleiten.

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Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.0800 -30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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