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Kommt das "Helikopter-Geld"?

30.05.2016  |  Klaus Singer
Laut den revidierten Zahlen vom ersten Quartal 2016 stieg des Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA um 0,82% an. Das sind fast 0,3% mehr als in der ersten Schätzung, aber immer noch fast 0,6% unter dem Wachstum im Schlussquartal 2015. Als robustes Wachstum kann man das nicht bezeichnen. Der seit Jahresmitte 2015 eingeschlagene Trend setzt sich fort - das Wachstum schwächt sich weiter ab in Richtung wirtschaftlicher Stagnation.

Die privaten Geschäftsinvestitionen bleiben in Kontraktion, sie tragen -0,45% zum Wachstum bei, -0,2% entfallen davon auf Lagerveränderungen. Die privaten Konsumausgaben bleiben insgesamt schwach, sie werden gestützt durch Ausgaben für medizinische Versorgung und Wohneigentum (Quelle: www.consumerindexes.com/2016-05-27_commentary.html).

Dabei ist das verfügbare pro-Kopf-Einkommen merklich gestiegen. Viel davon wurde gespart, die Sparquote liegt jetzt mit 5,7% so hoch wie zuletzt im vierten Quartal 2012. Das zeugt nicht gerade von überbordendem Vertrauen der Konsumenten. Fraglich, ob sich das angesichts der anstehenden Präsidentschaftswahlen mit ihrem Trump’schen Medien-Rummel schnell ändert.

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Wachstum wird u.a. gebraucht, um Zinsen für aufgenommene Kredite zu bezahlen. Als die Zinsen für gut geratete Unternehmens-Anleihen Anfang 1982 mit 15,2% ihren Höhepunkt erreicht hatten, lag die Verschuldung des Unternehmenssektors bei 511 Mrd. Dollar. Heute haben sich die Zinsen mit unter 4% fast geviertelt, die Verschuldung hat sich auf 5518 Mrd. Dollar mehr als verzehnfacht. Das Wachstum des nominalen BIP hat sich im selben Zeitraum von fast zehn Prozent auf gut drei Prozent gedrittelt (Chartquelle: https://research.stlouisfed.org).

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Wenn das BIP-Wachstum sich im Trend parallel zur Verschuldung entwickelt hätte, würde ich ja nichts sagen - aber so! Wie soll das auf Dauer funktionieren? Dieser Schuldenturm muss zusammenbrechen - und die Verschuldung der Unternehmen ist beileibe nicht der einzige, in Relation zum BIP nicht einmal der größte Brocken. Waren zuvor mehr als 50 Jahre erforderlich, um das Volumen der Unternehmensanleihen auf 2,5 Bill. Dollar hochzutreiben, so reichten ab der Jahrtausendwende 15 Jahre, um den Schuldenstand nochmals zu verdoppeln.

Oder anders gesprochen: Etwas anderes als weitere "unkonventionelle" Maßnahmen der Zentralbanken zum alleinigen Zweck der Hinauszögerung des Zusammenbruchs kann ich mir nicht vorstellen. Wenn wir uns bisher schon verwundert die Augen gerieben haben, zu welchen Mitteln die Zentralbanken seit dem offenen Ausbruch der Finanzkrise im Jahre 2008 gegriffen haben, so sollten wir für die Zukunft mit noch viel "kreativeren“ Schritten rechnen.

Nachdem die Nullzinspolitik es nicht gebracht hat, zu einigermaßen solidem Wachstum zurückzukehren, wird jetzt mit aller Macht (erneut) versucht, die Inflation anzutreiben, um die Auswirkungen der massiven Verschuldung wenigstens nominal zu reduzieren (siehe z.B. hier!). Ob das gelingt, muss sich noch zeigen. Wenn es gelingt, wird aller Wahrscheinlichkeit ein Strohfeuer entfacht.

Inflation erzeugt zunächst die Illusion, dass steigende Wachstumsraten von Preisen und Kursen real sind. D.h. sie würde zunächst einmal z.B. von Aktienanlegern begrüßt - das zeigt auch ein Blick in die Geschichte. Aber jede Illusion wird irgendwann von der Realität eingeholt, dann folgt die Ernüchterung - je weiter sich die Illusion zuvor abgehoben hat, je größer die Gegenreaktion.

Modigliani/Cohn (1979) und Campbell/Vuolteenaho (2004) haben das Verhalten von Anlegern in einem inflationären Umfeld untersucht und festgestellt: Nominale, inflationsgetriebene Wachstumsraten von Dividenden und Gewinnen werden zunächst als real angesehen und extrapoliert. Wenn die üblicherweise als recht rational angesehenen Anleihegläubiger eine bestimmte positive reale Rendite erwarten, werden sie bei steigender Inflationsrate eine steigende nominale Verzinsung verlangen. Für die alternative Aktienanlage bedeutet das, dass damit zunächst auch ihr Ertragsrahmen steigt. Weiter anhaltende Inflation lässt die Anleihe-Rendite weiter steigen, die nominale Expansion von Gewinnen und Dividenden wird weiter gekauft usw.

Entwickelt sich das Inflationsszenario mit Zweitrundeneffekten (z.B. steigende Löhne) weiter, kommt hinzu, dass den Unternehmen ihre höhere Preismacht hilft, ihre Margen zu steigern. Das untermauert die Anleger-Erwartung. Die Entwicklung führt schließlich zu Übertreibungen und dann zu Enttäuschungen. Der Preisblase entweicht heiße Luft.

Buchgewinne können sich als pure Illusion erweisen, wenn man die Entwertung durch Inflation nicht berücksichtigt. Der Wirtschaftsnobelpreis-Träger Robert Shiller behauptet z.B., die Geldillusion habe zum US-Immobilien-Crash beigetragen. Die Hausbesitzer hätten sich eher an den jahrelang zurückliegenden Kaufpreis ihres Hauses erinnert als an andere damalige Preise. Mit Blick auf das gestiegene Hauspreisniveau unterlagen sie daher der Illusion, die Immobilienpreise seien besonders stark gestiegen. Dadurch fühlten sie sich reicher als sie sind und erwarteten zukünftig weitere Wertsteigerungen.

Die Erwartung künftig steigender Preise wird aktuell gestützt durch die Entwicklung des CPI, wie auch durch die Entwicklung der Löhne und Gehälter. Allerdings sind das bisher nur recht marginale Anzeichen, als nachhaltigen und signifikanten Trend würde ich das nicht einstufen. Einige Beobachter sehen auch den bald anstehenden nächsten Zinsschritt der Fed in diesem Zusammenhang.


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