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Kontratieff-Zyklen und Gold

17.12.2002  |  Uwe Warmbein

Viele Investoren fangen langsam wieder an, einen intensiveren Blick auf den amerikanischen Goldmarkt zu werfen und fragen sich dabei: "Ist die Bodenbildung abgeschlossen und befindet sich der Markt jetzt in einem frühen Stadium des nächsten großen Bullenmarktes?" Oberflächlich betrachtet gibt es gute Gründe für diese Frage, wenn man die derzeit herrschende wirtschaftliche und politische Unsicherheit ins Kalkül zieht. Die folgenden Ausführungen werden hoffentlich den interessierten Investoren helfen, jene Schlussfolgerungen zu ziehen, die später dann den Unterschied ausmachen, ob sie finanziell überleben werden oder nicht.

Der erste Aspekt, den wir untersuchen wollen, ist, ob der langfristige Wirtschaftszyklus noch intakt ist oder nicht. Wer sich mit Zyklen auskennt, hat auch schon von der Kontratieff-Wellen-Theorie gehört, die besagt, dass die amerikanische Wirtschaft ungefähr alle 55 Jahre eine Phase der Bereinigung durchläuft, die die wirtschaftlichen Exzesse der Vergangenheit wieder glättet. Die aktuelle Frage lautet deshalb: "Befindet sich die US-Wirtschaft bereits in der Winterphase des K-Wellen-Zyklus? Und wenn dem so ist, welche Auswirkungen wird dies auf Investments in Edelmetallen haben?"

In seinem Buch "The K-Wave" von 1995 identifiziert David Knox Barker eindeutig die Schlüsselereignisse, aus denen ein K-Wellen-Zyklus besteht. Er unterteilt, wie auch andere Zyklus-Analysten, den langen Zyklus in zwei unterschiedliche Entwicklungsperioden, den Auf- und den Abschwung. Davon ausgehend wird der lange Zyklus weiter in vier Jahreszeiten unterteilt, die den Marktanalysten dabei helfen, die Entwicklung des Zyklus über einen langen Zeitraum zu verstehen. Der Aufschwung besteht dabei aus den Jahreszeiten Frühling und Sommer, während sich die Abschwungphase in Herbst und Winter aufteilt. Man schätzt, dass jede Jahreszeit durchschnittlich zwischen 12 und 16 Jahren dauert, so dass jeder Auf- und Abschwung jeweils 24 bis 32 Jahre dauert und damit in einen langen Zyklus von 48 bis 64 Jahren kulminiert.

Die Bedeutung für Investoren, die den K-Wellen-Zyklus verstehen wollen, liegt darin, dass seine Entwicklung unweigerlich in wirtschaftliche Depression mündet, sobald das System die Exzesse der Frühjahrs- und Sommerphasen korrigiert. Eine Untersuchung historischer Daten und ökonomischer Hochkonjunktur- und Boomperioden in Amerika zeigt, dass die Vereinigten Staaten drei verschiedene K-Wellen-Zyklen durchlaufen haben. (Bitte beachten Sie, dass alle Daten Annäherungswerte sind, die auf 2 bis 3 Jahre genau sind. Darüber hinaus können sich Jahreszeiten-Zyklen, wie bereits angemerkt, verlängern oder verkürzen und dauern durchschnittlich 12 bis 16 Jahre.)

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Wie man klar erkennt, können die Jahreszeiten, Auf- und Abschwungsphasen und der komplette Zyklus zeitlich variieren. Deshalb ist das beste, was man aus der obigen Übersicht an Erkenntnis mitnimmt, dass es offensichtlich einen langfristigen Wirtschaftszyklus in den Vereinigten Staaten gibt, der sich durchschnittllich ungefähr alle 52,5 Jahre wiederholt.

Die Auf- und Abschwungsphasen dauern im Schnitt jeweils rund 26,25 Jahre und damit halb so lange wie der durchschnittliche Langzeit-Zyklus. Die Frühjahrsphase dauerte durchschnittlich 13,5 Jahre, der Sommer 12,75 Jahre, der Herbst 13,25 Jahre und der Winter rund 13 Jahre. All dies kann als allgemeiner Indikator für Investoren in Bezug auf die künftigen ökonomischen Entwicklungen gelten, die sich in den Vereinigten Staaten wiederholen werden, vorausgesetzt, der Zyklus behält seine Gültigkeit.


Entscheidende Ereignisse des K-Wellen-Zyklus

Wie zuvor schon angemerkt, besteht jeder Zyklus aus einer Anzahl an Ereignissen, die, sofern der Investor ihrem Ablauf genauestens folgt, genaue Anhaltspunkte liefern, wo genau im Zyklus sich die Wirtschaft gerade befindet.

