Staatsbankrott & Währungsreform
13.11.2009 | Daniel Haase
Was die Geschichte über Risiken und Chancen lehrt - Wie sich smarte Investoren positionieren sollten
Die Söhne Franz, Max, Otto und Karl des Münchner Bäcker- und Konditormeisters Franz Xaver Hieber mussten für Kaiser Wilhelm II in den Krieg ziehen. Um sie und das Vaterland so gut es ging zu unterstützen, zeichnete Hieber in großem Umfang Kriegsanleihen: 70.000 Goldmark (ca. 25 Kilo Gold, entspricht aktuell gut einer halben Mio. Euro), ein erheblicher Teil der Familienersparnisse, gingen so an den Staat.

Abb. 1: Familie des Bäcker- und Konditormeisters Franz Xaver Hieber (Foto von 1910)
Genützt hat es nichts. Drei Tage vor der bedingungslosen Kapitulation fiel Karl in Frankreich. Von den in Kriegsanleihen angelegten Ersparnissen sah die Familie keinen Heller wieder. Fünf Jahre später folgte ein weiterer Schicksalsschlag: Vor dem Krieg hatte Hieber einem befreundeten Bäckermeister 14.000 Goldmark (ca. 5 Kilo Gold) als langfristiges Darlehen für Investitionen geliehen. Jetzt, mitten in der Hyperinflation zahlte der "Freund" alles zurück - nominal. Aufgrund der grassierenden Schwindsucht der Mark konnte er da mit den wenigen Papierzettelchen gerade noch zwei Semmeln erwerben.
Als die nächste Generation 1934 größere Investitionen und Umbaumaßnahmen angehen musste, gab es keine nennenswerten Ersparnisse mehr, auf die die Familie hätte zurückgreifen können. Um die Kosten zu schultern, nahm man eine Hypothek über 25.000 Reichsmark zu Lasten der eigenen Lebensversicherung auf. Nach einem britischen Bomberangriff im März 1944 war alles zerstört. Als im Zuge der Währungsreform 1948 der Wert der Lebensversicherung implodierte, stand auch die nächste Generation der Familie Hieber wieder bei Null.
Doch damit nicht genug: Anders als 1923 sollten Schuldner nicht mehr von der Entwertung der Reichsmark profitieren. Die neue deutsche Regierung führte zu diesem Zwecke eine Hypothekengewinnabgabe (Teil des sog. Lastenausgleichs) ein. Aufgrund der alten Hypothek wurde der vermeintlichen "Kriegsgewinnler"-Familie Hieber nun eine Abgabe von 22.500 D-Mark, verzinst mit 4,5%, zu Gunsten des Finanzamtes aufgebürdet. Die letzte Rate, fällig am 30. September 1976 zahlte dann die dritte Generation.
Auslöser der kommenden Währungsreform
Im Zuge der Überschuldungskrise, die vielfach verkürzend als Finanzkrise bezeichnet wird, machen erneut Sorgen vor einem Staatsbankrott, einem Währungsschnitt bzw. einer Währungsreform die Runde. Durch die "Krisenbekämpfung" steigen die Staatsausgaben in allen westlichen Ländern in beängstigendem Tempo. Gleichzeitig brechen die Steuereinnahmen weg. In der Folge explodieren die Staatsdefizite: In Deutschland auf über 6% des BIP, in Irland auf gut 10% und in Großbritannien und den USA auf über 12% (s. Abb. 2).

Abb. 2: Die Lücke zwischen Staatsausgaben und Einnahmen driften in den USA
aber auch in Deutschland und praktisch in der gesamten Welt immer schneller auseinander!
Quelle: www.Markt-Daten.de
Ob die Regierungen tatsächlich willens und fähig sein werden, das nun einmal erreichte Ausgabenniveau wieder zu senken, darf ernsthaft bezweifelt werden (s. Ausgabekurve in Abb. 2). Als Ausweg aus der Überschuldungskrise der Privathaushalte und der Banken favorisiert die Politik für jeden erkennbar den Weg in die Überschuldung und den Bankrott des Staates.
Welche Anlagerisiken bestehen?
Solange bei der großen Masse der Kapitalanleger keine Anzeichen von Panik vor einer Währungsreform erkennbar sind, ist die Zeit für grundsätzliche Überlegungen günstig und vorhanden. Selbst wenn man trotz all der hier aufgeführten Indizien die Wahrscheinlichkeit einer Währungsschnittes als äußerst gering einschätzen sollte, so raten wir aufgrund der mit ihm verbundenen, existentiellen Risiken dennoch zur kritischen Überprüfung der eigenen Vermögensstruktur. Es schadet nicht, sich selbst dann auf eine Katastrophe vorzubereiten, wenn man davon ausgeht, dass sie uns erspart bleiben wird.
