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Die Welt steht Kopf

06.11.2017  |  John Mauldin
- Seite 5 -
  • der Aufstieg der ETFs und die damit einhergehende Verbreitung von Risk-Parity-Strategien, sowie die zunehmende Orientierung an Volatilitätstrends, d. h. die Vorherrschaft von Strategien, die den Gott des Preismomentums anbeten und mit "Wert", Bilanzen und Gewinnrechnungen nichts anfangen können

  • der verminderte Einfluss von aktiven Investoren wie den Hedgefonds und das Ausfüllen der Lücke durchs ETFs und Quants

  • die Entstehung einer fast allgegenwärtigen "Buy-the-dip"-Mentalität und -Konditionierung

Dazu kommen die riskanten Positionierungen der Spekulanten und sonstigen Marktteilnehmer:

  • Diese haben von Short-Positionen auf die Volatilität profitiert und sich durch den Leerverkauf von VIX- und VXX-Futures so einseitig positioniert, dass jeder kleine Abverkauf an den Märkten dadurch höchstwahrscheinlich verstärkt würde. Es besteht daher die Gefahr, dass diese Positionen eine ähnliche Rolle spielen wie die Portfolioabsicherung bei einem früheren Marktcrash.

  • Das wird die gehebelten Risk-Parity-Portfolios wiederum dazu zwingen, ihre Risiken zu verringern und so die Chance auf eine schnelle Erholung der Kurse mindern.

  • Letztlich könnte eine solche Entwicklung das Ende der aktuellen Aufwärtsdynamik bedeuten. Wenn die ETFs beginnen zu verkaufen, welche Käufer bleiben dann noch übrig?

Der obenstehende Chart, der die wachsende Unsicherheit über die künftige Richtung der Geldpolitik zeigt, ist sowohl erschreckend als auch erhellend. Die US-Notenbank Federal Reserve, aber auch die EZB und die Bank of Japan, haben keine Mühen gescheut, um sicherzustellen, dass die Finanzmittel, die sie mit Hilfe der quantitativen Lockerungen in den Markt gepumpt haben, auch dazu beitrugen, dass es an den Finanzmärkten und in der Wirtschaft wieder aufwärts geht.

Jetzt, da sie vorhaben das Geld wieder vom Tisch zu nehmen, erklären die Notenbanker uns, dass das keine Auswirkungen auf die Märkte haben wird. Alle Daten, die ich Ihnen in diesem Artikel präsentiert habe, deuten darauf hin, dass die als "quantitative Straffungen" oder "QT" bezeichneten Maßnahmen unter den Investoren nur Schulterzucken hervorrufen. Ich kann verstehen, dass die Zentralbanker die Notwendigkeit verspüren "nachzuladen", indem sie die Zinsen erhöhen, damit sie beim nächsten Abschwung wenigstens ein paar Patronen haben, die sie abfeuern können.

Allerdings glaube ich ehrlich gesagt auch, dass die kurzfristigen Zinssätze gar nicht allzu hoch wären, wenn sie den Markt einfach in Ruhe lassen würden. Wenn die Rendite der 30-jährigen US-Staatsanleihe noch immer unter 3% liegt, was können wir dann in Bezug auf die Inflationserwartungen schlussfolgern? Und was sagt uns das über die Erwartungen bezüglich kurzfristiger Geldmarktinstrumente?

Zugegeben, der Umfang von QT in diesem Jahr ist unbedeutend. Doch danach werden die Maßnahmen rasch ausgeweitet. Mindestens zwei der möglichen Kandidaten für den Vorsitz der Fed haben die Notenbank erst kürzlich dafür kritisiert, dass sie den Leitzins nicht schneller erhöht. Sie haben sich zwar nicht ausdrücklich zur Bilanzsumme geäußert, doch es ist anzunehmen, dass sie mit der Kürzung fortfahren würden.

Ich nehme den Notenbankern die Behauptung ganz einfach nicht ab, dass QE so weitreichende Auswirkungen auf die Märkte und die Immobilienpreise haben konnte, während QT angeblich keinerlei Einfluss hat. In den 1930er Jahren hat die Federal Reserve ihre Bilanz ebenfalls deutlich erhöht. Anschließend haben die Notenbanker sie nicht mehr angetastet. Die Wirtschaft wuchs und in den folgenden Jahrzehnten interessierte sich niemand mehr für die Bilanzsumme.

Ich weiß nicht, warum die Fed heute nicht einfach das Gleiche tun kann. Abgesehen von den Kursen an den Finanzmärkten gibt es praktisch keine nennenswerte Inflation und es macht sich auch niemand Sorgen darum. Wir alle wollen, dass der Wert unserer Aktien und Immobilien immer weiter steigt, also hat die Zentralbank eigentlich keinen Grund, etwas gegen Inflationsängste zu unternehmen. Die Zinsen zu erhöhen und gleichzeitig die quantitativen Straffungen einzuleiten, scheint mir unnötig riskant zu sein - zumal die Notenbank genau das plant, während an den Märkten der größte Bullenmarkt der Selbstgefälligkeit herrscht, den ich je erlebt habe.

Glauben die Zentralbanker wirklich, dass es keine negativen Folgen für die Assetpreise haben wird, wenn sie die Bilanz der Fed im Laufe der nächsten paar Jahre um mehrere Billionen Dollar reduzieren? Glauben sie im Ernst, dass die Märkte überhaupt nicht reagieren werden? Und lohnt es sich wirklich, dieses Risiko einzugehen?

Erinnern Sie sich an die Fernsehshow "Hill Street Blues"? Wenn Sergeant Phil Esterhaus das tägliche Briefing beendete und seine Polizisten auf Patrouille schickte, sagte er immer: "Seien Sie vorsichtig da draußen."


© John Mauldin
www.mauldineconomics.com


Dieser Artikel wurde am 14. Oktober 2017 auf www.mauldineconomics.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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