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James Rickards über den Goldmarkt: Knappheiten, Manipulationen und die Strategie Chinas

25.04.2016  |  Mike Gleason
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Mike Gleason: Die Idee des Goldstandards wird heutzutage immer öfter aufgegriffen und wurde in den USA sogar im Wahlkampf diskutiert. Einige der Präsidentschaftskandidaten forderten einen Goldstandard, um so die außer Kontrolle geratenen Regierungsausgaben zu begrenzen, doch natürlich gibt es sehr viele, die diese Idee vehement ablehnen. Ein Beispiel, das die Gegner der Goldstandards gerne nennen, sind die Geschehnisse während der Großen Depression. Der ehemalige Fed-Vorsitzende Ben Bernanke hat sich bekanntermaßen darüber beschwert, dass der Notenbank aufgrund des Goldstandards damals die Hände gebunden waren.

Unter keynesianischen Gelehrten und Ökonomen ist das eine weit verbreitete Meinung. Ist es denn korrekt zu sagen, dass die Große Depression nur deswegen geschah bzw. dass sie nur deswegen so lange anhielt, weil die Zentralbank durch den Goldstandard handlungsunfähig war? Ist diese verbreitete Vorstellung Fakt oder Fiktion?


Jim Rickards: Völlige Fiktion. Einige Leute, die es besser wissen sollten, haben ihre eigenen Gründe, um Gold in Misskredit zu bringen, und andere, die es wirklich nicht besser wissen, haben die Geschichte so oft gehört, dass sie sie glauben, ohne sich jemals ernsthaft damit auseinandergesetzt zu haben.

Es gab jedoch andere Faktoren, die zur Großen Depression beigetragen haben. Vor 1914 gab es im Vereinigten Königreich einen sehr erfolgreichen, nationalen Goldstandard, dem sich zwischen 1870 und 1914 mehr und mehr Länder auf globaler Ebene anschlossen. Der Erste Weltkrieg setzte dem ein Ende. Nach dem Krieg, Mitte der 1920er Jahre, versuchten viele Staaten zum Goldstandard zurückzukehren, doch ihnen unterliefen einige Fehler.

Statt erneut einen reinen Goldstandard einzuführen, entschied man sich für den sogenannten Gold-Devisen-Standard. Internationale Reserven konnten also in Form von Gold, aber auch in Form von anderen Währungen wie dem Dollar, dem britischen Pfund oder dem französischen Franc vorgehalten werden. Es handelte sich dabei also offensichtlich um ein gemischtes oder Hybrid-System, in dem Gold zwar eine Rolle spielte, den Währungen jedoch ebenfalls große Bedeutung zukam. Das gesamte System war folglich anfällig für Fehler und Missbrauch durch willkürliche Währungspolitik.

Meiner Meinung nach haben die Große Depression und ihre Auslöser also sehr wenig mit dem Goldstandard zu tun, sondern stehen vielmehr im Zusammenhang mit willkürlichen geld- und währungspolitischen Entscheidungen, insbesondere seitens der Federal Reserve Bank in New York, die die Geldpolitik gegen Ende der 1920er Jahre lockerte, als eigentlich eine Straffung angebracht war, und sie dann 1929 und 1930 straffte, als eine Lockerung nötig gewesen wäre. Es war damals also nicht viel anders als heute, die Fed traf immer die falsche Entscheidung.

Genau genommen wurden zwei Fehler begangen. Der erste geschah 1915, als das Vereinigte Königreich zum Goldstandard zurückkehrte, aber den falschen Preis wählte. Die Entscheidung traf Winston Churchill, der damals Finanzminister war und den Preis auf 20 Dollar je Unze festlegte, wo er auch vor 1914 gelegen hatte. Der Goldpreis wurde selbstverständlich in britischen Pfund Sterling angegeben, aber entsprach damals in etwa 20 Dollar. Das Problem war allerdings, dass Großbritannien im Ersten Weltkrieg die Geldmenge verdoppelt hatte. Sie haben Geld gedruckt, um den Krieg zu finanzieren, so machen das Staaten nun einmal.

