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Die Große Depression 2.0

21.11.2015  |  Michael Pento
Diejenigen, die darauf vertrauen, dass aus den immer größeren Mengen an Fiatgeld eine nachhaltige Erholung erwachsen kann, werden bald einen Schock erleben. Die massiven Fälschungen der Zentralbanken und die ungeheure öffentliche Neuverschuldung haben dazu geführt, dass die wichtigsten Wirtschaftsindikatoren in diesem Jahr bisher weitgehend unverändert blieben. Die Nullzinspolitik und die in zahlreichen Ländern bereits negativen Leitzinssätze sowie beispiellose Zinsmanipulationen ließen die globalen Aktienmärkte steigen. Ein stabiles, nachhaltiges Wirtschaftswachstum sucht man jedoch seit acht Jahren vergebens.

Die Aktienkurse haben sich mittlerweile vollständig von der zu Grunde liegenden Wirtschaftsaktivität entkoppelt und der Rückgang der Unternehmenseinnahmen und -gewinne verschärft die aktuelle Überbewertung weiter. Dazu kommt noch die Tatsache, dass die Gewinne dank der neusten Fähigkeiten der Wall Street auf dem Gebiet der Bilanzverschönerungen nach oben manipuliert wurden - ein hochexplosives Gemisch ist entstanden.

Ich habe schon öfter gesagt, dass all das nur im Chaos enden kann. Meiner Ansicht nach wird es folgendermaßen ablaufen:

Die Zentralbanken haben sich hinsichtlich der Inflationsrate weltweit bestimmte Ziele gesetzt, behaupten aber, dass diese noch nicht erreicht wurden. Grund dafür ist die ungenaue Messung der Inflation von Verbraucherpreisen durch die Regierungen. Dennoch ist es wahr, dass der Großteil des neuen Geldes von den Finanzinstituten direkt in die Immobilien-, Aktien- und Anleihemärkte gepumpt wurde, wo es vor allem zur Preiserhöhung der Wertanlagen der Reichen und damit zur Vergrößerung des Wohlstandsgefälles beiträgt. Da die Führungskräfte der Wirtschaft außerdem Wachstum mit Inflation gleichsetzen, wird das Nichterreichen der Inflationsziele als eine der Hauptursachen für den fehlenden Aufschwung angesehen.

Um die Inflationsrate langfristig auf das erklärte Ziel von mindestens 2% anzuheben, müsste es den Geschäftsbanken gelingen, den bereits heillos überschuldeten Konsumenten noch mehr Kredite anzudrehen. Das ist jedoch unmöglich, solange die realen Einkommenssteigerungen nicht plötzlich wieder in die Höhe schießen, nachdem sie jahrzehntelang gesunken sind, und/oder der Verschuldungsgrad der privaten Haushalte nicht dramatisch abnimmt.

Aus diesem Grund müssten die Zentralbanken Kredite direkt auf die Konten der Bankkunden überweisen, während sie die Zinsen deutlich in den negativen Bereich senken. Damit das den gewünschten Effekt hat, müsste zudem das Bargeld verboten werden. Bisher hat es noch keine Zentralbank gewagt, solch drastische Maßnahmen zu ergreifen, um ihr Inflationsziel zu erreichen. Sollte es jedoch soweit kommen, wäre eine unkontrollierbare Inflation garantiert.

Die Regierungen waren nicht im Stande, ihre erklärten Inflations- und Wachstumsziele mit Hilfe "konventioneller" Methoden wie Währungsabwertungen und der Manipulation der Zinsertragskurve auf neue Rekordtiefs zu erreichen. Das hervorstechende Problem dabei ist, dass das Steueraufkommen aufgrund der chronisch niedrigen Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes zu gering ist, um den massiven Anstieg der weltweiten Haushaltsdefizite und Schulden zu bewältigen. Japan ist das perfekte Beispiel für die fehlerhafte Strategie der Wachstumsgenerierung durch Inflation: Das Land leidet nun schon unter der dritten Rezession seit 2012, und das trotz der gigantischen Bemühungen des Premierministers Abe, den Yen abzuwerten und das Defizit der Regierung zu vergrößern.

Starke Erhöhungen der Staatsschulden hatten historisch immer einen sprunghaften Anstieg der Rendite auf Staatsanleihen zur Folge, was dazu führte, dass die Zinszahlungen nicht mehr zu bewältigen waren. Die aktuelle Schuldenkrise in Europa ist das perfekte Beispiel dafür:

Im Jahr 2012 wurden die Investoren vorsichtig, was die sogenannten PIIGs-Staaten (Portugal, Irland, Italien und Griechenland) sowie deren Fähigkeit zur Rückzahlung der gewaltigen Kreditsummen betraf, die sie aufgenommen hatten. Folglich trieben die Kreditgeber die Zinssätze dramatisch in die Höhe, damit diese das erhöhte Risiko eines Zahlungsausfalls widerspiegelten. In Portugal stiegen die Rendite auf Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren beispielsweise von 5% auf 18%, als sich das Verhältnis der Staatsschulden zum BIP von 70% vor der Krise auf den derzeitigen Wert von 130% erhöhte. Doch dank der Politik der Europäischen Zentralbank, immer größere Mengen an portugiesischen Staatsanleihen aufzukaufen, liegen die Rendite heute gerade einmal bei 2,7%.

