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Euro für alle

17.09.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Währungswettbewerb

Heutzutage ist in allen entwickelten Volkswirtschaften ein staatliches (Zwangs-)Monopolgeldsystem anzutreffen - ein "unnatürliches" Währungssystem, das unter ökonomischen und ethischen Defiziten leidet (wir haben das ein oder andere Mal in unseren Publikationen darauf hingewiesen). Das staatliche Zwangsmonopolgeld verliert seine Kaufkraft im Zeitablauf (es ist chronisch inflatonär), es verursacht eine nicht-marktkonforme Umverteilung von Einkommen und Vermögen, es sorgt für Störungen im Wirtschaftsleben (sorgt für "Boom-und-Bust"), und es treibt die Volkswirtschaften immer tiefer in den Verschuldungssumpf. Ob US-Dollar, Euro, japanischer Yen oder Schweizer Franken: Unter diesen Problemen leidet jede der staatlich monopolisierten "Fiat-Währungen".

Nun kann man allerdings argumentieren, dass es besser ist, wenn es nicht nur eine, sondern wenn es mehrere dieser Fiat-Währungen nebeneinander gibt. Warum? Herrscht ein "Währungswettbewerb" - hat also jeder Geldhalter prinzipiell die Möglichkeit, von einer Fiat-Währung in eine andere zu wechseln -, übt das eine disziplinierte Wirkung auf die Geldproduzenten - die staatlichen Monopolzentralbanken - aus: Sie werden angehalten, die Macht über die Geldmengenvermehrung nicht (übergebührlich) zu missbrauchen.

Wenn zum Beispiel die Europäische Zentralbank (EZB) die Euro-Geldmenge stärker ausweitet als die US-amerikanische Zentralbank (Fed), können die Euro-Bürger der Inflation des Euro entkommen, indem sie ihre Euro verkaufen und stattdessen US-Dollar halten. Wenn die Euro-Geldhalter eine solche Ausstiegsmöglichkeit ("Exit") haben, darf die EZB die Euro-Geldmenge nicht allzu stark ausweiten (inflationieren), denn ansonsten schwindet die Euro-Nachfrage, und die Einheitswährung büßt ihre Marktfähigkeit ein. Mit anderen Worten: Der Währungswettbewerb schützt die Geldhalter vor dem politischen Missbrauch mit der elektronischen Notenpresse.

Wenn die Geldhalter die Möglichkeit haben, von einer auf andere Währungen ausweichen zu können, ist das noch aus einem weiteren Grund positiv für sie: Es muss nicht immer missbräuchliches Kalkül sein, durch die der Währungswert ruiniert wird. Es können auch schlichtweg fehlerhafte Entscheidungen der Zentralbankräte sein, die sich in der Folge als inflationär oder in einer anderen Weise schädlich für das Wirtschafts- und Gesellschaftsleben erweisen. Also auch aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet, ist es für den Geldverwender besser, wenn es nicht nur eine, sondern wenn es mehrere Fiat-Währungen gibt.


Währungsmonopol

Aus Sicht derjenigen, die einen starken Zentralstaat wünschen, ist jedoch bereits der Währungswettbewerb, der zwischen nationalen Fiat-Währungen besteht, ein Dorn im Auge. Zum einen engt er den Spielraum ein, den immer größer werdenden Geldhunger des Staates per Kreditaufnahme - und damit über die regulären Steuereinnahmen hinaus - stillen zu können.

Zum anderen ist das Schaffen großer politischer Einheiten schwierig(er), wenn die Teilnehmerstaaten über eigene Währungen verfügen. Sie sind dann nämlich für ihre Geschicke selbst verantwortlich, sind dadurch prinzipiell unabhängiger und lassen sich nicht so einfach auf eine einheitliche "politische Linie" bringen. Es ist daher alles andere als zufällig, dass die Befürworter eines einheitlichen Europas - vor allem die Befürworter eines europäischen Zentralstaatkonzeptes - auf die Vereinheitlichung der Währungen pochen und den Euro möglichst rasch in möglichst vielen EU-Ländern zur offiziellen Währungen machen wollen.


Währungsehe

Der Euro ist nicht nur ungedecktes Geld, eine Fiat-Währung - mit allen ökonomischen und ethischen Defiziten behaftet, unter denen diese Geldart nun einmal leidet. Er ist vor allem auch die Einheitswährung für eine Vielzahl von Menschen, die sich sprachlich und kulturell ganz erheblich unterscheiden. Kann das auf Dauer gut gehen? Ja, meinen die unermüdlichen Euro-Befürworter. Die Menschen in den Teilnehmerstaaten unterwerfen sich dazu ganz einfach gemeinsamen Regeln. Und hat man den Euro erst einmal eingeführt, wird auch die Einsicht und Bereitschaft aller Mitglieder wachsen, die Regeln dieser "Währungsehe" verantwortungsbewusst und erfolgreich zu leben.

Diese Erwartungshaltung hat sich bislang allerdings nicht erfüllt. Im Gegenteil; man denke nur einmal an die mangelnde Fiskaldisziplin. Und es ist auch nicht zu erwarten, dass es künftig besser wird - weder in der aktuellen Zusammensetzung des Euro-Währungsraumes noch in einer um zusätzliche Mitglieder erweiterten Konstellation. Das Problem liegt nämlich im Euro-Fiat-Geld selbst:

Es ist eine Geldart, die notwendigerweise immer wieder zu schweren Krisen führen wird, die Gewinner und Verlierer einer monetären Zwangsumverteilung schafft, die nicht nur innerhalb der nationalen Grenzen, sondern auch über nationale Grenzen hinweg abläuft. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass unter diesen Bedingungen die zwischenstaatlichen Konfliktpotentiale mit einer einheitlichen Fiat-Währung höher ausfallen werden im Vergleich zu einem Nebeneinander mehrerer Fiat-Währungen.

Die in diesem Artikel formulierte Kritik betrifft daher nicht nur die angedachte Euroraum-Erweiterung, sondern auch die Euro-Währungsgemeinschaft in ihrer aktuellen Zusammensetzung.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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