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Wie manipuliert ist der Goldpreis? Ein Blick hinter die Kulissen der COMEX

13.09.2017  |  Ronan Manly
Der Goldterminmarkt der COMEX in New York und der Londoner OTC-Markt haben ein gemeinsames Monopol auf die Bildung des internationalen Goldpreises. Grund dafür ist der Umstand, dass das "Gold"-Handelsvolumen und die "Liquidität" an diesen Märkten am höchsten sind. Allerdings werden weder in New York noch in London tatsächlich physische Goldbarren gehandelt. Die beiden Handelsplätzen sind entscheidend für die Entwicklung des Goldpreises, obwohl dort lediglich verschiedene Formen von Goldderivaten die Besitzer wechseln.

Alles in in allem hat die von der CME Group betriebene COMEX einen noch größeren Einfluss auf den internationalen Goldpreis als der Londoner Markt. Dies führen Akademiker darauf zurück, dass es sich bei der COMEX um eine elektronische Plattform mit geringen Transaktionskosten handelt, die zudem große Hebel ermöglicht und es den Tradern "erlaubt, den Handel mit dem zugrundeliegenden Asset zu vermeiden" (d. h. an der COMEX sind die Marktteilnehmer nicht gezwungen, mit echtem Gold zu handeln). Aufgrund dieser Eigenschaften spiele die COMEX "eine unverhältnismäßig große Rolle bei der Goldpreisfindung."

Mehr als 95% des Handels mit Goldfutures an der COMEX finden an der elektronischen Handelsplattform Globex statt, der Rest läuft größtenteils über die ebenfalls elektronische Plattform Clearport, an der die CME außerbörsliche Termingeschäfte abwickelt. Parketthandel findet am Goldterminmarkt praktisch gar nicht mehr statt.

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Handel durch Zuruf: eine ferne Erinnerung am Goldterminmarkt der COMEX


Die Existenz von Preismanipulationen in London und an der COMEX ist gut dokumentiert und schwer zu widerlegen. In der Vergangenheit haben die Manipulationen verschiedene Formen angenommen, z. B.:

  • Ende der 2000er Jahre haben sich die Trader der Bullionbanken in Chatrooms abgesprochen, um den Goldpreis zu beeinflussen, wie die aktuelle Sammelklage vor den New Yorker Gerichten zeigt.

  • Barclays hat 2012 den Preis beim Londoner Goldfixing manipuliert, um Barauszahlungen an Kunden zu vermeiden, die mit ihren Optionen andernfalls einen Gewinn gemacht hätten.

  • Die US-Börsenaufsicht CFTC ermittelt seit Kurzem wegen Spoofing gegen Trader, die an der CME Goldfutures gehandelt hatten.

  • Am Goldterminmarkt kommt es häufig zu unerklärlichen Flashcrashes, die nicht in Verbindung zu Ereignissen oder Entwicklungen am physischen Goldmarkt stehen.

Der letzte Punkt, die Flahscrashes, ist für die COMEX besonders relevant. Viele Leser werden schon von mehreren Flashcrashes des Goldpreises am Futuresmarkt gehört haben, bei denen große Mengen an Goldterminkontrakten innerhalb kürzester Zeit leerverkauft werden (z. B. innerhalb von 10 oder 20 Sekunden). Infolgedessen stürzt der Kurs innerhalb dieses kurzen Zeitraum wie im freien Fall nach unten.

  • Am 26. Juni dieses Jahres brach der Goldpreis an der COMEX innerhalb von 15 Sekunden beispielsweise um fast 1,5% ein, während gleichzeitig ein enormer Anstieg des Handelsvolumens auf mehr als 18.000 August-Futures (entspricht 56 Tonnen Gold) in einer Minute verzeichnet wurde.

  • Am 6. Januar 2014 fiel der Preis, ebenfalls vor dem Hintergrund eines hohen Handelsvolumens, in nur wenigen Sekunden um mehr als 30 $, von 1.245 $ auf 1.215 $. Die CME war dadurch zu einer vorübergehenden Unterbrechung des Handels gezwungen.

  • Am 12. April 2013 kam es an der COMEX zu zwei Wellen von aggressiven Verkäufen in Höhe von mehr als 13,4 Millionen Unzen (mehr als 400 Tonnen) Gold, die während der frühen Handelsstunden in London getätigt wurden und den Preis um mehr als 5% einbrechen ließen. Am darauf folgenden Montag, 15. April, fiel der Goldkurs an der COMEX um weitere 10%

Ob diese Flashcrashes das Ergebnis von Tradingfehlern, mangelnder Liquidität am Terminmarkt oder einprogrammierten Handelsmustern sind, oder ob sie mit Absicht herbeigeführt werden, ist umstritten. Vorsätzliche Eingriffe, bei denen ein Marktteilnehmer eine Order mit dem Ziel platziert, den Kurs der Goldfutures nach unten zu drücken, sind aber definitiv möglich.

Nicht alle Short-Strategien müssen jedoch einen oder mehrere sehr umfangreiche Verkäufe in kurzer Zeit beinhalten. Eine Short-Strategie muss den Kurs letztlich nur unter eine bestimmte Schwelle drücken, um Stopp-Loss-Orders oder die Reaktion bestimmter Algorithmen auszulösen, die sich am Preis der Goldfutures orientieren. Sobald die Marktstimmung durch einen rasanten Kursrückgang ausreichend getrübt ist, kann sich das über den ganzen Tag oder sogar mehrere Tage hinweg auf das Sentiment im gesamten Goldsektor auswirken.

Doch abgesehen von den möglichen oder wahrscheinlichen individuellen Preismanipulationen sollte man sich bewusst zu machen, dass schon die Struktur und die Funktionsweise der COMEX ein System schafft, das den Handel mit großen Mengen an Goldfutures praktisch im Vakuum ermöglicht. Es besteht keinerlei Verbindung zum physischen Bullionmarkt und zu den Groß- und Einzelhändlern, die Goldmünzen und -barren anbieten. Es besteht noch nicht einmal eine Verbindung zu den physischen Goldbeständen, die in den zugelassenen Lagereinrichtungen der COMEX verwahrt werden (die Lagerhäuser oder Tresore).


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