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Die Sicherung von Energie und Rohstoffen

27.12.2006  |  Dr. Dietmar Siebholz
Die Sicherung von Energie und Rohstoffen ist eine extreme wichtige politische Aktivität. Wie steht es damit in Deutschland?

In einer Zeit, in der so viele Informationen und externe Zwänge auf einen einstürmen, verliert man leicht den Überblick auf das Wesentliche; so geht es leider nicht nur mir, sondern vielen meiner Partner ebenso. Nun sollte man meinen, unsere Parlamentarier können sich durch die Hilfe vieler Zuarbeiter von diesen Zwängen und Folgen befreien und sich voll auf das "Wohl unseres Volkes" konzentrieren, wozu sie ja nach eigener Aussage und Ihrem Eid auch gewählt wurden. Weit gefehlt: Man engagiert sich in Reformen, die meiner Meinung nach die gleichen Erfolgsaussichten haben, wie als ob wir die Schwerkraft aufheben wollten. Nein, ich bin ungerecht, wir haben schon Erfolge aufzuweisen, die Länder dürfen jetzt entscheiden, wie lange die Läden geöffnet sein dürfen und wer wo wann rauchen darf.

Nun sei genug über die weltfremden Verbesserer in Berlin gespottet, zurück zum Hauptthema. Wie komme ich darauf? Für Ende Januar wurde ich zu einer Tagung in einem Entwicklungsland eingeladen, bei dem die Sicherung der Energie und Rohstoffressourcen im Mittelpunkt steht. Dieser Einladung komme ich gern nach, habe mir aber dabei die Frage gestellt "Wenn ein so unbedeutendes Land wie X sich diese Frage stellt und ein internationales Gremium zusammenstellt, was leistet eigentlich Deutschland für die Sicherung seiner Ressourcen?"

Ich muss voran stellen, dass das besagte Land weder über eine bedeutende Industrie noch über hochtechnologische Kompetenzen verfügt, also nicht einmal so fürchterlich abhängig von der Sicherung der Rohstoffe ist wie unser Land, das ja in fast allen Disziplinen im internationalen Globalwettbewerb unter "ferner liefen" rangiert - mit Ausnahme der Korruptionsbewertung (natürlich vor SIEMENS), sich aber dennoch auf die Risiken der Zukunft einstellt.

Lassen Sie mich das Ergebnis meiner Recherchen vorwegnehmen: Es könnte einem grausen: In Zeiten, in denen die chinesischen Emissäre durch die Welt reisen, sich in Afrika, in Mittel- und Südamerika, auch schon in Kanada Ressourcen sichern, in denen Australien bevorzugter Verhandlungsstandort für diese Problemlösungen ist, ist von Deutschland nicht viel zu entdecken. Vielleicht - so ist meine Hoffnung - haben wir ja solche Verträge, nur reden wir nicht darüber (entsprechend dem alten Berliner Witz aus den Sechzigern - frei nach Walter Ulbricht: "Das kapitalistische Ausland, vor allem die Bundesrepublik behaupten, wir hätten keine Butter, keinen Käse, keine Eier! Weit gefehlt, wir haben Butter, wir haben Käse und Eier, wir zeigen sie bloß nicht...!"). Ich fürchte aber, wir haben solche zukunftsichernden Maßnahmen noch nicht erörtert, weil wir ja das drängende Problem der Ladenschlusszeiten erst einmal abgearbeitet haben sollten.

Welche Rohstoffe sollten wir uns denn als nahezu rohstoffarmes Land sichern? Ich möchte sie nachfolgend aufzählen und auch erläutern, warum sie so wichtig für unsere industrielle Entwicklung und für unseren Fort-bestand als reiches Industrieland sind:
  • Erdöl: als erste Quelle unserer Energieversorgung
  • Erdgas, Synthesegas: als Rohstoff für Chemie, Energie und Pharmazie
  • Eisenerz: Industrierohstoff
  • Kupfer: Grundstoff für Bauwesen und Elektrotechnik, Elektronik
  • Silber: Grundstoff für Elektro, Elektronik, Medizintechnik und Nanotechnologie
  • Kali: Grundstoff für Düngemittel und Industrierohstoff
  • Buntmetalle, außer Kupfer: Baustoffe, Industrierohstoffe
  • Wolfram, Titan: Industrierohstoffe für Zukunftstechnologien
  • Silizium: Rohstoff für Umwelttechnologie und Elektronik
  • Tantalum: Rohstoff für Elektronik und Nanotechnologie
  • Seltene Erden: Rohstoff für Elektronik und Nanotechnologie


Warum ich so viele unbekannte Metalle und Stoffe aufzähle, werden Sie mich zu Recht fragen. Meine Antwort: In Zeiten der Globalisierung wird es kaum unseren Ansprüchen genügen, mit z.B. Rumänien in den Wettbewerb um die Herstellung von Zinkrohren zu treten, da werden wir ja nur verlieren können, sondern wir müssen uns schon mit Vorhaben beschäftigen, in denen wir Chancen auf einen Vorsprung gegenüber anderen Volkswirtschaften haben, also Elektrotechnik, Elektronik, Medizintechnik und Nanotechnologie.

