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Weckt die "Gelbe Gefahr" Ängste oder Hoffnungen?

08.12.2015  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
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Absurde Stimmrechtsverteilung

Weiterhin betrachten Länder wie Indien, Brasilien, China und andere Schwellenländer die heutige IWF-Stimmrechtsverteilung als absurd. So verfügt Frankreich mit einem BSP von 3 Billionen $ über mehr Stimmen als China mit seinem BSP von fast 11 Billionen $. Auch hat Belgien (BSP: 0,5 Billionen $) wesentlich mehr Stimmrechte als Brasilien mit einem BSP von 2,3 Billionen $. Dabei schreibt die IWF-Satzung, die 147 Ländern regelnd umfasst, klar vor, dass Stimmrechte in etwa dem relativen Umfang des BSP entsprechen müssen.

Um den kommenden Querelen um die Machtverteilung und dem unvermeidlichen Veto Washingtons auszuweichen, stellte China die großen IWF-Planer und die bisher dominierende Finanzmacht, also die USA, einfach vor vollendete Tatsachen. Man gründete die Asiatische Infrastruktur Investitionsbank, kurz AIIB, die große Infrastrukturprojekte im eurasischen Raum und wohl auch außerhalb desselben zu finanzieren gedenkt. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Frankreich, Deutschland, Russland, Indien, Luxemburg und sogar England.

Selbst der IWF mischte von Anfang an mit und der laut Peking zu China gehörende (Teil-) Staat Taiwan hat unter dem chinesischen Namen 'Taipei' Mitgliedschaft beantragt. Inzwischen haben sich 40 weitere Länder in die Schlange der Antragsteller eingereiht. Hier entsteht ein Impfkristall, der das Weltfinanzsystem im Laufe der Zeit völlig umstrukturieren könnte, natürlich zu Lasten der Wall Street und des Dollars. Die globale Hegemonie des „greenback“ beginnt immer stärker zu wanken.

Kein Wunder, dass sich Obama heftig, fast wütend, gegen die Gründung verwahrte. Man verweigerte nicht nur den Beitritt, sondern wetterte lautstark gegen die AIIB. Viele Beobachter sehen hierin ein dummes Eigentor Washingtons. Als Begründungen für diese regelrechte Hasstirade der US-Vertreter wurden 'mangelnder Umweltschutz', 'fehlende Transparenz' und 'zu geringe Sicherheit' ins Feld geführt. Wie schön. Aber es gilt immer noch: Betroffene Hunde bellen.

In Wahrheit steht die globale Hegemonie des Dollars auf dem Spiel. Die Sperrminorität der Amerikaner im IWF von 16,75% wird mit Zähnen und Klauen verteidigt. Beschlüsse dürfen ja nur realisiert werden, wenn sie eine Mehrheit von 85% hinter sich haben. Mit Amerikas Sperre aber erreicht man gegen den Willen der übrigen 146 Mitglieder bestenfalls 83,25%, sehr schlau eingefädelt, aber dennoch aber nicht schlau genug.


Amerika hat fertig

Da nämlich der Weg für die aufstrebenden Nationen, wie die BRICS-Staaten, hier versperrt ist, wenden sich diese vom IWF ab, und gehen mit dem neuen Instrument der AIIB eigene Wege. Anstatt von innen her Einfluss auf die AIIB als künftiges Kernstück der neuen globalen Finanzordnung zu nehmen, wählen die USA den Weg der internationalen Isolation. US-Konzerne dürften von lukrativen AIIB-Bauaufträgen ausgeschlossen werden. Washington droht eine erniedrigende geopolitische Niederlage. Größenwahn und Selbstüberschätzung sind einfach zu groß. Sie kommen sprichwörtlich immer vor dem Fall.

Alles was China tut ist in den Augen Washingtons und der Wall street widerlich, schurkisch, schlecht, ekelhaft und teuflisch. Das muss mit allen Mitteln bekämpft werden. Irgendwann aber werden diese "Mittel der Bekämpfung" in einem Kräusellüftchen enden, während die Mittel der von China angeführten Gegenseite die Kraft von finanziellen Keulenschlägen gewinnen dürften. Man darf gespannt sein. Einst hieß ein bekannter Song: "Money talks and nobody walks" (wenn das Geld spricht, geht keiner weg). Inzwischen hat China das Geld und nur einer bleibt weg, nämlich Amerika.