Mit dieser Information kann der Investor schon vorher klar den Trend bestimmen oder an einem Punkt, wo eine bedeutende Korrektur naht, seine Positionen entsprechend den kommenden Entwicklungen rechtzeitig anpassen. Das Verständnis der langfristigen Welle erlaubt es dem Investor, seine Gewinne zu maximieren und seine finanziellen Risiken zu minimieren.

Erneut gebührt David K. Barker Anerkennung für seine feine Arbeit, die jene Ereignisse genau benennt, die den vier Jahreszeiten des K-Wellen-Zyklus zuzuordnen sind. Als Resultat seiner Arbeit ist es jetzt möglich, den Entwicklungen der US-Ökonomie zu folgen und dabei sowohl Gewinne als auch finanzielle Sicherheit zu erlangen, während andere den Risiken finanzieller Enttäuschungen ausgesetzt bleiben. Im Folgenden sind jene Ereignisse oder Entwicklungen aufgeführt, die von David K. Barker in seinem Buch "The K-Wave" vorgestellt werden und die als die führenden Indikatoren gelten, denen Investoren ihre Aufmerksamkeit schenken sollten:





 K-Wellen-Frühling • Aktien rauf, Anleihen runter, Rohstoffe rauf
 • Neuer Optimismus bei der allgemeinen Bevölkerung
 • Solides Wirtschaftswachstum
 • Aktienkurse steigen kontinuierlich
 • Sehr niedrige Inflation, die jedoch stetig steigt
 • Rohstoffpreise steigen sehr langsam
 • Immobilienpreise steigen sehr langsam
 • Zinsen beginnen zu steigen
 • Neue Technologien und Innovationen schaffen völlig neue Industrien
 • Banksystem ist gesund, keine Bankrotte
 • Nur seichte und kurze Rezessionen mit langen und starken Erholungen
 K-Wellen-Sommer • Aktien runter, Anleihen runter, Rohstoffe rauf
 • Inflation läuft heiß
 • Militärische Konflikte entstehen
 • Schuldenstand wächst
 • Aktien stagnieren nominell und brechen real ein
 • Steigende Erwartungen
 • Steigende Preisen verführen die Industrie zur Überproduktion
 • Galoppierende Inflation im Spätsommer
 • Rohstoffpreise ziehen stark an im Spätsommer
 • Preise für Ackerland auf dem Gipfel
 • Zinsen auf dem Gipfel
 • Wirtschaftswachstum und -ausdehnung auf dem Gipfel
 • Erste große Rezession zum Ende des Sommers
 K-Wellen-Herbst • Aktien rauf, Anleihen rauf, Rohstoffe runter
 • Der Herbst kommt nach der ersten großen Rezession
 • Weltweite Überproduktion und -kapazitäten
 • Hohe Schuldenstände wachsen kontinuierlich weiter
 • Überflutung des globalen Systems mit Bargeld
 • Finanzspekulationen
 • Wirtschaftswachstum schwächt sich erheblich ab
 • Zinsen fallen
 • Boom der globalen Aktienmärkte
 • Laissez-faire-Haltung und Deregulation durch die Politik
 • Frühe Deflation
 • Fallende Rohstoff- und Ackerlandpreise
 • Gewerbe- und Wohnimmobilienpreise auf Spitzenniveau im Spätherbst
 • Firmenexpansionen durch Erwerb und Übernahme
 • Geringeres Tempo beim Kapital-Investment
 • Abschwächung des Bankensystems, erste Bankrotte
 • Druck durch Handelsprotektionismus wächst
 • Psychologischer Gesellschafts-Optimismus - die wilden 20er und 80er Jahre!
 • Wirtschaftswachstum langsamer als im Frühjahr und Sommer
 • Habgier wächst
 • Kleinanleger folgen der Herde in Aktieninvestments
 • Endgültiges Platzen der Spekulationsblase am Ende des Herbstes
 • Emissionen neuer Aktien auf Rekordhöhe - IPOs
 K-Wellen-Winter

