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Denkanstöße zu Bitcoin, Gold und Aktien

10.12.2017  |  Manfred Gburek
Heute geht es hier um nichts weniger als um den Versuch einer Interpretation der anscheinend verrückt gewordenen Kapitalmärkte. Dabei stechen auf Anhieb ins Auge: Kryptowährungen unter Führung von Bitcoin mit geradezu erratischen Preisbewegungen. Deshalb folgen zunächst ein paar aufklärende Zitate aus einem Beitrag des geschätzten Schweizer Finanzjournalisten Dietegen Müller, der bereits am 29. November in der Börsen-Zeitung analysierte:

"Selbst amtlich nutzbar ist Bitcoin bereits. Gebühren beim Handelsregisteramt Zug (Schweiz) können in Bitcoin oder Ether bezahlt werden. Wird hier wohl nur mit Tulpenzwiebeln bezahlt? Wohl kaum. Diese Einschätzung dürfte die Kryptowährung zu sehr auf eine reine Preisblase reduzieren.

Bitcoin und die zugrundeliegende Blockchain-Technologie bieten ja - gegen den an den Handelsplattformen zu zahlenden Preis - zwei offenbar heute sehr nachgefragte Eigenschaften: sicher, aber unreguliert Punkt-zu-Punkt-Werttransfers vorzunehmen. Und dies zugleich unter Wahrung größtmöglicher Anonymität, wenn nötig. Der Bitcoin-Preis zeigt, welchen Wert heute eine global verfügbare Privatsphäre hat - für kriminelle wie für ganz legale Zwecke: einen steigenden."

Der Tulpenzwiebel-Vergleich geht unter anderem auf Ulrich Kater zurück, immerhin Chefvolkswirt der zum Sparkassenverbund gehörenden DekaBank. Hier ließen sich nun viele weitere Zitate mit ähnlichen Inhalten wiedergeben, mal pro, mal kontra Bitcoin. Würde man sie alle berücksichtigen, käme allerdings nur heraus, dass niemand die Bitcoin-Zukunft vorhersagen kann. Das heißt: Ende offen, und zwar viel offener als bei Aktien und Anleihen mit ihren jeweils vielen Kennzahlen, bei Währungen mit tendenziell schwindender Kaufkraft und Gold mit seinem inneren Wert.

Zweifellos bringt die ganze Bitcoin-Diskussion für Anleger viel Unsicherheit mit sich - bis zu Aussagen wie der, Kryptowährungen würden Gold ersetzen. Wer dieses Argument auseinanderpflückt, mag anhand der Preiskurven zum Ergebnis kommen, dass Spekulanten sich teilweise aus dem Gold zurückziehen, um mit Kryptowährungen ihr Glück zu versuchen. Die ganze Wahrheit ist indes, dass der Siegeszug von Bitcoin & Co. ein klares Misstrauensvotum nicht gegen Gold, sondern gegen die unter riesigen Schulden ächzenden Währungen ist (s. obiges Zitat).

Diese These wird nicht zuletzt dadurch erhärtet, dass Gold-ETFs im November ihre Bestände um 9,1 Tonnen auf 2.357 Tonnen aufgestockt haben, wie der internationale Branchenverband World Gold Council meldet. Zum Auf und Ab des Goldpreises während der vergangenen Monate - in der letzten Woche mehr Ab als Auf - erscheint dieser Vergleich angebracht: Die vor allem politisch motivierten Maßnahmen, den Preis zu senken, entsprechen dem Versuch, einen voll aufgepumpten Ball unter die Wasseroberfläche zu drücken. Das mag eine Sekunde lang denkbar sein, doch dauerhaft ist es nicht möglich. Wer schon mal im stark salzhaltigen Toten Meer gebadet hat, schafft es sogar keine Sekunde lang.