Die neue Doppelsäule globaler Macht

Die Zukunft der Welt ruht auf der Doppelsäule Asien und Eurasien, während Amerika, und in geringerem Maße auch Kanada, unter Schuldenbergen ersticken, ihre Infrastrukturen verrotten und die alten Industriestädte, wie Pittsburgh und Detroit in den Status von Ruinen fallen. Der ehemalige Handels- und Industriemagnet USA ist am Ende, und wird nur noch durch Lügen, Phantasien, schamlos gefälschten Statistiken und eine weit überdimensionierte Militärmaschine, sowie durch einen aberwitzig aufgeblasenen Finanzsektor mühsam zusammengehalten.

Die echte Arbeitslosenrate, wie sie bis zu Clinton Ära ermittelt wurde, beläuft sich, genau wie in der EU, auf 23%. Die echten Zahlen von Konjunktur und Wirtschaft ähneln denen, wie sie zuletzt während der Großen Depression in den 20er und 30er Jahren gemeldet wurden.

Auch China droht eine Rezession, da auch dort große Ungleichgewichte wieder ausgeglichen werden müssen. Ob leicht oder mittelschwer, bleibt abzuwarten. Spekulationen helfen hier nicht weiter. Doch gegenüber den amerikanischen scheinen die chinesischen Problembereiche noch 'machbar'. Zum einen bilden die größten Devisenreserven der Welt (ca. 4 Billionen $) einen Schutzschild.

Zum anderen weißt Asien die höchste Sparrate des Planeten auf. Seit 2003 haben sich dort die Sparvermögen verdreifacht. Aus den USA dagegen werden sinkende Sparraten gemeldet. Die Durchschnittsfamilie müsste im Ernstfall 60.000 $ an privaten Schulden tragen, hat jedoch 6.000 $ auf dem Sparbuch. Zum dritten weiß Peking um die uralte goldene Regel: 'Wer das Gold hat, hat das Sagen.'


Wenn Gold redet, schweigt die Welt

Um eine Währung mit dem gelben Edelmetall zu decken, braucht man Gold, viel Gold. So gesehen kommt Peking die westliche Goldpreisdrückung gerade recht. Grob gesprochen importieren die Chinesen etwa 2.000 t im Jahr, zu denen die Eigenproduktion (als führender Produzent der Welt) mit ca. 600 t hinzu kommt. Indien führt seinerseits 1.000 t pro Jahr ein, Tendenz, wegen der ins Bodenlose fallenden Rupie, trotz der hohen Einfuhrzölle,stark steigend. De Goldschmuggel blüht.

Zusammen absorbieren nur diese beiden Länder jedenfalls mehr als die gesamte jährliche Weltproduktion von 2.100 t. Hinzu kommen die Käufe der Ölstaaten, die von Russland, den westlichen Eliten sowie der Zentralbanken, wie auch der privaten Investoren. Nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage müsste der Unzenpreis um wenigstens das Dreifache über dem heutigen Niveau notieren. Doch massive Manipulationen des Papiergoldmarktes (an der COMEX) setzen die Naturgesetze der Preisbildung (vorübergehend) außer Kraft. Gut für China!

Doch wie groß sind die tatsächlichen Reserven? Diese Frage bewegt die Gemüter seit Jahren, aber Peking hüllt sich in Schweigen, wobei alle wissen, dass die offiziellen Vorräte von 1.685 t einem Scherz in einem führenden Witzblatt entsprechen. Wie üblich und der chinesischen Mentalität entsprechend, vollzieht sich der Aufbau der echten Goldvorräte langsam, unauffällig und in aller Stille. Die rund 4 Billionen Devisenreserven bestehen ja aus ungedecktem Papiergeld oder ebensolchen "Wert"papieren, die ja nichts als Versprechen darstellen und keinerlei inneren Wert (intrinsic value) haben.

Die superfleißigen roten Gelben oder gelben Roten sind zum größten Gläubiger der Welt aufgerückt, was allein schon ein gewisses Maß an Macht und Einfluss garantiert. Aber im Ernstfalle eines weltweiten Währungszusammenbruchs entscheidet allein die "Deckung", die wiederum mit dem Grad des Vertrauens korreliert.

