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Goldpreismanipulationen: Angeklagte mit Motiv und entsprechenden Möglichkeiten, aber kein Verbrechen?

04.11.2017  |  Steve Saville
Wenn ein Strafverfolger in einem Mordprozess die Schuldfrage klären will, wird er in den meisten Fällen versuchen zu zeigen, dass der Angeklagte ein Motiv, die Fähigkeit und die Gelegenheit hatte, den Mord zu begehen. Bevor diese Fragen erörtert werden können, muss es jedoch Hinweise darauf geben, dass überhaupt ein Mord geschehen ist. Einer der grundlegenden Fehler derjenigen, die die Geschichten von der Manipulation der Goldpreise verbreiten, ist es, dass sie sich auf Motive, Möglichkeiten und Gelegenheiten konzentrieren, ohne zuerst nachzuweisen, dass überhaupt ein Verbrechen stattgefunden hat. Das Verbrechen wäre es in diesem Fall, den Goldpreis so zu beeinflussen, dass seine Entwicklung den zugrundeliegenden Fundamentaldaten des Marktes durchweg widerspricht.

Bevor wir den Mangel an Beweisen für das Vorliegen eines Verbrechens thematisieren, wollen wir einen Blick auf die anderen Argumente werfen, denn selbst die sind nicht stichhaltig. Es kann zunächst einmal kein Zweifel daran bestehen, dass das Bankenkartell, bestehend aus Zentralbanken und Geschäftsbanken, ausreichend Gelegenheit zur Manipulation der Preise hat, da die Banken wichtige Akteure an den Finanzmärkten sind. Es ist jedoch keineswegs abschließend geklärt, ob das "Kartell" auch in der Lage ist, den Goldpreis auf eine Weise zu beeinflussen, die über geringe und äußerst kurzfristige Kursschwankungen hinausgeht.

Eine beliebte Geschichte ist die von der langfristigen Manipulation der Kurse mit Hilfe "ungedeckter" oder "nackter" Leerverkäufe am Goldterminmarkt. Man muss jedoch gar nicht einen solchen Aufwand betreiben, wie es das Team von Monetary Metals kürzlich getan hat, um zu zeigen, dass diese Geschichte frei erfunden ist. Schon ein Blick auf die Daten des Commitments of Traders (COT) Report offenbart die Falschaussagen. Wenn Preisrückgänge beispielsweise die Folge von Short-Selling am Terminmarkt wären, dann sollte das Open Interest, d. h. die Gesamtzahl aller ausstehenden Kontrakte, bei sinkenden Kursen steigen, weil neue Short-Positionen hinzugefügt werden. Zudem zeigen die COT-Berichte, dass die "Commercials", die angeblichen Strippenzieher der Preismanipulation, bei fallenden Kursen auf Nettobasis typischerweise zu den Käufern zählen.

Ein weiteres gern erzähltes Märchen besagt, dass die Edelmetallpreise durch die Schöpfung von Kontrakten am Londoner Goldmarkt nach unten gedrückt werden. Diese Geschichte basiert auf der Tatsache, dass an der London Bullion Market Association (LBMA) weitaus mehr Goldforderungen gehandelt werden, als physisches Gold in den Tresoren lagert. Diese These ist schwerer zu widerlegen - nicht weil es wahrscheinlicher ist, dass sie der Wahrheit entspricht, sondern weil der Goldhandel der LBMA viel intransparenter ist als der Handel mit Goldfutures an der COMEX. Doch wir wollen den Vertretern der Manipulationstheorie nur um der Argumentation willen einmal einen großen Vertrauensvorschuss gewähren und annehmen, dass der Londoner Markt die Möglichkeit bietet, den Goldpreis nicht nur kurzfristig nach unten zu manipulieren.

Damit kommen wir nun zum Motiv. Die Idee dahinter ist, dass Gold als Barometer für die Gesundheit und Stabilität des Währungs- und Finanzsystems dient. Ein steigender Goldpreis würde demnach auf eine Verschlechterung des Zustands hindeuten. Das Bankenkartell will jedoch, dass wir von der Stabilität des Systems überzeugt sind, selbst wenn es bereits in Wanken geraten ist. Die Abwärtsmanipulation des Goldkurses ist Teil der Bemühungen des Bankenkartells, das Währungssystem und die Finanzmärkte möglichst robust wirken zu lassen. Würden die Märkte völlig sich selbst überlassen, stiege der Preis des gelben Metalls dagegen auf beeindruckende Höhen.

