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Die "stille Rally" beim Gold

19.05.2009  |  Clif Droke

Es war typisch für eine Woche, in der Optionen auslaufen - in den Märkten herrschte die gewohnte Mattigkeit vor. Das Handelsvolumen war relativ niedrig, und nahezu überall fehlte es an Aktivität; die Händler schienen diese Woche geistig Urlaub zu machen.

Der SPDR Gold Trust ETF (GLD) legte die Woche über zu und schloss bei 91,55. Er ist unsere wichtigste Messlatte für den Goldpreis. Und seit April haben wir auch eine Handelsposition im GLD. Wir nahmen sie damals auf, als der GLD über den dominanten, unmittelbaren 15-Tage-Durchschnitt stieg und damit ein Kaufsignal generierte.

Wie Sie hier sehen können, lag der GLD nach Handelschluss am Freitag immer noch über den 5-Tage- und 15-Tage-Durchschnitten. In den letzten Tagen stieg der GLD nur sehr allmählich an - dafür aber stetig. Das zeigt, dass sich Kaufinteresse beim "Sicheren Hafen" Gold einstellt, denn die Angst geht um, die großen Zuwächse an den Aktienmärkten seit März könnten nicht von Dauer sein. Von institutioneller Seite wurden Gold und die Gold-ETFs als Vehikel benutzt, um die im profitablen Aktienhandel gemachten Gewinne während größerer Marktkorrekturen zu parken.

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Aber inwieweit ist die Gold-Rally der Annahme künftiger Inflation geschuldet? Das lässt sich nur schwer abschätzen, und der Erholungsprozess im Finanzsektor ist noch zu jung, als dass wir hierauf eine Antwort geben könnten. Der Konsens unter Finanzexperten ist jedoch, dass Gold ab jetzt ein "sicheres Ding" ist und mit Sicherheit steigen wird - um am Ende, mit Blick auf die Billionen-Dollar-Stimuli, 1.000 $/ oz zu erreichen. Einige Kommentatoren drängen sogar auf noch liberalere, positivere Preisziele. Die Ansicht, der Stimulus würde die Rohstoffpreise aufblähen und eine neue Runde globaler Inflation bei materiellen Anlagen einläuten, ist weit verbreitet. Ich würde an dieser Stelle jedoch davor warnen, dies als eine beschlossene Sache anzusehen.

Aus rein finanzieller Sicht finden wir die am nächsten liegende Parallele zu den diesjährigen Ereignissen in der Markterholung von 1975. Sie folgte auf einen heftigen Einbruch der Aktienpreise, der im Januar 1973 begann und so lange anhielt, bis die 10-Jahre- und 40-Jahre-Kress-Zyklen im Oktober 1974 ihren Tiefpunkt erreichten. Anschließend stieg der Dow von seinem 74er-Tief um 100% und erholte sich bis ins Jahr 1976. Das 1974er Tief des 10-Jahre-Zyklus fiel mit dem Hoch des 6-Jahre-Zyklus im Jahr 1975 zusammen (wir hatten darüber schon in einem kürzlich erschienen Artikel geschrieben). Damit entstand ein bullisches Zyklenmuster, das den Aktienpreisen eine energische Rally bescherte, die die besten prozentualen Zuwächse unseres Lebens mit sich brachte.

Dieses Jahr haben wir ein recht ähnliches Zyklenmuster; der 6-Jahre-Zyklus hatte letzten Herbst sein Tief erreicht und steigt jetzt auf, während der 10-Jahre-Zyklus sein Hoch erreicht. Hier haben wir zwar die umgekehrte Konstellation von 1975, aber zwei der wichtigsten Jahreszyklen befinden sich somit in bullischer Ausrichtung. Dies erklärt auch teilweise die beträchtlichen Gewinne, die in diesem Jahr schon an den Aktienmärkten gemacht wurden.






Wie aber erging es dem Goldpreis im Jahr 1975? Nach einem parabolischen Aufwärtstrend, der 1971 begann und bis Anfang 1975 anhielt, begab sich das gelbe Metall in einen Abwärtstrend, der bis gegen Ende des Jahres 1976 anhielt.

Damit will ich nicht andeuten, Gold müsste zwangsläufig den Bärenmarkt von 1975-1976 wiederholen - es zeigt allerdings, dass eine Erholung der Wirtschaft (welche auf die Rezession Anfang der 1970er Jahre folgte) und ein Erstarken der Finanzmärkte (nach dem Hoch des 40-Jahre-Zyklus) nicht unbedingt zu galoppierenden Rohstoffpreisen führen muss.

Wenn uns historische Analysen überhaupt etwas zeigen können, dann, dass die Rhythmen der Rohstoffpreise typischerweise je nach Inflations- und Deflationsperioden bei Aktien und Rohstoffpreisen wechseln - wobei Aktien am meisten nach Bärenmärkten profitieren. Erst nachdem die Händler aus den überverkauften und unterbewerteten Aktienpreisen Kapital geschlagen haben, erreicht die Rally ihren Höhepunkt, und das Geld wird stark zugunsten von Rohstoffen umgeschichtet, so wie es in den späten 1970er Jahren der Fall gewesen ist.

Ich bin mir zwar sicher, dass wir im Verlaufe dieses Jahres etwas Konkurrenz zwischen Aktien und Rohstoffen sehen werden (ganz ähnlich dem, was zwischen 2003 und 2007 passierte), die Vorteile liegen aktuell aber bei den Aktien, und die Wahrscheinlichkeit, dass Aktien in diesem Jahr stärker im Preis steigen als Rohstoffe, liegt deutlich höher.

Hier kommt ein weiterer Grund, warum wir davon ausgehen, dass die erneut anziehenden Aktienmärkte die erneut anziehenden Rohstoffmärkte (einschließlich Gold) hinter sich lassen: Bevor Rohstoffe wieder in den Genuss einer solchen Nachfrage kommen können, wie es sie noch vor der Kreditkrise gegeben hatte (gerade aus Ländern wie China) muss es von Seiten der Unternehmen erst einmal Anzeichen auf Stabilisierung geben - und zumindest so etwas wie ein Grundniveau der Erholung. Die Bilanzen müssten sich bessern, noch bevor die industriellen Kapazitäten im großen Umfang expandieren.

Von einigen entscheidenden Industriemetallen kommen noch nicht einmal Hinweise auf eine erwähnenswerte Erholung; aber genau das müssen wir erst einmal sehen, bevor wir annehmen können, der Rohstoffsektor sei jetzt in eine neue Boom-Phase übergegangen. Man sollte jedoch auch sehen, dass ein führender Indikator für den allgemeinen Rohstoffmarkt, CME Group (CME), ein stabiles Fundament für eine längerfristige Erholung ausweist. Schauen Sie sich dahingehend den 1-Jahres-Tageschart an.


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Die jüngste Rally beim Gold ist ein Mirkokosmos dessen, was ich für das Jahr 2009 erwarte. Bis jetzt ist diese Rally eine "stille" gewesen, da sie nicht allzu aufregend gewesen ist oder aber große Inflationsschübe ankündigen würde. Viele Trader haben diese Rally verschlafen, obgleich sie für uns bis jetzt recht profitabel gewesen ist. Aber sie verweist auf eine allgemeine Erholung, und vielleicht spiegeln sich in ihr auch verbleibende Ängste hinsichtlich der Stabilität des Finanzsystems wieder - ein Überbleibsel aus dem heftigen Bärenmarkt des letzten Jahres.


© Clif Droke
www.clifdroke.com

Dieser Artikel wurde am 17.05.09 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.