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Gold ist die verlässliche Währung in unsicheren Zeiten

04.09.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Marktrisiken und Goldpreis

Marktrisiken könnten ebenfalls Erklärungskraft für die kurzfristige Goldpreisentwicklung haben. Sie lassen sich in unterschiedlicher Weise messen. Beispielsweise in Form von Zinsunterschieden. Sind zum Beispiel die Zinsunterschiede zwischen Anleihen schlechter und guter Kreditnehmer hoch (niedrig), spricht das tendenziell für ein hohes (niedriges) Risikoempfinden der Marktakteure. Oder fallen die Kursschwankungen an der Börse groß (klein) aus, verspüren die Investoren große (kleine) Risiken.

Ebenfalls ein Anzeichen für eine angespannte Marktlage ist der Abstand zwischen An- und Verkaufspreisen. In angespannten Marktlagen zum Beispiel weiten sich die Geld- Briefspannen meist stark aus - ein Zeichen abnehmender Marktliquidität und steigender Preisrisiken.


Finanzmarkt-Stressindikator

Das Problem mit den Maßgrößen für Marktrisiken ist, dass die Zentralbanken sie mit ihrer Zins- und Geldvermehrungspolitik quasi eingeschläfert haben. Wie Abb. 4 zeigt, ist der "Finanzmarktstress-Indikator" - der eine ganze Reihe von "Stress-Größen", insbesondere aus den Zins- und Aktienmärkten verarbeitet abbildet - mittlerweile auf ein sehr niedriges Niveau gefallen. Es zeigt sich dabei auch, dass der trendmäßige Rückgang der Risikosorgen in den Finanzmärkten, der bereits ab Ende 2001/Anfang 2002 einsetzte, mit einem steigenden Goldpreis einherging.

Das hängt vermutlich damit zusammen, dass die US-Zentralbank das Platzen des "New Economy"-Booms 2000/2001 mit einer Politik des billigen Geldes "bekämpfte". Das Risiko von Zahlungsausfällen und einem "Einfrieren der Märkte" wurde dadurch von den Investoren gering(er) eingeschätzt. Das änderte sich im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, als im September 2008 die amerikanische Investmentbank Lehman Brother zahlungsunfähig wurde. Die Zentralbanken öffneten daraufhin aber sogleich wieder die Geldschleu-sen, und die Risikosorgen gingen zurück - fielen sogar danach auf den bisher niedrigsten Stand.

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Quelle: Thomson Financial. (1) Ein steigender (fallender) Wert bedeutet eine Zunahme (Abnahme) des "Finanzmarktstresses".


Dass der Goldpreis auf die Risiken, die die Finanzmarktakteure auf den Finanzmärkten verspüren, reagiert, liegt auf der Hand. Denn Gold wird bekanntermaßen neben seiner industriellen Verwendung auch wegen seiner "Versicherungsfunktion" nachgefragt: Die "Währung Gold" trägt, anderes als Bankeinlagen und (kurzlaufende) Schuldpapiere, kein Entwertungs- beziehungsweise Ausfallrisiko. Wie ist dann der Goldpreisverlauf in Abb. 4 zu interpretieren? Vermutlich war der "Rohstoffpreis-Boom" zu Beginn des 21. Jahrhunderts die richtungstreibende Kraft.

Als die Kreditmarktkrise im Sommer 2008 immer schlimmer wurde und der Rohstoffpreis-Boom platzte, war der Preisrückgang des Goldes nur von kurzer Dauer. Der Preisanstieg setzte sich fort bis zum September 2011, als der Goldpreis seinen bisherigen Hochpunkt von mehr als 1.900 US-Dollar pro Feinunze erreichte. Dafür war vermutlich vor allem auch die expansive Geldpolitik verantwortlich, die nicht nur die Zinsen auf historische Tiefstände drückte, sondern auch die (Basis-)Geldmenge in die Höhe trieb. Danach setzte ein Preisrückgang beim Gold ein. In der ganzen Zeit - mit Ausnahme 2008/2009 - sank der "Marktstress-Indikator" im Trendverlauf auf immer niedrigere Niveaus.

Abb. 4 könnte also dahingehend interpretiert werden, dass der Goldpreis keine positive Reaktion zum steigenden Marktstress gezeigt hat (und umgekehrt). Hat Gold also vielleicht gar keine Risikoabsicherungsfunktion? Die Antwort liegt nahe, wenn man "handelsübliche" Marktstress-Indikatoren unkritisch verwendet. Doch Vorsicht: Die Stress-Indikatoren werden vor allem auf Basis von gängigen Marktzinsen errechnet - die allesamt mehr oder weniger stark von der US-Zentralbankpolitik beeinflusst sind. Mit anderen Worten: Der Finanzmarktstress-Indikator zeigt vermutlich die wirkliche Risikosorge der Marktakteure gar nicht richtig an - beziehungsweise die Risikosorge der Investoren lässt sich nicht (so ohne weiteres) aus den Konditionen in den Kreditmärkten ablesen.


Risikoprämie in den Aktienmärkten

Lassen Sie uns daher ein anderes Maß des Risikos betrachten, und zwar die Risikoprämie in den Aktienmärkten. (Für eine Ermittlung siehe die Ausführungen in der nachstehenden grauen Box.) Denn die Aktienmärkte sind vermutlich weniger stark beeinflusst von der Geldpolitik als die Zinsmärkte. Das liegt daran, dass die Zinsen - die von der Geldpolitik maßgeblich beeinflusst sind - zwar ein wichtiger Faktor für die Bewertung der Aktienmärkte, sind aber nicht der alleinige Einflussfaktor. Die Risikoprämie spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, und sie unterliegt nicht direkt oder in gleichem Maße wie der Zins der geldpolitischen Einflussnahme.

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