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Die Rückabwicklung des Fed-Experiments - Eine kurze Erklärung

02.10.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. (1) Die Grafik zeigt, um wieviel Prozentpunkte das Geldmengenwachstum pro Jahr fällt, wenn die Fed wie geplant ihre Bilanz schrumpft. Annahme: M1 und M2 bleiben konstant bei ihrem Wert vom August 2017.


Wenn die Fed ihren Plan in die Tat umsetzt, werden zunächst kleine und dann immer größere Anleihebeträge fällig, die von der Fed nicht mehr reinvestiert werden; bis Oktober werden es 50 Mrd. US-Dollar pro Monat sein. Reinvestiert die Fed nicht mehr in die Staatsanleihen, schrumpfen Basisund Geschäftsbankengeldmenge (M1 beziehungsweise M2). Bleibt die Reinvestition in Hypothekenanleihen aus, schrumpft nur die Basisgeldmenge. Bezogen auf M1 und M2 wird der Fed-Plan ab Oktober 2017 das jährliche M1-Wachstum um schätzungsweise 10,1 Prozent, das der M2-Geldmenge um knapp 2,6 Prozent verringern. Könnte das zu einem Problem führen?

Nicht notwendigerweise. Es wird vielmehr darauf ankommen, dass (1) die Schuldner der fällig werdenden Anleihen (also vor allem die US-Regierung und die privaten Hypothekenschuldner) in der Lage sein werden, neue Kredite von US-Banken zu erhalten. Und dass (2) die Fed den US-Banken bei Bedarf über reguläre Offenmarktgeschäfte neues Basisgeld zu niedrigen Zinsen bereitstellt. Unter diesen beiden Bedingungen wird der Liquiditätsabfluss aus dem Bankensystem, für den der Fed-Plan sorgt, kompensiert.

Mit anderen Worten: Die Fed zieht sich aus der Kreditvergabe zurück, und der US-Bankensektor springt in die Bresche. Die Kreditmärkte müssen allerdings aufnahmefähig bleiben. Vor allem ist das Engagement der Banken erforderlich, denn nur ihre Kreditvergabe (oder Anleiheaufkauf) erhöht die Geldmenge.


Damit es nicht zu einer ungewollten Kredit- und Geldmengenverknappung kommt ("Credit Crunch"), muss folglich die aus dem Bankenapparat abgezogene Liquidität wieder ersetzt werden. Das geschieht quasi automatisch, wenn der US-amerikanische Bankenapparat willens und in der Lage ist, fällige Kredite an die US-Regierung und die Hypothekenbanken (die die Fed fortan nicht mehr gewährt) durch neue zu ersetzen.

Der Rückbau der Fed-Bilanz läuft letztlich darauf hinaus, dass die US-Notenbank sich aus dem Kreditvergabegeschäft zurückzieht, und die US-Geschäftsbanken die dadurch entstehende Angebotslücke im Kreditmarkt schließen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies ohne Erschütterungen ablaufen kann, ist recht hoch. Dafür wird die Fed schon sorgen.


Sicherheitsnetz

Die Fed hat nämlich de facto ein "Sicherheitsnetz" unter der US-Wirtschaft und den Finanzmärkten aufgespannt - hat quasi eine Versicherung ("Zentralbank-Put") gegen Konjunktureinbruch und den Verfall der Finanzmarktpreise ausgesprochen. Das dürfte die Erwartungshaltung auf den Finanzmärkten entscheidend prägen - beflügelt zudem von der Erfahrung der letzten Dekade.

Die geldpolitischen Manöver im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 haben den Finanzmarktakteuren unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass die Fed nicht nur die Konjunktur, sondern auch die Finanzmärkte vor einem Einbrechen bewahren will. Das ermutigt jetzt Investoren, Risiken einzugehen, die sie ohne das Sicherheitsnetz der Fed nicht eingehen würden.

Die Fed kann daher die Leitzinsen (leicht) anheben und die Überschussliquidität im Bankenapparat reduzieren, ohne das Wirtschafts- und Finanzmarktgeschehen durcheinander zu bringen: Solange die Investoren zuversichtlich sind, dass die Fed, sollte sich die Lage plötzlich eintrüben, wieder zu ihrer "Rettungspolitik" greift, bleibt ihre Risiko- und Investitionsfreude erhalten, selbst wenn jetzt die Fed ihr großes Experiment rückabzuwickeln scheint.(*)

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Abbildung links: Quelle: Thomson Financial
Abbildung Mitte: Quelle: Thomson Financial. (1) Credit Default Swap Spread in Basispunkten für 5-jährige Bankschuldverschreibungen
Abbildung rechts: Quelle: Thomson Financial


Die Währung Gold

Solange das Sicherheitsnetz aufgespannt bleibt - und danach sieht es aus -, ist daher auch an eine Normalisierung der Preisbildung auf den Finanzmärkten nicht zu denken. Die Märkte rechnen vermutlich damit, dass die US-Geldpolitik die Wirtschaft und die Finanzmärkte weiter monetär antreiben wird. Die Folgen sind absehbar: Früher oder später wird es erneute Erschütterungen in der internationalen Kredit- und Geldarchitektur geben.

Die Reaktion auf eine erneute Krise ist absehbar: Die Zentralbanken werden rasch zur extrem expansiven Geldpolitik - Null- oder Negativzins, Anleihekäufe und Geldmengenvermehrung - zurückkehren. Denn Kredit- und Zahlungsausfälle aufgrund von Finanzmarkterschütterungen werden politisch weit mehr gefürchtet als die Folgen, die von einer Flutung der Märkte und des Banksystems mit neuem, aus dem Nichts geschaffenem Geld rühren.

Das Risiko, das daraus für den Anleger erwächst, macht das Halten von Gold vernünftig: als Währung und als Versicherung gegen die Widrigkeiten des ungedeckten Papiergeldsystems. Als Teil der liquiden Mittel ist Gold ein "natürlicher" Konkurrent zu US-Dollar, Euro und anderen ungedeckten Währungen. Zudem dient Gold als Schutz: Es kann weder durch die Geldpolitik entwertet werden, noch trägt es (wie Bankeinlagen) ein Zahlungsausfallrisiko.

(*) Siehe hierzu auch die Veröffentlichung "The Fed Remains on Course - to Trouble", 26. Juli 2017, veröffentlicht beim Ludwig von Mises Institut, Auburn, US Alabama.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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