 (Siehe auch die
 folgenden
 Erläuterungen
 zur ökonomischen
 Depression)
 • Aktien, Anleihen, Rohstoffe runter
 • Globale Aktienmärkte auf dem Weg in langanhaltende Bärenmärkte
 • Zinsen steigen schnell im frühen Winter und fallen dann zurück
 • Keine neuen Aktienemissionen mehr
 • Wirtschaftswachstum sehr langsam oder negativ fast während der gesamten Winterzeit
 • Starke Deflation und fallende Preise
 • Gewerbe- und Wohnimmobilienpreise fallen
 • Handelskonflikte weiten sich aus
 • Soziale Unruhen, gesellschaftlicher Pessimismus
 • Bankrotte nehmen zu, hohe Schulden werden durch Bankrotte ausgelöscht
 • Aktienmärkte bilden ihren Boden und beginnen einen neuen Bullenmarkt
 • Überkapazitäten und -produktionen werden durch Überalterung und Bankrott bereinigt
 • Habgier wird ausgelöscht
 • Lange Rezessionen und kurze Erholungen
 • Freie Märkte werden beschuldigt und sozialistische Lösungen angeboten
 • Wackliges Bankensystem wird durch ein neues ersetzt
 • Neue Technologien und Erfindungen werden entwickelt und kommen zum Einsatz
 • Immobilienpreise finden ihren Boden
 • Neue Arbeitsethiken werden entwickelt, da Jobs rar sind
 • Zinsen und Preise bilden ihren Boden
 • Schuldenniveau sehr gering nach Zahlungsverzügen und Bankrotten
 • Zukunftsaussichten auf dem Tiefstand
 • Erste Aufhellung in Sicht, soziale Stimmung bessert sich
 • Solides Wirtschaftsfundament für den Aufbau vorhanden
 • Investoren sind sehr konservativ und risikoscheu
 • Eine neue Ökonomie beginnt sich zu entwickeln

Anhand dieser Liste scheint es offensichtlich, dass sich die US-Wirtschaft nahe am Ende des Herbstes befindet und schon bald in den Winter des K-Wellen-Zyklus eintreten wird. Obwohl die oben genannten Ereignisse nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge auftreten - und auch weil die Saisonzyklen sich überlappen bzw. ausdehnen oder verkürzen können - bleibt für den Investor die Erkenntnis, dass bestimmte Ereignisse immer wieder zu ähnlichen Zeitpunkten stattfinden und damit einer bestimmten Jahreszeit innerhalb des gesamten Zyklus zugeordnet werden können.

Es gibt jedoch einen Punkt in Bezug auf die Wintersaison, der unbedingt erläutert und von Investoren verstanden werden muss. Die genannten Ereignisse deuten auf eine Wirtschaft hin, die sich in einer deflationären Depression befindet. Unglücklicherweise folgen nicht alle Winterzeiten einem deflationären Pfad. Während die Vereinigten Staaten mehrere deflationäre Depressionen zu spüren bekamen, gab es in jüngster Zeit nicht eine hyperinflationäre Depression.

Die Einsicht ist absolut zwingend, dass die falschen Investmententscheidungen zu diesem Zeitpunkt innerhalb des Zyklus mit großer Wahrscheinlichkeit zu vernichtenden finanziellen Verlusten führen, von denen man sich nie mehr erholen würde. Deshalb ist es extrem wichtig, dass Investoren den genauen Unterschied zwischen den beiden Arten einer Depression verstehen und daraus ableiten, was die angemessenen Schritte sind, um nicht nur ihr Vermögen zu bewahren und ihre Finanzkraft auch in schwierigen Zeiten zu erhalten, sondern auch von den neuen Chancen zu profitieren, die sich daraus ergeben werden.





Der Winter - Deflation oder Hyperinflation?

Um es einfach auszudrücken: Der Gradmesser, ob die Wirtschaft in eine deflationäre oder hyperinflationäre Depression versinkt, ist, ob die Geldzufuhr und die Kreditseite stark ab- oder zunehmen. Wenn sie abnehmen (wie in den späten 20er Jahren), kann man davon ausgehen, dass eine deflationäre Depression folgt. Wenn andererseits Geldzufuhr und Kredite stark wachsen bei dem Versuch, die Wirtschaft neu zu beleben, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer hyperinflationären Depression.

Die beiden wahrscheinlich besten Beispiele einer hyperinflationären Depression in den USA sind zum einen das sogenannte "Kontinentale Währungs-Fiasko", als eine komplette Währung innerhalb von sechs kurzen Jahren nach ihrer Ausgabe wertlos wurde. Zum anderen die während des Bürgerkrieges ausgegebenen Dollar-Noten (Greenback), die ebenfalls als Währungseinheit scheiterten. Obwohl beide Fehlentwicklungen sehr ähnlich waren - handelte es sich doch jeweils um Papierwährungen - blieb die Kontinental-Währung zunächst konvertibel gegenüber anderen Sorten, bis sie aus dem Verkehr gezogen wurde.