Bargeld lacht (noch!)
Am Tag nachdem Bundeskanzerlin Merkel und Finanzminister Steinbrück im Herbst 2008 alle Bankguthaben garantierten, sollen bundesweit etwa 4 Milliarden Euro Bargeld abgehoben worden sein, im Schnitt also nur 50 Euro pro Bürger. Etwas mehr Angst und das System wäre kollabiert, denn - was viele nicht wissen - mehr als 1.000 Euro Bargeld pro Kopf gibt das gesamte Bankensystem nicht her (Quelle: Bundesbank).
Theoretisch kann die Bundesbank natürlich sofort nachdrucken lassen, praktisch ist dies aber kein Prozess, der in wenigen Sekunden abgewickelt werden könnte. Die Regierung wäre gezwungen, die Banken zumindest vorübergehend zu schließen bzw. die Auszahlung von Bargeld bis auf weiteres zu rationieren. Cash in der Hand wäre Geld auf dem Konto oder dem Sparbuch in diesem Fall zweifelsohne überlegen. Zumal bei Zinssätzen nahe Null die Opportunitätskosten der Bargeldhaltung ebenfalls vernachlässigbar sind. Selbstverständlich ist Bargeld nur eine Zwischenlösung wenn man sich die letztendlich drohende Währungsreform vor Augen führt. Eine Alternative zu Banknoten bieten 10-Euro-Silbermünzen (s. Abb. 3).

Abb. 3: 10-Euro-Silbermünzen sind eine sinnvolle Alternative zu Papiergeld.
Zum einen handelt es sich hierbei um in Deutschland gültige, gesetzliche Zahlungsmittel, zum anderen enthalten die Münzen gut ½ Unze Feinsilber (Wert: 5-6 Euro). Zehn Euro mögen wertlos werden, ½ Unze Silber aber kaum. Leider sind diese Münzen vergriffen, so dass man sich bei den 5 Neuprägungen pro Jahr jeweils nur wenige Exemplare über seine Bank sichern kann. Aufgrund dieser Knappheit handelt es sich daher nicht um eine adäquate Lösung für größere Bargeldbeträge.
Aktien als Schutz geeignet
Der verlorene, erste Weltkrieg und die horrenden Reparationslasten reduzierten das ökonomische Potential Deutschlands gewaltig. In der Folge notierte der deutsche Aktienmarkt in Gold gerechnet Anfang der zwanziger Jahre gut 50 bis 60% unter dem Vorkriegsstand (1914 = 100). Was nun den Zeitraum der großen Inflation 1920-23 angeht, so konnte man mit Aktien sein Kapital in Gold gerechnet um +90% steigern. In der Hyperinflation ab Herbst 1922 war sogar Gewinne von bis zu +900% in Gold möglich.
Wer wie Smart Investor für die vor uns liegende Jahre ähnlich profitable Chancen erwartet, weiß um die kaum zu unterschätzende Bedeutung des Timings. Smart Investor sieht es daher als Herausforderung, seinen Lesern nicht nur bei der Frage nach dem "WO" (investieren), sondern auch bei der Frage nach dem "WANN" zur Seite zu stehen.

Abb. 4: Wer hätte es gedacht: Während der Hyperinflation stiegen deutsche Aktien sogar stärker als Gold!
Mythos "sichere Immobilien"
Ein in Deutschland weit verbreiteter Irrtum ist, dass Immobilien besonders gut geeignet seien, Vermögen unbeschadet durch Inflations- und Krisenzeiten hindurch zu erhalten. In der Fortführung dieses Irrglaubens kommt dann so mancher leicht auch noch auf die Idee, dass mit Hilfe möglichst hoher Hypothekenschulden, die sich in der Hyperinflation quasi selbst entwerten, sogar der Grundstein für ein großes Vermögen gelegt werden könnte. In Wirklichkeit ist immobiles Vermögen der politischen Willkür schutzlos ausgeliefert. Prof. Dr. Carl-Ludwig Holtfrerich, Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsgeschichte an der Freien Universität Berlin (seit 2007 im Ruhestand), weißt darauf hin, dass Eigentümer vermieteter Immobilien zu den großen Verlierern der Hyperinflation gehörten.
Der Grund: Um die Mieter vor Preistreiberei zu schützen, verhängte die Regierung schon bei Ausbruch des 1. Weltkrieges einen Mietpreisstopp. Auch nach 1918 wurden die Mieten kaum angehoben und blieben somit während der Hyperinflation weit hinter der Geldentwertung zurück. Weder die inflationsbedingt dramatisch steigenden Instandhaltungsausgaben, noch die eigenen Lebenshaltungskosten konnten die Eigentümer aus den real dramatisch schrumpfenden Mieteinnahmen bestreiten.