Wie sieht es nun mit den Sicherungsmaßnahmen aus? Sehr gut bei Kali, wir sind weltweit zweitgrößter Hersteller dieses durchaus bedeutsamen Rohstoffes. Kohle? Oh je. Wir erkennen jetzt schon nach mehr als zwanzig Jahren, dass es sinnvoller sein kann, die australische hochwertige Steinkohle zu importieren. Diese wird z.B. im Staate Queensland im Tagebau (Sie wissen, mein Freund, Wissenschaftler und Trauzeuge Greg Eaton ist dort involviert) zu Cash-Kosten von aus 16 $ pro Tonne (= ca. 10 €) abgebaut, während wir so an die 150 € pro Tonne mindestens für unsere Steinkohle zu bezahlen haben.

Vor Jahren gab es eine weitsichtige Regierung in Nordrhein-Westfalen, die schloss einen Kooperationsvertrag mit dem Staate Queensland über den Austausch von wissenschaftlichen Informationen über die Weiterentwicklung der Kohleverwendung ab; diesen Vertrag hat ein heutiges Mitglied unseres (also Greg Eaton, einiger australischer Unternehmer und meiner Partner hier in Deutschland) Aufsichtsrates für den Staat Queensland abgeschlossen, aber richtig geschehen ist nichts. Vielleicht waren die Politiker dieses Landes NRW auch damit beschäftigt, das drückende Problem des Ladenschlusses vorrangig zu lösen?

Rohöl, Erdgas? Ja wir haben viele Lieferanten wie England, Norwegen, Libyen, Iran und vor allem Russland, aber von Sicherung (natürlich außer den Aufsichtsratsbezügen von Altkanzler Schröder) kann man kaum sprechen.

Eisenerze, Kupfer, Silber, Buntmetalle? Fehlanzeige, zumindest habe ich davon bei meinen Recherchen nichts gefunden.

Wolfram, Titan, Tantalum, Seltene Erden? Ich wette, die Politik kennt sich mit "verbrannter Erde" besser aus als mit seltenen Erden.

Sie werden fragen, warum sich in diesen kleinen und unbedeutenden Rohstoffen so groß engagieren? Meine Antwort darauf: Weil hier die Chancen für eine hochtechnologische Zukunft stecken! Fragen Sie einmal in Australien, in Brasilien in Afrika, wer dort in diesen unbedeutenden Metallen antichambriert? Es sind die Chinesen, die sich die Rohstoffe, auch die unbedeutenden sichern. China weiß warum.

Neben Silber habe ich mich auf das Metall Tantalum konzentriert, wenn es um Zukunftstechnologie oder schlicht um die aktuellen Anwendungen in der Elektronik geht. Was nicht jeder weiß: Tantalum kommt sehr selten vor, es wird vor allem in Australien, in Brasilien, in Afrika gefördert. Vor kurzem lernte ich ein Unternehmen kennen, das in Kanada wohl erfolgreich Tantalum abbauen wird. Tantalum hat stetig steigende Nachfrage, weil kein elektronisches Gerät ohne Widerstände (und die benötigen Tantalum) auskommt und der Welthauptproduzent, die früher sehr erfolgreiche australische Minengesellschaft Sons of Gwalia ist leider wegen ihrer irrsinnigen Gold-Vorwärtsverkäufe in Insolvenz gefallen. Gut für die Gesellschaft, zu mindestens aber für den Insolvenzverwalter ist aber, dass SoG der größte Tantal-Hersteller der Welt mit einem Marktanteil von mehr als 35% ist (oder war) und so noch weiter produzieren kann und muss.

Der Welttantalmarkt wird von sechs großen Playern beherrscht, das sind nicht die Produzenten, sondern die Aufbereiter und Zwischenhändler, wie ich sie nenne. Diese Firmen kaufen das Konzentrat, reinigen es und wandeln es in die für die Industrie erforderlichen Stoffe und Applikationen um.

Einer dieser Player war die BAYER-Tochter H.C. Starck in Goslar, unbekannt zwar in der Öffentlichkeit, aber ein bedeutender Faktor in der Industriewelt. Hier hatte Deutschland einen wichtigen Partner für die Elektronikindustrie und die Zukunftstechnologien in der Hand. "Hatte", werden Sie fragen, Ja leider - hatte - denn BAYER verkaufte Starck an ein internationales Finanz-Konsortium, um sich ausreichende Liquidität für den Kauf der Schering-Aktien zu beschaffen. Als Wahlbayer würde ich jetzt sagen, "hätten wir Franz-Josef noch, würde dieser eine bayerische Lösung für Starck gefunden haben", aber leider weilt dieser großße Stratege nicht mehr unter uns.

Warum ich so in die Details dieses Marktes gehe, fragen Sie mich? Weil so viel davon geredet wird, wie und wo Deutschland seine Chancen suchen sollte und muss, um seinen Status gegenüber den aufschließenden jungen Nationen erhalten zu können. Wo Deutschland seine Ressourcen sichern muss, um in diesem Wettbewerb bestehen zu können. Und was geschieht? Wir sichern unsere Ressourcen nicht ab, wir geben strategisch so wichtige Gesellschaften wie Starck aus der Hand, die sich den Zugriff auf Rohstoffe für die Zukunftstechnologien wie seltene Erden, Tantalum und andere gesichert haben.

Resumée: (frei nach Heinrich Heine) Denk ich an Deutschland in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht…

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein ein Gutes Neues Jahr.


© Dietmar Siebholz
(Sie erreichen mich unter wthlz1@freenet.de.)





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