Hingegen wurde die Konvertibilität des "Greenbacks" ausgesetzt und dieser wurde damit zur ersten nicht-konvertierbaren Papierwährung, die in der US-Wirtschaft im Umlauf war. Die folgende Tabelle zeigt klar und deutlich, was mit Zahlungsmitteln in einem Wirtschaftssystem passieren kann, das hyperinflationärem Druck ausgesetzt ist.

DatumAnzahl ausgegebene Banknoten%Wert einer 1$-Silbermünze%
November 17755 Millionen $ 1 $ in Kontinentalnoten 
November 177619,5 Millionen $290 %1 $ in Kontinentalnote 
November 177731,5 Millionen $530 %3 $ in Kontinentalnoten200%
November 177886 Millionen $1620 %6,34 $ in Kontinentalnoten524%
November 1779226 Millionen $4420 %26 $ in Kontinentalnoten2500%
November 1780226 Millionen $(keine weiteren mehr)4420 %73 $ in Kontinentalnoten7200%


Wie aus den Daten ersichtlich wird, sollten folgende Fakten beachtet werden:

  • 1. Im Zuge der Erhöhung der Geldmenge (Inflation) verminderte sich der Wert der Kontinental-Banknoten. Durch diese Abwertung reagierten die Güterpreise (hier: Silber) mit einem Anstieg in absoluten Werten.

  • 2. Während der Geldmengenerhöhung und Abwertung gib es eine zeitliche Verzögerung, bis die Preise darauf reagieren. Im hier gezeigten Fall dauerte es zwei Jahre, bis die Silberpreise stiegen.

  • 3. In Zeiten der Hyperinflation übersteigt der prozentuale Gewinn von Edelmetallen ab einem bestimmten Punkt den Prozentsatz der Währungsabwertung und erhält damit nicht nur, sondern erhöht sogar das Vermögen und die Kaufkraft des Investors.

  • 4. Hyperinflation kann unabhängig davon auftreten, ob eine Währung in Edelmetalle eingetauscht werden kann oder nicht. Der Scheitelpunkt wird erreicht, das Vertrauen schwindet, die Panik beginnt und besonnene Investoren fangen an, aus Gründen finanzieller Sicherheit in Edelmetalle zu investieren.

  • 5. Aus historischer Sicht wird immer dann eine Währung zerstört und ersetzt, wenn ein Land die Koppelung seiner Währung (etwa an den Goldpreis), die bislang die Ausweitung der Geldmenge eingeschränkt hatte, auflöst.

  • 6. Zusammenfassend kann man sagen, dass Edelmetalle und andere Investment-Alternativen mit dem Grad der Währungsabwertung nicht Schritt halten werden. Vielmehr werden Edelmetalle auf lange Sicht Vermögen erhalten, während andere, auf Papierwährungen basierende Investments im Falle einer Hyperinflation zerstört werden.

  • Während einer deflationären Depression werden Geldzufuhr und Kredite verringert. Damit wird die Währung gestärkt, Preise für Güter und Dienstleistungen sinken. In diesem Fall weiß der Investor, dass Bargeld der König ist, während gleichzeitig Bargeldbestände bei einer Bank wegen Darlehensausfällen und Bankrotten in Gefahr sind. Bekannt ist auch, dass die Aktienmärkte, wenn auch nicht in allen Sektoren, erhebliche Verluste erleiden, während die Zahl der Bankrotte wegen wachsender Arbeitslosigkeit und sinkenden Erlösen immer weiter steigt.

    Das am besten dokumentierte Beispiel, was ein Gold-Investor während einer deflationären Depression erwarten kann, ist der Crash von 1929. Auf Grund der Tatsache, dass darüber bereits eine Vielzahl an Büchern geschrieben wurde, wollen wir uns hier auf die Reaktion der Edelmetalle beschränken. Bitte erinnern Sie sich daran, dass während eines K-Wellen-Winters (deflationär) die Rohstoffpreise normalerweise fallen. Dies galt jedoch nicht für Edelmetall-Aktien - aus dem offensichtlichen Grund, weil Edelmetalle als Absicherung gegen wirtschaftliche und politische Unsicherheit gelten.

    Ich empfehle dringend, den Leitartikel von Dr. Vronsky "1998/99 Prognosis Based Upon 1929 Market Autopsy" vom 6.Juni 1998 auf der gold-eagle.com-Website zu lesen. Seine exzellenten Ausführungen zeigen, wie die Entwicklung von Homestake Mining, stellvertretend für einen ganzen Industriezweig, alle Erwartungen bei weitem übertraf, während gleichzeitig andere Sektoren unter den harten ökonomischen Bedingungen buchstäblich verfielen.

