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Macrons Vorlage - Der Kern des USA-Problems!

27.09.2017  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1772 (07.57 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1758 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 112.43. In der Folge notiert EUR-JPY bei 132.37. EUR-CHF oszilliert bei 1.1440.

In Kontinentaleuropa tut sich etwas. Ein Werftenverbund wird derzeit zwischen Italien und Frankreich angestrebt. Es kommt zu der Zusammenlegung der Bahnsparten von Alstom und Siemens. Hier werden Antworten geliefert, die sich aus der internationalen Konkurrenzlage an den Weltmärkten ergeben. Diese Tendenzen sind Ausdruck einer veränderten Kalibrierung im Kapitalstock Kontinentaleuropas, um bei den globalen Projekten, die jetzt angeschoben werden ("One Belt - One Road", Infrastruktur USA, EU …), konkurrenzfähig agieren zu können.

Der französische Präsident lieferte gestern eine beachtenswerte Rede zu der weiteren Entwicklung Kontinentaleuropas. Es gilt, eine Sequenz daraus besonders in Augenschein zu nehmen, weil die Entwicklungen in Osteuropa (EU-Expansion bei nivellierten Eintrittsstandards fällt uns auf die Füße), insbesondere in Warschau (Nationalismus, Demokratiedefizite, in Mission von US-Interessen?), massive Fragen bezüglich europäischer Werte und kontinentaleuropäischer Loyalität aufwerfen.

O-Ton Macron: "Die EU-Staaten mit einer gemeinsamen Vision könnten in den nächsten Wochen eine Gruppe zur Neugründung Europas bilden."

Fakt ist, dass die EU-27 in einer sich dynamisch verändernden Welt nicht angemessen handlungsfähig ist. Ein politisch geeintes Kerneuropa ist bezüglich der kommenden Herausforderungen eine faktisch zwingende Option. Macron ist hier zuzustimmen. Die "politische Pubertät", in der sich die Struktur Kontinentaleuropas auch dank des UK (Verhinderung von politischer Integration innerhalb der EU) befindet, muss ein Ende haben.

Der Kern des US-Problems!

Um die diffizile US-Konjunktursituation zu ermessen, kommt man um die ungleiche US-Einkommensverteilung nicht herum. Diese Einkommensverteilung ist so bedeutend, weil die US-Konjunkturlage von der Kraft der Konsumenten abhängt. Circa 70% der US-Wirtschaftsleistung sind mit dem Konsum korreliert. Bei der US-Einkommensverteilung gibt es zwei Messmethoden:

  • 1. Durchschnittseinkommen (Mean - Average)
  • 2. Mittlere Einkommen (Median - Middle)

Diejenigen die dem Durchschnittseinkommen folgen, werden das US-Konsumproblem und damit das US-Konjunkturproblem nicht erkennen können. Fakt ist, dass die Einkommensungleichheit in den USA ausgesprochen hoch ist. Darüber ist genügend Lektüre verfügbar. Aus diesem Grund gehen wir auf die Analyse dieser Daten hier nicht ein.

Die Skaleneffekte für die US-Wirtschaft bezüglich Konsum und Konsumverschuldung sind mit dem mittleren Einkommen korreliert.


Um es plastisch darzustellen:

Wie verändert sich das Konsumverhalten, wenn sich das Einkommen einer Einzelperson pro Jahr von 1 Mio. USD auf 1,5 Mio. USD erhöht? In einer durchschnittlichen Betrachtung wird der Begünstigte weder mehr essen noch mehr trinken oder noch mehr Autos anschaffen. Der Konsumeffekt ist bestenfalls gering. Vielleicht ist ein Traumhaus in Südfrankreich auf der Wunschliste (keine Wirkung auf US-BIP) oder das zusätzliche Einkommen wird an den Finanzmärkten allokiert und entwickelt kaum realwirtschaftliche Traktion in den USA.

Bei den mittleren Einkommen ist eine Veränderung von beispielsweise 59.000 USD auf 62.000 USD sehr wohl von realwirtschaftlicher Bedeutung. Neue Einrichtungsgegenstände oder ein erhöhtes Lebenshaltungsniveau (Nahrungsmittel) oder eine Investition in Bildung dürfen wir hier als realwirtschaftlich relevante Ausgabemöglichkeiten definieren.

Die Divergenz zwischen Durchschnittseinkommen und mittleren Einkommen lag per 1967 bei wenigen USD des mittleren Einkommens zu Gunsten der Durchschnittseinkommen (Chart folgende Seite).

Laut dem US Census Bureau stellte sich die nominale Divergenz per 2016 auf 24.000 USD oder circa gut 40% der mittleren Einkommen. Diese Entwicklung ist prekär. Sie unterhöhlt über die Einkommensseite die Nachhaltigkeit des US-Geschäftsmodells. Der Hintergrund dieser Entwicklung hat entscheidend mit der Boskin-Kommission Mitte der 90er Jahre zu tun. Link: https://en.m.wikipedia.org/wiki/Boskin_Commission

Seinerzeit wurde unterstellt, dass der Ausweis der Preisinflation zu hoch sei. Es wurden neue Methoden appliziert, die einen geringeren Ausweis der Preisentwicklung zur Folge hatten. Dazu gehörten Surrogatansätze und hedonistische Berechnungsmethoden (Siehe Buch "Endlich Klartext").

Der US-Ökonom John Williams berechnet die Preisinflation nach den Grundlagen vor der Veränderung durch die Boskin-Kommission auf der Basis der Regeln des Jahres 1990. Die Divergenz zu den aktuellen Daten wird in nachfolgendem Chart offensichtlich. Es ergibt sich demnach ein Unterschied in der Größenordnung von circa gut 3,5%.


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