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Auszeit oder An der Zeit?

25.09.2008  |  Theodore Butler
Die beispiellose Finanzkrise hat den Weg frei gemacht für außergewöhnliche Lösungsansätze. Einigen stehe ich skeptisch gegenüber - so wie der Entscheidung der Regierung, Probleme mit undenkbar hohen Summen zuzudecken, wozu auch das neue 700 Mrd. $-Hypothekenprogramm zählt. Andere Notlösungen scheinen viel direkter und vernünftiger zu sein, so zum Beispiel der Erlass bezüglich der Geldmarktgarantien, womit gegen einen Ansturm in diesem wichtigen Sektor angekämpft wird.

Die vielleicht effektivste Lösung, die einer Aktienmarktschmelze entgegengewirkt, war das temporäre Verbot jeder Form von Leerverkäufen auf bestimmte Aktien, wie es von den Marktaufsichtsbehörden in Großbritannien, den USA, Australien und anderswo umgesetzt wurde. Aufmerksame Marktbeobachter haben das Verbot von Leerverkäufen korrekt als den wahren Grund einer der größten Aktienmarkterholungen in der Geschichte identifiziert. Auch auf das Risiko unbescheiden zu klingen - genau das habe ich vorhergesehen und auch empfohlen.

Vor zwei Monaten erklärte ich in "Ein bescheidener Vorschlag", warum jede Form von Leerverkäufen verboten gehört und inwieweit ein solches Verbot zu einer großen Erholung im Aktienmarkt führen würde. Ich bin nicht so naiv, anzunehmen, dass die Marktaufsichtsbehörden aufgrund meines Vorschlags aktiv geworden sind. Es handelt sich hier zweifellos um einen bemerkenswerten Zufall. Aber es gibt auch einige neue Lektionen zu lernen.

Die vorübergehende Eliminierung beider Typen von Leerverkäufen - nämlich der nackten (kein Ausleihen der leerverkauften Aktien) und der gedeckten (die leerverkauften Aktien wurden zuvor geliehen) - ist eine Angelegenheit, bei der sich wirklich die Geister scheiden - die einen sind dafür, die anderen nicht. Am deutlichsten sind jene zu vernehmen, die gegen jegliche Restriktionen sind oder ganz klar jene, die für eine komplette Abschaffung der Leerverkäufe von Aktien sind. Im Allgemeinen haben jene, die sich über das temporäre Verbot beschweren, gewissermaßen ein persönliches Interesse daran. Diejenigen, die eine temporäre Restriktion begrüßen, einschließlich der Aufsichtsbehörden, betrachten die Restriktionen als eine "Auszeit", die einen Markt-Crash verhindert, aber die bei der nächstbesten Gelegenheit wieder zurückgenommen werden muss. Nur sehr wenige, so wie auch ich, fordern, dass Leerverkäufe ganz gleich welcher Art permanent verboten gehören.

Diese stark konträren Meinungen werden sich auf keinen Fall innerhalb kürzester Zeit ändern, also nehmen wir hin, dass es unterschiedliche Meinungen gibt, wenn es darum geht, ob nun Aktienleerverkäufe verboten werden sollten. Konzentrieren wir uns daher lieber auf Fakten und nicht auf Meinungen.

Der wichtigste Fakt ist, dass die Aufsichtsbehörden als auch die Leerverkäufer in der letzten Woche etwas Wichtiges gelernt haben. Sie haben gelernt, dass jede Restriktion hinsichtlich Leerverkäufe unmittelbar zu einer Erholung bei den Aktien führt. Zum ersten Mal war dies im vergangenen Sommer zu beobachten, als temporäre Restriktionen für 19 Finanzaktien durchgesetzt wurden. Diese Lektion bekam letzte Woche Rückendeckung, als für 799 US-Finanzaktien Restriktionen eingeführt wurden. Eines Tages wird diese Restriktion vielleicht für alle Aktien gelten (so wie es eigentlich auch sein sollte). Ich glaube nicht, dass Aufsichtsbehörden und Leerverkäufer diese Lektion so bald vergessen werden.