Die EZB, die Bank of Japan und die Chinesische Volksbank haben den Märkten bereits versprochen, die Kreditkosten weiterhin so niedrig wie nie zuvor zu halten, während sie versuchen sich mittels Inflation einen Weg aus der Schuldenkrise zu bahnen. Darum hat der EZB-Chef Mario Draghi sich auch verpflichtet gefühlt, zu tun "was auch immer nötig ist", um die Anleiherendite stabil zu halten. Dieser Aktivismus der Regierungen, die Kontrolle über den gesamten Staatsschuldenmarkt zu übernehmen, verbreitet sich auf der ganzen Welt.

Die US-Notenbank Federal Reserve wird es den anderen Zentralbanken gleichtun, sobald die einsetzende Rezession der amerikanischen Konjunktur selbst in den Augen der in wirtschaftlicher Hinsicht blinden Mitglieder des Offenmarktausschusses offenkundig wird. Die Erleuchtung wird kommen, wenn sich das jährliche Haushaltsdefizit zum wiederholten Male zu mehr als 1 Billion USD auftürmt, die den Schuldenberg von bisher 18,6 Billionen USD weiter anwachsen lassen. Zu diesem Zeitpunkt werden die weltweit wichtigsten Zentralbanken kontinuierlich den Großteil, wenn nicht gar die Gesamtheit der gigantischen Schuldverschreibungen ihrer Regierungen monetarisieren.

Die eigentlich verpflichtende Strategie, der Deflation zu erlauben, das Schuldenniveau wieder auszubalancieren und die Assetpreise in ein nachhaltiges Gleichgewicht zu bringen, wird von den Entscheidungsträgern weltweit schon gar nicht mehr in Betracht gezogen, weil die daraus resultierende, vorübergehende Depression politisch nicht tragbar wäre. Stattdessen vertrauen die Regierungen zu 100% auf die fehlerhafte und schädliche Taktik, mit Hilfe von Währungsabwertungen, Zinsmanipulationen und Inflation einen echten Aufschwung herbeizuführen.

Um die Umsetzung dieses Plans zu erleichtern, gehen die Zentralbanken mit voller Unterstützung der Regierungen immer schneller dazu über, das Bankensystem gänzlich außen vorzulassen und die Staatsschulden direkt zu monetarisieren. Das Fazit ist jedoch, dass unkontrollierbare Inflation schon immer das unausweichliche und tragische Schicksal aller insolventen Regierungen war.

Dieses Szenario einer übermächtigen Einflussnahme der Zentralbanken ist nicht nur das Gefasel eines senilen Unheilspropheten. Der neue Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, Maurice Obstfeld, forderte während eines Interviews im Vorfeld der jährlichen IWF-Tagung unkonventionelle Eingriffe. Dieser wirtschaftspolitische Entscheidungsträger der Neuen Weltordnung sagte: "Ich mache mir Sorgen bezüglich der Deflation auf globaler Ebene [...].

Es könnte an der Zeit sein, neue Wege zu gehen. Angesichts der Zinssätze von 0% sind unsere Optionen stark eingeschränkt [...]. Um die erwartete Inflationsrate in den Industrienationen dauerhaft auf über 2% zu bringen, wo wir sie gern sehen möchten, wird es wahrscheinlich nötig sein, dass sie zuerst etwas über dieses Ziel hinausschießt."

Wenn das noch nicht aussagekräftig genug war, dann lesen Sie den folgenden Auszug aus einer im Wall Street Journal veröffentlichten Abhandlung von Adair Turner, einem Mitglied des Finanzpolitik-Komitees der Bank of England. Er stützt meine These, dass die Zentralbanken die Möglichkeiten zur direkten Finanzierung der Staatsausgaben ausloten:

"Eine Möglichkeit besteht in der direkten Finanzierung von erhöhten Haushaltsimpulsen mittels kontinuierlicher Geldmengenausweitungen durch die Zentralbanken. Japan wird sich innerhalb der nächsten fünf Jahre gezwungen sehen, diese Art der 'monetären Finanzierung' anzuwenden und die Strategie wird in stagnierenden Wirtschaften voraussichtlich ein normales Werkzeug der Zentralbanken werden."

Alle Voraussetzungen für eine beispiellose weltweite Stagflation sind gegeben: Langfristige Stagnation der Konjunktur, insolvente Regierungen und Zentralbanken, die gewillt sind, durch permanente Schuldenmonetarisierungen einen gigantischen Anstieg der Haushaltsdefizite zu finanzieren. Unglücklicherweise wurden die finanz- und währungspolitischen Voraussetzungen für ein globales Wirtschaftschaos nun unwiderruflich geschaffen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit - und die wird leider knapp.


© Michael Pento
www.pentoport.com


Der Artikel wurde am 16. November 2015 auf www.gold-eagle.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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