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USA im Sanktionsfieber, Japan läuft, ZEW-Index schwächer

19.07.2017  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1533 (07.58 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1511 im europäischen Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 112.16. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129.35. EUR-CHF oszilliert bei 1.1025.

Der Blick geht heute morgen in Richtung Japan. Der Wachstumstreiber USA fällt für die globale Wirtschaft seit 2016 aus strukturellen Gründen zunehmend aus, aber Japans Wirtschaft läuft derzeit dennoch gut. Das hängt definitiv nicht mit aggressiver Reformpolitik zusammen.

Aktuelle Daten implizieren einen Wachstumsclip in der Größenordnung von circa 1,5%. Der heute früh veröffentlichte Reuters Tankan Index passt in dieses Bild. Der Index bewegt sich mit 26 Punkten auf dem höchsten Niveau seit 2007!

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Chart: Reuters Tankan Index


Wenn nicht die USA als exogener Faktor die Wachstumsimpulse liefert, wer ist es dann? Natürlich spielt die Erholung der Eurozone dabei eine Rolle, aber der entscheidende Akzent ist im asiatischen Raum angesiedelt, insbesondere im bilateralen Austauschverhältnis mit China und den international übergreifenden Projekten von "One Belt - One Road".

Wenn also die USA für Japans Wirtschaft an Bedeutung verlieren und China mit dem historischen Projekt „One Belt -One Road“ und der im Hintergrund tragenden Rolle auch Russlands an substantieller Bedeutung für die wirtschaftliche Stabilität Japans gewinnt, ist eine politische Neuausrichtung im Rahmen der ökonomischen Erfordernisse in hohem Maße wahrscheinlich.

Wer den diplomatischen Verkehr der letzten zwölf Monate zwischen Peking, Tokio und Moskau genau beobachtete, konnte eine im historischen Vergleich deutlich erhöhte Intensität erkennen. Diese erhöhte Intensität ist Ausdruck einer politischen Machtachsenverschiebung (muss man die Ukrainekrise mit ihren Folgen der Sanktionen unter diesem Aspekt neu bewerten?).

Wie wird die EU auf diese veränderten Rahmendaten reagieren? Bekanntlich gibt es das Sprichwort "wer zu spät kommt, den bestraft das Leben".

Die USA sind weiter von hoher Bedeutung. Sie haben einen Anteil in Höhe von circa 16% am Welt-BIP (China circa 18%). Die USA setzen immer noch viele Akzente, beispielsweise durch Regime-Change Politik wider internationales Recht, aber das soll hier nicht Thema sein (aktuelles Beispiel Link: http://www.zerohedge.com/news/2017-07-18/murder-green-berets-jordan-exposed-secretive-cia-syria-program-details).

Die USA sind auch im Sanktionsspiel erfahren. Obwohl der Iran ohne Wenn und Aber vertragstreu ist, haben die USA neue Sanktionen gegen den Iran verfügt, da aus Sicht der USA der Iran gegen "den Geist" der internationalen Vereinbarungen verstoße.

Das ist sportlich. Damit sind die USA auf dem Wege, neue internationale Rechtsgeschichte zu schreiben. Es kommt also aus Sicht der USA nicht mehr auf offizielle Vertragstreue an, sondern auf einen Geist.

Nur wer definiert, was dieser Geist ist? Hier wird der Beliebigkeit Tor und Tür geöffnet. Damit wird der Wert internationaler Verträge seitens der USA vollständig unterminiert. Die Weltgemeinschaft hat sich mit aller Kraft gegen derartige Anwandlungen aus den USA zu wehren. Zunehmende Absurdität seitens der USA verlangt eine Nulltoleranzhaltung, wenn Werte und das internationale politische Konstrukt nicht vollständig unter die Räder kommen sollen.

Zusätzlich bereiten die USA laut Agenturmeldungen Sanktionen gegen Venezuela vor. Mittel- und Südamerika sind nach US-Selbstverständnis der Vorhof der US-Macht und offensichtlich wird da auch nicht allzu lange gefackelt. Hoffentlich ist die Weltgemeinschaft in Fragen Süd- und Mittelamerika bei der Beachtung internationaler Rechtsnormen äußerst aufmerksam. Der Track-Record der US-Politik in dieser Region verlangt das.

Der Eindruck, dass der finanzökonomische Machtachsenverlust der USA (rückläufige Anteil der USA am Welt-BIP) zu unüblichen Reaktionen führt, um den mit einer solchen Tendenz verbundenen politischen Machtverlust nicht zuzulassen, drängt sich durch viele außenpolitische Manöver der USA auf. Dieses Spiel mit dem Feuer stellt das größte Risiko für Frieden, Wirtschaft und Stabilität dar. Die Sanktionspolitik als Form der Eskalationspolitik ist eine Facette, die ernst zu nehmen ist.

Der deutsche ZEW-Index konnte gestern nicht überzeugen. Der Sentimentindex sank von 18,6 auf 17,5 Punkte und der Lageindex verlor von 88,0 auf 86,4 Zähler,. Beide Indexniveaus sind jedoch völlig unkritisch. Wir nehmen dieses Geräusch zur Kenntnis, ohne an den positiven Prognosen für Deutschkland und der EU auch nur einen Zentimeter zu wackseln.

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© Moody’s Analytics


In den USA standen die Import- und Exportpreise in Fokus. Sowohl die Importpreise als auch die Exportpreise sanken im Monatsvergleich um 0,2%. Im Jahresvergleich legten die Importpreise um 1,5% nach zuvor 2,3% zu. Die Exportpreise stiegen um 0,6% anch zuvor 1,5%.

Der NAHB-Housing Market Index sank per Berichtsmonat Juli völlig unerwartet von zuvor 66 (revidiert von 67) auf 64 Punkte. Damit markierte dieser Index das tiefste Niveau seit November 2016, dem Wahlmonat Donald Trumps. Offensichtlich nähern sich die Gefühle in den USA Stück für Stück den Realitäten der verfügbaren Cash-Flows an. Gleichwohl signalisiert dieses Niveau angeblich sportliches Wachstum. In wie weit das mit realen und potentiellen Daten belastbar ist, wird sich zeigen. Skepsis ist gewährleistet.

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© Moody’s Analytics


Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.1300-1.1330 dreht den Bias zu Gunsten des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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