Vermietete Immobilien wurden zum sprichwörtlichen "Klotz am Bein". Notverkäufe waren während der Hyperinflation an der Tagesordnung. "In den großen Städten sind damals viele Immobilien zu Spottpreisen ins Ausland verkauft worden.", so Prof. Dr. Holtfrerich. Auch im Anschluss an die Hyperinflation wie auch im Rahmen der 1948er Währungsreform war die Politik mithilfe eilig beschlossener Sondersteuern eifrig bemüht, Immobilieneigentümer "nicht ungeschoren" davonkommen zu lassen.
Edelmetalle als Absicherung prädestiniert
Edelmetalle sind im Vergleich zu Haus- und Grundbesitz nicht nur politisch unsichtbar, sondern obendrein auch mobil und anders als bei Euro, Dollar oder Yen gibt keine Notenbank, die Edelmetalle einfach "nachdrucken" und damit entwerten könnte. Da Gold über alle denkbar nützlichen Eigenschaften einer Währung verfügt (knapp, begehrt, gleich bleibende Qualität, kaum zerstörbar, beliebig teilbar) verwundert es nicht, dass sich das Metall historisch auf dem freien Markt gegen alle anderen alternativen Zahlungsmittel durchsetzen konnte.
Gold ist Geld. Für Smart Investor bestehen keine Zweifel, dass dies auch in Zukunft so sein wird. Allerdings weißt auch der Börsenprofi und Crash-Prophet Dr. Marc Faber zu Recht auf die alte Warnung Voltaires hin: "Es ist gefährlich, richtig zu liegen, wenn die Regierung falsch liegt." Nicht wenige Goldanleger befürchten ein erneutes Goldverbot. Dass in einem solchen Fall selbst Bankschließfächer nicht mehr sicher wären, zeigt das Beispiel USA 1932, als die Fächer von Staatsdienern systematisch nach Münzen und Barren durchkämmt wurden.
Vermögen sicher durch die Krise
In Anlehnung an Andrés Kostolanys Warnung "Die Bank ist nicht Dein Freund!" schärfte der Goldexperte Dr. Bruno Bandulet den Zuhörern seines kürzlich in Hamburg gehaltenen Vortrages ein: "Der Staat ist nicht Dein Freund!". Gerade im Zuge der von uns prognostizierten Währungsreform sollte man diesen Merksatz bei allen Überlegungen und Entscheidungen berücksichtigen. Nahezu alle heute vermeintlich sicheren (garantierten) Geldwerte werden in dieser Reform vollkommen oder zumindest nahezu wertlos. Es sind zweifelsfrei wichtige Fragen, in welche Sachwerte und vor allem wann genau man sein Vermögen in diese transferieren sollte. Dass der Zeitpunkt kommt, steht für uns außer Frage.
Aktien, insbesondere von Unternehmen, die über ein krisenfestes Geschäftsmodell und ausreichend große Substanzpolster (möglichst Sachwerte!) verfügen, haben gute Chancen, von der Krise der Geldwerte zu profitieren. In einer Zeit, in der alle Regierungen das Heil ihrer Ökonomien in schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen und in der Abwertung ihrer Währungen suchen, sollten auch Edelmetalle ihren Zweck als Wertaufbewahrungsmittel gut erfüllen können. Sie gehören in jedes gut strukturierte Portfolio!
Neben den aus der Historie bekannten Gefahren sollte man sicherheitshalber davon ausgehen, dass Politik & Staat immer willens und kreativ genug sind, nach weiteren, neuen Möglichkeiten zu suchen, um an Privatvermögen zu gelangen. Bei der Vorwegnahme und Abwehr solch potentieller Gefahren sollte man seiner Kreativität daher freien Lauf lassen!
© Daniel Haase und Gerd Ewert
www.HaaseundEwert.de
Hinweis: Bei dem hier veröffentlichten Artikel handelt es sich um eine stark gekürzte Version der von den freien Redakteuren Daniel Haase und Gerd Ewert für "Smart Investor" (Heft Nr. 8/2009) verfassten gleichnamigen Titelstory. In der Vollversion erfährt man unter anderem auch die Meinung von Dr. Bruno Bandulet zur Frage, ob erneut ein Goldverbot droht und wie man sich vor einem solchen schützen könnte. Außerdem kann man erfahren, weshalb soziale Unruhen nicht mehr ausgeschlossen werden können und warum Risiko- und Kapitallebensversicherungen alles andere als sicher sind.
Ein kostenloses Probeabo des Smart Investor wie auch ein Nachdruck der vergriffenen Titelgeschichte "Staatsbankrott & Währungsreform" kann unter www.smartinvestor.de/abo (Hinweis bitte in die letzte Zeile schreiben) bzw. unter Telefon 089 / 2000 339 - 0 angefordert werden.