Über die Vorzüge eines Verbots von Leerverkäufen lässt sich endlos streiten. Nicht streiten lässt sich über die Auswirkungen. Weg mit den Leerverkäufen auf bestimmte Aktien und es gibt eine große Rally. Weg mit den Leerverkäufen auf eine größere Anzahl von Aktien und es gibt eine riesige Rally. Weg mit Leerverkäufen auf alle Aktien und es heißt "Achtung Kopf einziehen". Aber noch haben wir nur an der Oberfläche gekratzt.

Denken Sie daran, dass es bei den Restriktionen für Leerverkäufe - so begrenzt und temporär sie auch sind - um Restriktionen für neue Leerverkäufe geht. Es war in keinster Weise angedacht, die existierenden Leerverkäufe zu verbieten und die Leerverkäufer zum Rückkauf der Milliarden von Aktien zu zwingen, die vorher über die Jahre hinweg leerverkauft wurden. Aber ist es nicht inkonsequent, neue Leerverkäufe zu verbieten und die alten weiterhin unangetastet gelten zu lassen? Meiner Meinung nach würde ein richtiges Verbot neuer und alter Leerverkäufe innerhalb kurzer Zeit zur einer Verdoppelung oder Verdreifachung des Aktienmarktes führen.

Dieser Gedanke geistert den Leerverkäufern durch den Kopf (oder er sollte es zumindest). Vielleicht geistert er auch durch die Köpfe der Aufsichtsbehörden. Für die Shorts wäre es so, als würden sie plötzlich in den Abgrund starren und realisieren, dass sie vor dem unmittelbaren Ruin stehen könnten, falls die Aufsichtsbehörden den Leerverkäufen eine Absage erteilten. Für die Aufsichtsbehörden müsste es ungefähr so sein, als entdeckten sie die mächtigste Waffe, die es jemals im Kampf gegen einen Crash am Aktienmarkt gegeben hat. Und sie kostet den Steuerzahler keinen Cent. Plötzlich besteht die reale Möglichkeit, dass aussagekräftige Restriktionen irgendwann in Zukunft durchgesetzt werden können. Es ist an der Zeit, würde ich sagen.


Die besonnenen Schweizer

Diese Woche erhielt ich eine E-Mail von einem Schweizer Finanzmanager - ein Freund und eine vertrauenswürdige Quelle. Er informierte mich, dass eine sehr große und konservative Schweizer Bank eine Reihe ihrer Kunden kontaktierte, um ihnen mitzuteilen, dass man nicht länger Papierzertifikate für Gold und Silber im Namen der Bank anbieten werde. Es scheint, dass die Bank zuvor für diese Konten garantieren konnte, weil sie sich selbst gegen eine Aufwärtsbewegung via Derivatkontrakte mit anderen Finanzinstitutionen absichern konnte. In Folge der Unruhen in den Finanzmärkten wurden die durch andere Banken entstehenden Adressenausfallrisiken zunehmend unbequem. Die Schweizer Bank hat nun ihre Kunden informiert, dass alle Papiertransaktionen in physisches Metall oder physische ETF-Positionen umgewandelt werden müssen (in der Schweiz gibt es Silber- und Gold-ETFs). Mein Freund teilte mir mit, dass andere Schweizer Banken dem Beispiel dieser Bank wahrscheinlich folgen werden.

Wie Stammleser wissen, habe ich über das Problem der Ausgabe von Bankzertifikaten auf Silber, die nicht durch physisches Metall gedeckt werden, häufiger geschrieben.

www.investmentrarities.com/10-01-02.html
www.investmentrarities.com/10-29-02.html

Zusammengefasst: Die Banken, die solche Zertifikate herausgaben, waren bei diesem Metall short und nahmen im Fall eines deutlichen Preisanstiegs enorme Risiken auf sich. Da sie diese Zertifikate schon seit Jahrzehnten herausgegeben haben, beläuft sich die Gesamthöhe der Silber-Short-Position vielleicht auf Milliarden von Unzen. Das war eine Short-Position, die völlig abgetrennt und unabhängig von der massiven COMEX-Short-Position bestand.





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