In letzter Zeit häufen sich bekanntlich wieder die Crash-Prognosen, überwiegend bezogen auf Aktien, Anleihen und Immobilien - was allein für sich genommen bereits einen Widerspruch enthält, weil fallende Anleihenkurse mit steigenden Zinsen einhergehen und diese sich letztlich negativ auf Immobilien auswirken. Konzentrieren wir uns auf Aktien. Sie sind nach gängigen Anlagekriterien weltweit relativ hoch bewertet, sodass eine Kurskorrektur von 20 bis 30 Prozent im internationalen Durchschnitt jederzeit eintreten kann. Sogar stärkere Rückschläge sind möglich. Dazu bedarf es allerdings meistens mehrerer Anstöße; hier folgt eine kleine Auswahl:

An den Börsen setzt sich die realistische Erkenntnis durch, dass die Steuerreform von Donald Trump - falls sie überhaupt wie geplant durchkommt - ihre volle Wirkung erst in drei bis vier Jahren entfalten dürfte.

  • Ein neuer Konflikt im Nahen Osten aus Anlass von Amerikas neuer Israel-Politik treibt den Ölpreis weiter in die Höhe.

  • Die nicht mehr übersehbare extrem hohe Verschuldung Chinas spricht sich schneller als derzeit erwartet bis zu den Verwaltern großer Vermögen herum.

  • Nordkorea lässt mit Provokationen nicht locker, Trump mit Drohungen ebenfalls nicht.

Zu Europa und speziell zu Deutschland: Die Verhandlungen zur Bildung der kommenden Bundesregierung ziehen sich unerträglich in die Länge und veranlassen Großanleger, sich in erheblichem Umfang von deutschen Aktien zu trennen, was zu einem besonders kräftigen Kursrückgang führt.

  • Die EU-Bürokraten unter Führung der Franzosen unternehmen neue Versuche, um Deutschland wegen dessen vorübergehender politischer Lähmung noch mehr als bislang zum Zahlmeister im Euroraum zu machen. Nicht zuletzt die am Nikolaustag veröffentlichten Reformvorschläge der EU-Kommission zielen in diese Richtung.

  • Es kommt zu einem harten Brexit mit negativen Folgen für die deutsche Industrie.

  • Börsengänge (dicke Brocken wie DWS oder die Medizintechnik von Siemens) und Kapitalerhöhungen häufen sich und entziehen dadurch der Börse immer mehr Kapital.

  • Die betrieblichen Systeme zur Altersvorsorge bekommen die negativen Folgen der seit Jahren niedrigen Zinsen zu spüren, was unter anderem riesige Löcher in die Bilanzen deutscher Konzerne reißt.

  • Professionelle Hacker legen reihenweise Banken und Industrie lahm.

Die eine oder andere von diesen Thesen mag zwar übertrieben erscheinen, aber man sollte dabei eine spezifische Gefahr nicht aus dem Auge verlieren: die mögliche gegenseitige Ansteckung von wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen. Sie kann international wie national virulent werden, etwa indem die Überschuldung Chinas allein schon wegen der Globalisierung andere Länder mit sich reißt oder indem die eingeschränkte Handlungsfähigkeit der zurzeit nur geschäftsführenden Bundesregierung bis weit ins nächste Jahr andauert.

Schließlich sei zur Börsenentwicklung noch auf ein Phänomen aufmerksam gemacht, das sich über Jahrzehnte gesehen wiederholt, ohne dass Anleger darauf vorbereitet sind: Aktienkurse, die - wie derzeit besonders an der Wall Street - im Durchschnitt (als Index) ohne nennenswerte Unterbrechungen steigen, als würden sie von magischer Hand durch eine enge Bahn gezogen. Dieses Phänomen war unter anderem an der amerikanischen Börse zu Beginn der 70er Jahre und an der japanischen Börse von den späten 80er Jahren bis 1990 zu beobachten. Danach kam es in beiden Fällen zu erheblichen Kursstürzen. Eine Wiederholung erscheint vom nächsten Jahr an möglich.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu


Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.

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