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Ölpreis reagiert nicht mehr auf stützende Faktoren

25.04.2017  |  Eugen Weinberg
Energie

Während der Ölmarkt in den letzten Monaten "auf einem Ohr taub" war und negative Nachrichten überhört hat, haben derzeit sonst stützende Nachrichten kaum Einfluss auf den Ölpreis. So hat auch gestern der Ölpreis trotz einer Vielzahl unterstützender Faktoren im Laufe des Tages die Anfangsgewinne wieder abgegeben und ins Minus gedreht. Da wären die OPEC-Meldungen zu nennen, die auf geringere Exporte aus dem Mittleren Osten hindeuten, die allgemeine "risk-on" Stimmung an den Märkten - die europäischen Aktienindizes haben teilweise über 4% zugelegt und Allzeithochs markiert - oder ein recht schwacher US-Dollar, der oft mit einem Ölpreisanstieg einhergeht.

Wir führen den jüngsten Preisrückgang vor allem auf die Reaktion der Anleger zurück, denen die Bereinigung des Ölmarktes vom Überangebot und den überschüssigen Beständen nicht schnell genug geht. Die jüngsten Positionierungsdaten für WTI und Brent zeigen mit einem Anstieg um 16 Tsd. bzw. Rückgang um über 6 Tsd. Kontrakte zwar noch keinen gravierenden Stimmungswechsel. Jedoch reichen sie nur bis zum 18. April, der jüngste Preisrutsch erfolgte aber erst danach.

Eine Preisstabilisierung ist nach dem starken Preisrückgang in den letzten Tagen zwar wahrscheinlich, zumal aus charttechnischer Sicht sowohl Brent als auch WTI auf ihre jeweiligen wichtigen 200-Tageslinien gefallen sind, die häufig als langfristige Unterstützung gelten. Doch gänzlich bereinigt von der spekulativen Übertreibung ist der Ölmarkt aktuell nicht, was ihn anfällig für belastende Nachrichten macht.


Edelmetalle

Gold notiert heute Morgen bei gut 1.270 USD bzw. rund 1.170 EUR je Feinunze. Es stand gestern den ganzen Tag unter Druck und hat seine anfänglich starken Verluste kaum aufgeholt. Gestern wurde ein Großteil der Angst bzw. Risikoprämie, die sich im Vorfeld der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen aufgebaut hatte, wieder ausgepreist. Viele Risiken bestehen aber fort und dürften vorübergehend nur in den Hintergrund getreten sein.

Größter Unterstützungsfaktor für Gold bleibt unseres Erachtens die ultra-lockere Geldpolitik vieler Zentralbanken und die damit verbundenen negativen Realzinsen in den verschiedenen Ländern/Regionen. Dies sollte die Nachfrage nach Gold mittel- bis langfristig hochhalten. Der starke Preisrückgang gestern wurde offenbar zudem als attraktive Kaufgelegenheit erachtet. So vermeldete der SPDR Gold Trust, der weltweit größte Gold-ETF, für gestern Zuflüsse von 1,5 Tonnen. Silber widersetzte sich gestern der Abwärtsbewegung von Gold und beendete den Handel unverändert bei 17,9 USD je Feinunze.

Das Gold/Silber-Verhältnis ist daraufhin wieder leicht auf 71,1 gefallen, bleibt aber nach der schlechteren Preisentwicklung von Silber in der letzten Woche auf einem relativ hohen Niveau. Platin wurde dagegen von Gold mit nach unten gezogen und kostet heute Morgen gut 960 USD je Feinunze. Seit nunmehr 2½ Wochen beträgt der Preisabschlag von Platin zu Gold mehr als 300 USD je Feinunze. Palladium handelt bei rund 800 USD je Feinunze und hat sich gegenüber Platin weiter verteuert.


Industriemetalle

Die weltweite Stahlproduktion ist im ersten Quartal gemäß Daten des Weltstahlverbands im Vergleich zum Vorjahr um 5,7% auf 410,5 Mio. Tonnen gestiegen. Alle wesentlichen stahlproduzierenden Regionen (Asien, EU, Nord-Amerika, GUS) trugen zum Anstieg bei. Dank China hat die globale Stahlproduktion im März ein Rekordhoch erreicht (145 Mio. Tonnen). Die Kapazitätsauslastung ist auf 72,7% und damit den höchsten Stand seit Dezember 2014 gestiegen.

Treiber dieser Entwicklung waren wohl die stark gestiegenen Stahlpreise, die zu entsprechend hohen Gewinnen bei den Stahlherstellern geführt haben. Gleichzeitig hat der Weltstahlverband seine Prognose für das diesjährige weltweite Nachfragewachstum von 0,5% auf 1,3% angehoben (auf 1,54 Mrd. Tonnen). Im nächsten Jahr soll die Nachfrage noch um 0,9% zunehmen.

Gründe für die optimistischere Sichtweise des Verbands sind zum einen eine andauernde Erholung der Stahlnachfrage in den Industrienationen und zum anderen ein stärkeres Nachfragewachstum in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Dagegen soll die Stahlnachfrage in China in diesem Jahr stagnieren und im nächsten Jahr sogar um 2% zurückgehen. Das Nachfragewachstum reicht unseres Erachtens aber nicht aus, die Stahlproduktion vollständig aufzunehmen. Denn selbst wenn Letztere jetzt nicht mehr ausgeweitet werden würde, überträfe sie in diesem und auch im nächsten Jahr die Nachfrage.


Agrarrohstoffe

Der Kautschukpreis in Singapur fiel seit Mitte Februar von über 230 US-Cents je Kilogramm auf 160 US-Cents je Kilogramm. Die drei wichtigsten Produzentenländer Thailand, Indonesien und Malaysia erwägen eine Beschränkung der Exporte, um den Preisverfall zu stoppen. Steigende Bestände in China und schlechte US-Autoabsatzzahlen werden als Nachfrageschwäche interpretiert. Das Bild ist allerdings gemischt. Denn die Absatzzahlen für China zeigten allenfalls eine abnehmende Dynamik und die europäischen Autoverkäufe waren rekordhoch.

Angebotsseitig belastet, dass die Produktion Thailands trotz der Überflutungen zu Jahresbeginn das Vorjahresniveau halten dürfte. Auch erwartet die Vereinigung der kautschukproduzierenden Länder, die für 90% des Angebots steht, trotz der Überflutungen in Thailand für 2017 einen Anstieg der Produktion ihrer Mitglieder um 4%. Das International Rubber Consortium aus Thailand, Indonesien und Malaysia, die 70% der Exporte stellen, gibt sich dagegen pessimistischer und erwartet einen Rückgang. Über die globale Marktbilanz 2017 besteht keine Einigkeit.

Olam erwartet einen Überschuss von 144 Tsd. Tonnen, das Analysehaus The Rubber Economist ein Defizit von 300 Tsd. Tonnen und die International Rubber Study Group IRSG einen ausgeglichenen Markt. Für die Folgejahre zeigte sich die IRSG im Dezember optimistisch, dass das Angebot die Nachfrage decken kann. Olam und The Rubber Economist erwarten dagegen für die nächsten Jahre Defizite in Höhe von 250 bis über 300 Tsd. Tonnen. Setzt sich diese Einschätzung durch, dürfte die Preisschwäche bald enden.

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