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Goldrausch der Kryptowährungen

10.07.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Um zu verstehen, wie das möglich wird, führe man sich Folgendes vor Augen: 1 Bitcoin entspricht 100 Millionen Satoshis (genauso wie 1 Euro 100 Cent entspricht); 1 Satoshi entspricht daher 100 millionstel Bitcoin. Weiterhin sei hier angenommen, dass ein "gefärbter Bitcoin" mindestens 600 Satoshis erfordert. Bei einem Bitcoin-Preis von 2.400 Euro sind 600 Satoshis 0,014 Euro wert.

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Anmerkungen: (1) Nach dem erfolgten Verkauf weist das Goldhandelshaus das Gold nicht mehr in seiner Bilanz aus. Es wird in ein separates Goldlager übertragen und ist nicht mehr im Verfügungsbereich des Goldhandelshauses. (2) Der Marktpreis des "gefärbten Bitcoins" entspricht dem Marktpreis des Goldes plus dem Marktpreis des gefärbten Bitcoins. (3) Wird der Bitcoin „entfärbt“ (wenn er also gegen die Ausgabe von physischem Gold eingelöst wurde), so entspricht sein Marktpreis dem Marktpreis des regulären Bitcoin.


Das Goldhandelshaus "färbt" nun 600 seiner Satoshis, das heißt, die Satoshis kodieren das Eigentum einer Feinunze Gold, das beim Gold-Laden hinterlegt ist und bei Vorlage des "gefärbten Bitcoins" ausgezahlt wird. Herr Schmidt zahlt dem Gold-Laden 1500,014 Euro. Damit erhält er das Eigentum an einer Feinunze Gold und den Satoshis. Der Gold-Laden erhält das Geld und überträgt den "gefärbten Bitcoin" an Herrn Schmidt. Für Herrn Schmidt ist der "gefärbte Bitcoin" ein "Geldersatz", ein "Geldsubstitut", einsetzbar zu Zahlungszwecken oder späterem Eintausch in physisches Gold.


Elektronisches Geld versus Sachgeld - eine Risikobetrachtung

Bekanntlich kann das ungedeckte Papiergeld beliebig vermehrt werden, und vor allem das ist es, was seine Kaufkraft herabsetzt. Es ist sogar möglich, dass das ungedeckte Papiergeld zum Totalverlust wird. Beispiele dafür gibt es in der Währungsgeschichte zuhauf. Man denke nur einmal an die deutsche Papiermark, die durch die Geldpolitik der Deutschen Reichsbank im Herbst 1923 ihre Geldfunktion verlor und durch eine neue Währung, die Rentenmark, ersetzt wurde.

Das ist anders beim Sach- oder Warengeld. Beispielsweise kann Gold- und Silbergeld nicht wertlos werden. Der Grund ist, dass Gold und Silber einen nicht-monetären Wert haben. Selbst wenn sie nicht mehr zu Geldzwecken verwendet werden, haben sie einen Nutzwert für beispielsweise Industrieund Schmuckzwecke. Das erklärt, warum es in der Währungsgeschichte kein Kapitel gibt, in dem Gold und Silber zum Totalverlust geworden sind.

Elektronisches Geld in Form von Kryptowährungen beziehungsweise seine Kaufkraft ist nicht nur auf das Funktionieren der entsprechenden Software angewiesen. Es steht auch im Wettbewerb mit technischen Neuerungen. Kommt eine bessere Lösung auf den Markt, besteht die Möglichkeit, dass die neue Lösung die alte verdrängt - und wenn es keine alternativen Nutzwert für die betroffene Kryptowährung gibt, kann der (Tausch-)Wert in der Tat auf null fallen.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen.
November 2011 = 1


Der Wettbewerb hat begonnen

Das Aufkommen der Kryptowährungen steht vor allem für eines: Währungswettbewerb. Der freie Markt bringt neue Angebote hervor, die die Vormacht beziehungsweise Zwangsmonopolstellung des staatlichen Fiat-Geldes herausfordern.

Geldtheoretisch betrachtet gibt es keinen Grund daran zu zweifeln, dass der freie Markt "gutes Geld" beziehungsweise "besseres Geld" im Vergleich zum staatlichen Fiat-Geld hervorbringen kann (und würde, wenn man ihn lässt).

Im Gegenteil. Geld ist letztlich ein Gut wie jedes andere auch, und wie bei allen Gütern ist der Markt die effizienteste Art und Weise, das Gut Geld zu produzieren.

Wie das Endergebnis des Währungswettbewerbs aussieht, ist vorab nicht mit Sicherheit abschätzbar: Welches Gut gewissermaßen das Rennen macht, ob Bitcoin, Ethereum oder andere Kryptowährungen, oder eine durch Edelmetall-gedeckte, per Blockchain digitalisierte Währung, oder eine Kombination aus einigen wenigen dieser Geldarten, ist aus gegenwärtiger Sicht eine offene Frage.

Die Bitcoin-Fans haben gute Gründe, in der Kryptowährung ein besseres Geld als das staatliche Fiat-Geld zu erblicken. Gleiches gilt auch für die Goldanhänger, die im Bitcoin und seiner Blockchain-Technologie ein "Transportmittel" für physisches Gold sehen, das der Verwendung von Goldgeld ganz neue Möglichkeiten eröffnet.


Zusammenfassung

  • Das Aufkommen der Kryptowährungen steht sinnbildlich für einen "Währungswettbewerb" …,

  • … der das staatliche Zwangsgeldmonopol herausfordert und die Suche nach "besserem Geld" befördert.

  • Geldtheoretisch gesehen lässt sich gegen die Einschätzung, Kryptowährungen könnten künftig das staatliche "Fiat-Geld" ersetzen, nichts einwenden.

  • Käme es dazu, würde das natürlich die Kaufkraft des Fiat-Geldes erheblich schmälern.

  • Eine weitere, auf der Blockchain basierende Neuerung könnte ein digitalisiertes Gold- beziehungsweise Edelmetallgeld sein.

"Bitcoin und Blockchain - eine technologische Revolution", von Aaron Koenig, gehalten auf der Konferenz "Besseres Geld für die Welt" des LUDWIG VON MISES INSTITUT DEUTSCHLAND am 8. Oktober 2016, Hotel "Bayerischer Hof", München. Das Video finden Sie hier.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH
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