Diese Annahme geht schon in die richtige Richtung, denn der Goldpreis reflektiert tatsächlich das vorherrschende Vertrauen in das Finanzsystem und die Wirtschaft. Das Problem ist, dass sich dieses Barometer heutzutage recht unauffällig verhält - so unauffällig, dass selbst der kometenhafte Anstieg des Goldpreises auf fast 2.000 $ im Jahr 2011 im Allgemeinen nicht als Zeichen dafür gewertet wurde, dass das Dollar-basierte Währungssystem vom Zusammenbruch bedroht ist.

Die Wahrheit ist, dass es den leitenden Mitgliedern des Kartells herzlich egal ist, ob der Goldpreis bei 1.100 $, 1.300 $, 1.500 $ oder jedem anderen Betrag liegt. Wahrscheinlich sorgen sie sich wirklich um den Zustand der Währungen, der Aktien- und der Anleihemärkte, aber den Goldpreis beachten sie kaum. Doch um der Argumentation willen wollen wir noch einmal annehmen, dass das Bankenkartell ein starkes Motiv für die Abwärtsmanipulation des Goldpreises hat.

Gehen wir also trotz der offensichtlich schwachen, unterstützenden Argumente davon aus, dass das Bankenkartell sowohl ein Motiv, als auch die Mittel und Gelegenheit zur negativen Beeinflussung des Goldpreises hat. Das bringt uns zurück zum Anfang des Artikels, als wir festgestellt hatten, dass all das bedeutungslos ist, wenn es keine Hinweise darauf gibt, dass die Performance des Goldkurses deutlich schlechter war, als das unter normalen Umständen zu erwarten gewesen wäre.

Um zu wissen, wie sich der Goldpreis eigentlich hätte entwickeln sollen, muss man natürlich die fundamentalen Hintergründe des Marktes verstehen. Ein rationaler Analyst kann nicht blindlings davon ausgehen, dass die grundlegende Marktsituation immer bullisch für Gold ist. Doch genau das scheinen die Vertreter der Manipulationstheorie zu tun.

Ich habe ein Modell entwickelt, dass anzeigt, inwiefern die fundamentale Marktsituation bullisch für Gold ist. Dieses Modell basiert auf der Annahme, dass sich der Wert von Gold gegenläufig zum allgemeinen Vertrauen in das Finanzsystem und in die Wirtschaft entwickelt. Der folgende Chart vergleicht die Ergebnisse dieses Modells mit dem Goldpreis in US-Dollar seit Anfang 2015.

Da der Goldpreis jedoch nicht nur von Änderungen der Fundamentaldaten, sondern kurzfristig auch von Verschiebungen der Marktstimmung, technischen Faktoren und reflexartigen Reaktion auf die aktuellen Nachrichten beeinflusst wird, ist die positive Korrelation, die im Chart zu erkennen ist, durchaus so deutlich, wie wir vernünftigerweise erwarten können. Ein eindeutiger positiver Zusammenhang zwischen den wahren Fundamentaldaten und dem Goldpreis ist zudem bis zurück ins Jahr 2002 zweifelsfrei festzustellen. Aufgrund der beschränkten Datenlage lässt sich das Modell nicht für die weiter zurückliegende Vergangenheit berechnen.

Anders gesagt hat sich der Goldpreis so entwickelt, wie es angesichts der Änderungen der Fundamentaldaten im Laufe der Jahre zu erwarten gewesen wäre. Das legt die Schlussfolgerung nahe, dass die Auswirkungen der Preismanipulationen in beide Richtungen (aufwärts und abwärts) nur kurzfristig spürbar waren. Es deutet auch darauf hin, dass es keine effektiven, systematischen Preismanipulationen gibt.

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Ich möchte den Kommentar mit einer Analogie abschließen. Bill Jones wird beschuldigt, Fred Smith ermordet zu haben und der Staatsanwalt zeigt auf überzeugende Weise, dass Bill sowohl ein Motiv, als auch die Möglichkeit und die Gelegenheit zum Mord an Fred hatte. Das Problem ist nur, dass Fred Smith weiter in der Welt herumläuft, gesund und quicklebendig.

© Steve Saville
www.speculative-investor.com



Dieser Artikel wurde am 23. Oktober 2017 auf www.tsi-blog.de veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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