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Klartext - 60 Jahre Römische Verträge

27.03.2017  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0845 (07.47 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0761 im europäischen Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 110.33. In der Folge notiert EUR-JPY bei 119.65. EUR-CHF oszilliert bei 1.0713.

Am Wochenende wurde das 60 jährige Jubiläum der Unterzeichnung der Römischen Verträge und damit der politischen Einigung Europas gefeiert. Es war und ist das Beste, was Europa nach den Katastrophen 1914/18 und 1939/45 passieren konnte.

Seit mehr als 70 Jahren leben wir dank der Römischen Verträge in Frieden. Das hat es seit Jahrhunderten nicht mehr gegeben. Dieser Frieden scheint uns leider zu alltäglich. Dieser Frieden ist es was Besonderes. Mehr noch ist er die Grundlage gerade für das Wohlergehen in Deutschland und Europa.

Es wurden fraglos auf dem Weg von 1957 bis 2017 Fehler gemacht. Die Fehler lagen insbesondere in der Phase nach 1990. Die eindeutig definierten Eintrittsstandards zur EU wurden aus Gründen, die sehr wohl etwas mit Geopolitik und Interessen Dritter zu tun haben, nicht eingehalten. Wer latent nivelliert, hat am Ende kein Niveau.

Von 12 Neumitgliedern der EU hat nur ein Land die Bedingungen erfüllt. Diese Nivellierung der Eintrittsstandards fällt der EU heute auf die Füße. Um so mehr ist die Debatte um ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten sachgerecht. Es gilt, die nachhaltigen Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Macht es Sinn, die EU, die Eurozone und den Euro zu erhalten? - Unsere Antwort lautet "Ja":

  • Kontinentaleuropa ist der letzte Restposten, der für eine humanistisch geprägte Demokratie steht (Kultur).
  • Die Eurozone hat die beste Infrastruktur für eine Wirtschaftsraum mit 330 Mio. Menschen (Struktur).
  • Die Eurozone hat das höchste Maß an Rechtssicherheit für 330 Mio. Menschen (Struktur).
  • Die Eurozone hat mehr als 60% aller „Hidden Champions“ bei 4,6% der Weltbevölkerung (Kapitalstock).
  • Die Eurozone hat die stringentesten Reformen in der Historie der Industrienationen umgesetzt (Fähigkeit).

Wer diese Strukturen Europas (EU, Eurozone, Euro) aufgibt, der gibt perspektivisch alle diese Attribute (es gibt noch viel mehr), die oben dargestellt wurde auf und beraubt die kommenden Generationen der Chancen, die in diesen Konstrukten gegeben sind.

Die kommenden verantwortlichen Eliten müssen jedoch die Fehlentwicklungen, die es fraglos gibt, korrigieren. Dazu gehört dann nicht nur die Realisierung des Europas unterschiedlicher Geschwindigkeiten, sondern auch die Erkenntnis, dass Europa natürliche geografische Grenzen hat. Mehr noch gehört dazu die Erkenntnis, dass Assoziierungen von Ländern, die nicht einmal das Grundgerüst der EU erfüllen (z. B. Gewaltenteilung) nichts in der EU und Assoziierung zu suchen haben. Ebenso sollte die Außenpolitik nicht auf die Ansprüche Dritter, sondern auf die eigenen Interessen ausgerichtet sein.

Unsere früheren Sorgenkinder setzen Akzente: Portugals Haushaltssanierung kommt sportlich voran. 2016 wurde das öffentliche Haushaltsdefizit von zuvor 4,4% auf 2,1% reduziert und damit das geringste Defizit seit 1974 ausgewiesen. Auch wurde die Vorgabe der EU bei 2,5% unterboten. Die Prognose per 1017 lautet 1,6%.

Frankreich gibt konjunkturell Gas! Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für die Sektoren Dienstleistung und Produktion (Composite Index) legten per Berichtsmonat März von ohnehin schon sportlichen 55,9 auf 57,6 Punkte zu. Damit wurde der höchste Wert seit 70 Monaten markiert.

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Die Fakten der EU und der Eurozone sprechen eine klare Sprache.

Wir freuen uns auf die Veröffentlichung des Fiscal Monitors des IWF im April, der uns mit Prognosedaten bezüglich der öffentlichen Haushaltslagen versorgt. Die Divergenzen zwischen der Eurozone im Vergleich zu USA, UK und Japan sind drastisch und werden noch drastischer. Damit wird die Qualitätsfrage der BIP-Enwticklung beantwortet - wir sind gespannt, ob Medien und Analysten diese Themen sachgerecht honorieren werden. Der bisherige Trackrecord dieser Kreise ist bisher äußerst überschaubar.

Zu den USA. Die Republikaner haben ihr Wahlversprechen bezüglich Obamacare gebrochen. Als Konsequenz ist Präsident Trump bereit, mit den Demokraten verstärkt zusammenzuarbeiten. Die Republikaner als Teil des "Old Establishment" haben ihr Wort gebrochen, das fällt der Partei, dem "Old Establishment" auf die Füße, nicht Präsident Trump!

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0450-1.0480 dreht den Bias zu Gunsten des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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