Der China-Kenner und Gold-Experte Koos Jansen hat hierzu eine hervorragende Analyse geliefert. Das Ergebnis in knapper Form: Die Zentralbank in Peking (Peoples Bank of China, kurz PBOC) kauft kein Gold an der Shanghai Gold Exchange (SGE). Die Berichte über die Zolleinfuhren schweigen sich hierzu aus. Offiziell tauschte die PBOC im letzten drei Jahren 604 t Gold an den internationalen Märkten gegen Dollar.

Der China Gold Association und globalen Handelsdaten zufolge, beliefen sich die Netto-Goldimporte zwischen 2010 und 2014 auf 3.967 t bei gleichzeitiger inländischer Minenproduktion von 1.979 t, zusammen rund 6.000 t. Die private Goldnachfrage wird durch die SGE befriedigt und in Yuan bezahlt. Die 6.000 t flossen dem privaten Bereich zu.

Beim chinesischen Zollamt werden Goldeinfuhren entweder mit "nicht monetären Zwecken" oder "zu monetären Zwecken" gemeldet und klassifiziert. Der letztere Typ bleibt für immer der Öffentlichkeit nach Art und Umfang verborgen. Er fließt der PBOC heimlich zu, ist jedoch relativ gering. Der Löwenanteil fließt in private Hände, was regierungsseitig unterstützt wird. Nach umfangreichen Recherchen und Berechnungen des Analysten Jansen befanden sich im Oktober 2015 etwa 13.800 t Gold in China. Davon hält die PBOC rund 1.700 t und Privatanleger besitzen etwa 12.100 t.

Bis zum Jahresende kann davon ausgegangen werden, dass die gesamten Goldvorräte des Landes auf 14.000 t angeschwollen sind. Diese für die Dollarfürsten höchst bedenkliche Zahl strebt mit Macht der 20.000 t-Schwelle zu.

Die Strategie der Regierung sieht vor, die Dollarbestände langsam und in wieder mal in aller Stille ab-, und die Goldvorräte sachte auf- zubauen. Diese schonende Taktik treibt die Goldpreise nicht wirklich in die Höhe, so dass man auch weiterhin "billig einkaufen" kann. Extrahiert man die Zahlen, so kann man erwarten, dass die Gesamtbestände des Landes bis zum Jahre 2021 um 2.500 t jährlich wachsen und dann auf ungefähr 30.000 t zu stehen kommen könnten. Dies entspricht in etwa dem heutigen privaten Goldbesitz in Indien.

Mit dieser gelb glänzenden Keule ließe sich so manches Hindernis auf dem Weg zu einer Teil-Golddeckung des Yuan, zu der Entthronung des Dollars und zur ersten Führungsmacht der Welt zerschlagen.

Für manche, wie die USA und ihre noch verbliebenen Verbündeten, weckt das unaufhaltsame Vorrücken der "Gelben Gefahr" Ängste. Machtverluste drohen. Für andere, wie die unter dem Dollar- und Zinsjoch, der finanziellen Versklavung, der Besetzung von über 130 Ländern und dem Diktat Washingtons und seiner Großkonzerne (z. B. Monsanto) leiden, bringt der Aufstieg der Chinesen zu ersten Großmacht einen Hoffnungsschimmer. Die Chinesen werden immer kapitalistischer, die Länder des Westens dagegen immer kommunistischer.

W. Busch bemerkte um 1869 (Vorabend des deutsch (preußisch)-französischen Krieges): Zum Kampf gerüstet und ganz nah, so stehn’ sie Aug’ in Auge da. An diesem Konfrontationsprinzip scheint sich im Prinzip bis heute nichts geändert zu haben.

Wann wird der globale Machtkampf (ohne Panzer und konventionelle Sturmtruppen) um die Welt-Führungsspitze abgeschlossen sein?


© Prof. Dr. H.-J. Bocker
www.profbocker.ch



Dieser Artikel wurde in ähnlicher Form im Edelmetall- und Rohstoffmagazin 2015/16 abgedruckt.

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