John Maynard Keynes war damals übrigens Churchills Berater. Keynes war kein Befürworter eines Goldstandards, aber er sagte, gut, wenn ein neuer Goldstandard eingeführt werden soll, dann muss der Preis stimmen. Er riet zu einem viel höheren Goldpreis und wies darauf hin, dass die Geldmenge reduziert werden müsse, wenn der Goldstandard zu dem alten, niedrigen Preis wieder in Kraft treten solle. Anders ließe sich das System nicht erhalten. Eine Verringerung der Geldmenge hat jedoch kontraktive und wachstumsbremsende Implikationen und diese Fehlentscheidung war einer der Gründe für die Große Depression.

Nicht Gold trug zur Großen Depression bei, sondern die falsche Festsetzung des Goldpreises. Das Problem war nicht das Edelmetall, sondern die politisch motivierte Preisfindung und, wie gesagt, die willkürliche Geld- und Währungspolitik. Keynes hatte recht, der Preis hätte viel höher sein müssen. Mit einem Goldpreis von 40 Dollar je Unze statt 20 Dollar je Unze im Jahr 1925 hätte die Große Depression vielleicht gänzlich vermieden werden können. Wir werden das nie mit Sicherheit wissen, aber es gibt plausible Argumente dafür.

Die Behauptung, der Goldstandard hätte es der Federal Reserve unmöglich gemacht, die Große Depression zu bekämpfen, ist völlig falsch. Und es war niemand anderes als Ben Bernanke selbst, der das belegte. Ich habe mit ihm persönlich darüber gesprochen. Bevor er der Vorsitzende der Fed wurde oder auch nur im Direktorium der Notenbank saß, verdiente er sich seine akademische Reputation hauptsächlich mit Forschungen zur Großen Depression an der Princeton University und trat damit in die Fußstapfen von Milton Freedman, Anna Schwartz und einigen anderen, die bei der Untersuchung der Großen Depression unter ökonomischen Gesichtspunkten großartige Pionierarbeit geleistet hatten.

Bernanke hat auch ein Buch darüber geschrieben, welches ich gelesen habe, als ich für meine eigenen Bücher "The Death of Money" und "Currency Wars" recherchierte. Er fand heraus, dass das Gesetz es damals erlaubte, dass die Geldmenge dem 2,5fachen der Goldreserven entsprach. Die Geldmenge, die der Federal Reserve damals zur Verfügung stand, ließ sich also folgendermaßen berechnen: Man multipliziert die Anzahl der Goldunzen mit 20 Dollar und multipliziert diesen Wert anschließend mit 2,5. Das Endergebnis entspricht der Obergrenze des Geldangebotes. Die Geldmenge durfte also rechtlich gesehen nicht größer werden, als dieser Wert.

Tatsächlich war die Geldmenge während der Großen Depression jedoch nie größer als die Gesamtheit der Goldreserven. Anders gesagt lag das Verhältnis bei 100%. Es hätte bis auf 250% erhöht werden können, die Goldvorräte stellten also keine Begrenzung für die Geldmenge dar. Die Fed hätte das Geldangebot in den frühen 1930er Jahren verdoppeln können, ohne dabei wegen der Goldvorräte in Sorge geraten zu müssen. Man kann also nicht dem Gold die Schuld an der Großen Depression geben. Grund war vielmehr die Geldmenge.

Das eigentliche Problem war, dass die Banken keine Kredite vergeben wollten und die Menschen keine Schulden aufnehmen wollten. Heute haben wir übrigens das gleiche Problem. Die Umlaufgeschwindigkeit sinkt, die Fed scheint nicht in der Lage zu sein, die gewünschte Inflation zu erzielen, und die Wirtschaft stagniert. Genau diese Situation bestand auch 1930. Und genau das hat Bernanke in seinem Buch gezeigt.

Ich habe ihn vor Kurzem getroffen und wir haben uns wirklich nett unterhalten. Ich sagte, "Ich habe Ihr Buch gelesen und darin steht, dass die Goldreserven während der Großen Depression kein Hindernis für eine Erhöhung der Geldmenge darstellten. Verstehe ich das richtig?"

Darauf er erwiderte er, "Ja, das tun Sie." Bernanke hat mit also persönlich bestätigt, dass der Goldstandard das Geldangebot in den Vereinigten Staaten während der Großen Depression nicht einschränkte. Jeder, der etwas anderes behauptet oder sagt, das Gold sei der Auslöser der Großen Depression gewesen, kennt die Fakten nicht. Wie schon gesagt, Grund für die Krise waren die politischen Entscheidungen und die willkürliche Geld- und Währungspolitik.



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