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Gefangen im Boom-und-Bust-Zyklus

12.06.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Zu (5): Notleidende Kredite. - Es gehört zum Bankgeschäft, dass hier und da auch Kredite notleidend werden und ausfallen. Problematisch wird es jedoch, wenn die notleidenden Kredite (also die Kredite, bei denen die Schuldner in Zahlungsverzug geraten sind oder ihre Zins- und Tilgungsleistungen nicht mehr leisten (können)) Überhand nehmen. Dann wird die in der Regel (hauch-)dünne Eigenkapitaldecke der Banken rasch aufgezehrt. Das ist auch der Grund, warum der Bust in einer hoch verschuldeten Volkswirtschaft so große Probleme verursacht: Er bedroht die Solvenz des Bankenapparates. In vielen Ländern sind die Problemkredite nach wie vor relativ hoch.

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Quelle: Thomson Financial. 1) Unter notleidenden Krediten versteht man üblicherweise Kredite, bei denen der Schuldner sich in Zahlungsverzug befindet (i. d. R. seit mindestens 90 Tagen)


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Abbildung links: Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. 1) Ermittelt als 1 dividiert durch die 10-Jahresrendite der Staatsanleihen.
Abbildung rechts: Quelle: Thomson Financial


Platzen der "Blase"

Die extreme Niedrigzins- und Geldmengenvermehrung der letzten Jahre hat vor allem die Preise auf den Bestandsgütermärkten - Unternehmensbeteiligungen, Aktien, Anleihen, Grundstücke und Häuser - in die Höhe getrieben beziehungsweise inflationiert. Dass sich mittlerweile vor allem auch auf dem Anleihemarkt eine gewaltige "Blase" herausgebildet hat, ist nicht mehr zu übersehen. Doch damit nicht genug: Die künstlich aufgeblähten Anleihekurse (und, spiegelbildlich gesprochen, die künstlich gesenkten Kreditkosten) blähen ihrerseits die Preise in allen übrigen Faktormärkten auf.

Der Mechanismus einer solchen Preisblase ist bekannt. Die Nachfrage steigt nach den preisinflationierten Gütern, weil die Marktakteure damit rechnen, dass die Preise künftig noch weiter ansteigen. Die Käufer hoffen darauf, dass sich künftig Käufer finden, die bereit sind, einen noch höheren Preis zu zahlen. Kommt ein solcher Prozess (man spricht hier auch von einem "Greater Fool’s Game") zu seinem Ende, platzt die Blase. Die Hoffnung der Käufer, dass sich künftig noch jemand findet, der einen noch höheren Preis zahlt, verpufft. Der Ausverkauf setzt ein, die zuvor aufgeblähten Preise sacken in sich zusammen.

Im Fiat-Geldsystem ist ein Rückgang der Preise auf breiter Front äußerst problematisch. Zum Beispiel sehen sich verschuldete Unternehmen plötzlich sinkenden Einnahmen gegenüber und können ihren Schuldendienst nicht mehr leisten. Gleiches gilt für verschuldete Privathaushalte, wenn Arbeitsplätze verloren gehen und die nominalen Löhne fallen. Eine derartige Preisdeflation, verbunden mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung, schwört Kreditausfallsorgen auf den Finanzmärkten herauf, die wiederum die Preisdeflation und die Rezession verschärfen; die Abwärtsspirale dreht sich immer schneller.

Es gibt denkbar viele mögliche Auslöser für das Platzen der Preisblase - geopolitische Krisen, Ölpreisschock, Kreditausfälle, etc. Letztlich ist es jedoch das Funktionieren der internationalen Kreditmaschinerie, die darüber entscheidet, ob der aktuelle Aufschwung weitergeht oder abbricht und in einen Bust umkippt. Aus dem Grund sind die aktuellen Bestrebungen der US-amerikanischen Zentralbank (Fed) von besonderer Bedeutung: Als Welt-Leitzentralbank bestimmt sie in besonderem Maße die Liquiditäts- und Kreditkostenkonditionen in den in-ternationalen und damit auch nationalen Finanzmärkten.


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