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Silber: Die letzte gute Kaufgelegenheit?

26.07.2016  |  Adam Hamilton
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Kurzfristig gibt es zwei bedeutende Risikofaktoren am Silbermarkt. Akute Gefahr geht von der Positionierung der Spekulanten an den Terminmärkten aus, die außerordentlich viele Silber-Kontrakte long halten. Der zweite Faktor ist die Saisonalität und die meist schwache Entwicklung des Silberkurses um diese Jahreszeit. Beginnen wir damit. Per 13. Juli war Silber ausgehend vom Schlussstand im Mai um spektakuläre 27,7% in die Höhe geschossen. Das ist für diesen Zeitraum ein absoluter Rekord und stellt alle bisherigen Bullenmärkte bei Weitem in den Schatten.

Zwischen November 2001 und April 2011 legte der Silberkurs in einem 9,4 Jahren währenden Bullenmarkt insgesamt 1.104% zu. 2012 konsolidierte das Edelmetall auf hohem Niveau. Der Kurs brach erst ein, als Anfang 2013 die dritte Runde der quantitativen Lockerungen (QE3) durch die US-Notenbank Fed beschlossen wurde und die Ausweitungen der Geldmenge ein bis dahin unbekanntes Ausmaß annahmen. 2001 bis 2012 waren also hervorragende Jahre für Silber, doch im Zeitraum von Anfang Juni bis zum jeweils achten Handelstag im Juli ging der Kurs im Durchschnitt um 1,9% zurück.

Kursgewinne wie die unglaublichen 27,7% seit Ende Mai dieses Jahres waren noch nie zuvor verzeichnet worden. Der Silberpreis erreicht üblicherweise gegen Mitte August ein deutliches saisonales Tief. Während des Bullenmarktes von 2001 bis 2012 notierte der Kurs zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich 4,0% unter seinem Stand vom Sommerbeginn. Es besteht definitiv das Risiko, dass Silber einen Teil seiner Rekordgewinne wieder abtreten muss und zurück auf das normale Kursniveau zu dieser Jahreszeit fällt.

Leider spielte die Investitionsnachfrage für die ungewöhnliche Stärke des Silberkurses in diesem Sommer kaum eine Rolle. Der Silber-ETF SLV iShares Silver Trust ist die beste verfügbare Maßzahl für das Investmentkapital, das in den Silbersektor hinein- bzw. aus dem Sektor herausfließt. Die Manager müssen auf den Kauf- oder Verkaufsdruck der ETF-Anteile reagieren, indem sie echtes, physisches Silber kaufen oder verkaufen. Andernfalls entkoppelt sich der SLV vom Silberkurs und verfehlt sein Ziel.

Zwischen Ende Mai und dem jüngsten Hoch des Silberkurses Mitte Juli sind die Silberbestände des SLV um nur 3,8% oder 12,8 Millionen Unzen angewachsen. Das reicht keineswegs, um den enormen Ausbruch des Silberpreises nach oben zu erklären. Nicht die Investoren an den Aktienmärkten haben Silber gekauft, sondern die Spekulanten an den Terminbörsen. Bei diesen extrem stark fremdfinanzierten Wetten liegt der Fokus auf sehr kurzen Zeiträumen. Die Trader nutzen hier die Marktdynamik aus und kaufen und verkaufen als Gruppe.

Der erste Chart zeigt die Gesamtzahl der Silber-Terminkontrakte, die von den Spekulanten innerhalb der letzten rund 3,5 Jahre long und short gehalten wurden. Die bullischen Wetten auf steigende Kurse (die Longs) sind grün dargestellt, die bearishen Wetten auf sinkende Kurse (die Shorts) sind rot eingezeichnet. Die Sommerrally und der gesamte neue Bullenmarkt wurden hauptsächlich von den umfangreichen Käufen der Spekulanten an den Terminmärkten angetrieben. Die Long-Positionen sind dadurch insgesamt auf ein Rekordniveau angestiegen - das bedeutet jedoch auch, dass nun ein Verkaufsüberhang in Rekordhöhe besteht.

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Die Commodity Futures Trading Commission (CFTC), die Aufsichtsbehörde der Future- und Optionsmärkte in den USA, veröffentlicht jeden Freitagnachmittag die Positionierungen am Silber-Terminmarkt in ihrem berühmten Commitments oft Traders (COT) Report. Den letzten verfügbaren Daten bei Veröffentlichung dieses Essays zufolge waren die Spekulanten insgesamt im Besitz von 141.000 Silber-Futures. Das ist der höchste Stand seit 1999 und fast mit Sicherheit ein neuer absoluter Rekordwert.

Bedeutende zwischenzeitliche Hochs des Silberkurses werden sowohl während Bullen- als auch während Bärenmärkten meist dann erreicht, wenn die Wetten der Spekulanten auf weitere Kursgewinne überhand nehmen. Durch ihre Käufe an den Futuremärkten steigt der Silberkurs in die Höhe, doch sobald sie durch irgendetwas verunsichert werden, stoßen sie ihre riskanten Positionen wieder ab. Dadurch wird der Kurs nach unten gedrückt, bis der Sturm der Verkäufe über den Markt hinweggezogen ist. Die Trader an den Terminmärkten müssen zwangsläufig einen viel kürzeren Zeithorizont haben, als normale Investoren.

Jeder einzelne Terminkontrakt kontrolliert 5.000 Unzen Silber. Bei einem Preis von rund 20 $ je Unze entspricht ein Future damit einem Wert von 100.000 $. Die minimal geforderte Sicherheitsleistung liegt jedoch nur bei 5.250 $ je Kontrakt, d. h. die Spekulanten können mit ihren Silberfutures eine Hebelwirkung von bis zu 19,0 erzielen! An den Aktienmärkten liegt die gesetzlich zulässige Grenze für Leverage schon seit Jahrzehnten bei 2,0 - und zwar aus gutem Grund. Bei einer Hebelwirkung von 19,0 riskieren die Trader, schon bei einer relativ geringen Kursbewegung massive Verluste zu machen.

Ein Preisschwung von nur 5,3% in die falsche Richtung (und in diesem volatilen Markt ist das wirklich nicht viel) hätte für Spekulanten, die den theoretischen Kreditrahmen voll ausschöpfen, bereits den Verlust von 100% des eingesetzten Kapitals zur Folge! Selbst wenn sie nur die Hälfte der maximalen Leverage nutzen und eine Hebelwirkung von 9,5 erzielen, verlieren sie ihr gesamtes Kapital, wenn der Silberpreis sich um 10,5% in die andere Richtung entwickelt. Diese Trader können es sich nicht leisten, lange falsch zu liegen. Wenn der Silberkurs sich entgegen ihren Wetten entwickelt, müssen sie ihre Kontrakte schnell abstoßen.


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