    Aus dem letzten deflationären K-Wellen-Zyklus der US-Ökonomie kann man folgern, dass ein Investment in Edelmetall-Minen für die Investoren ein sehr erfolgreicher Weg war, um nicht nur ihr finanzielles Vermögen zu schützen, sondern zusätzlichen Wohlstand zu erlangen.

    Die noch offene Frage lautet: Wie entwickelten sich physische Edelmetalle während der Deflation? Um dies zu beantworten, ist es nötig, die Diskussion von absoluten Preisen hin zur Kaufkraft von Edelmetallen zu lenken. Die Kaufkraft ist wesentlich wichtiger als der absolute Preis.





    Kaufkraft

    Um das Konzept der Kaufkraft zu verstehen, muss man den relativen Wert einer Anlage (hier: Edelmetall) im Verhältnis zu anderen Gütern und Dienstleistungen unter verschiedenen ökonomischen Bedingungen kennen. Ohne groß ins Detail zu gehen, kann man die Kaufkraft von Edelmetallen wie folgt zusammenfassen:

    Während einer Inflation: Währungs- und Kreditausweitung - Edelmetalle steigen in absolutem Wert, aber wie schon weiter oben unter dem Punkt "Hyperinflation" erläutert, können auch sie solange nicht mit der Geschwindigkeit der Geldentwertung in einem Fest-Preis-System mithalten, bis die monetäre Panik ausbricht. Deshalb ist die Kaufkraft im Verhältnis zu anderen Gütern und Dienstleistungen trotz einer Preissteigerung solange negativ, bis die Panik beginnt. Dann allerdings steigen die Metalle nicht nur in absoluten Werten, sondern auf Grund begrenztem Angebots auch in der Kaufkraft.

    Während einer Deflation: Währungs- und Kreditabnahme - Edelmetalle fallen im absoluten Wert, aber steigen in der Kaufkraft, während die Wirtschaft schrumpft. Mit anderen Worten: Die Preise von Edelmetallen fallen nicht genauso schnell wie die anderen Güter und Dienstleistungen. Tatsächlich steigt die Kaufkraft von Edelmetallen umso schneller, je stärker die Wirtschaft schrumpft.

    Um hierfür Beweise zu liefern, stellt die folgende Tabelle die Kaufkraft von Edelmetallen während verschiedener Perioden wirtschaftlicher Aktivität dar. Die Quelle dieses Materials wurde von Roy W. Jastram in seinem Buch "The Golden Constant" von 1977 zur Verfügung gestellt.

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    Aus diesen Daten von Roy Astram aus dem Zeitraum von 1808 bis 1976 wird ersichtlich, dass während einer Inflation die Rohstoffpreise schneller als die Edelmetalle stiegen, was zu einem Verlust an Kaufkraft führte. Während einer Deflation fielen die Rohstoffpreise im Allgemeinen schneller als die Edelmetalle, was zu einem Anstieg der Kaufkraft von Edelmetallen führte. Dies galt zumindest bis zur letzten Inflation von 1970 bis 1976, als die Rohstoffe um 66% stiegen, die Kaufkraft von Gold jedoch erstmals mit 110 % darüber lag. Mit anderen Worten: Der Goldpreis stieg absolut stärker als die Rohstoffpreise an. Was führte dazu, das sich der vorher gültige Trend 1970 plötzlich änderte? Und welchen Einfluss auf künftige Ereignisse können wir daraus ableiten?

    Die eigentliche Ursache hierfür war die Auflösung des London Gold Pools im Jahr 1968 und die gleichzeitige Entstehung eines zweigeteilten Marktes. Danach wurde monetäres Gold nur als offizielles Zahlungsmittel innerhalb eines geschlossenen Systems von Zentralbanken benutzt, wobei die Vereinigten Staaten ihre Zustimmung gaben, andere Staaten für $35,00 pro Unze aus ihren eigenen Goldreserven zu beliefern. Das andere Marktsegment stand privaten Käufern zur Verfügung, die ganz legal Gold an den offenen Märkten kaufen konnten zu Preisen, die durch die Kräfte von Angebot und Nachfrage bestimmt wurden.

    Als Ergebnis kann man jetzt sagen, dass während einer Inflation die Kaufkraft von Edelmetallen stärker zunimmt als die Rohstoffpreise im Allgemeinen. Und dass während einer Deflation die Kaufkraft von Edelmetallen zunimmt, während ihre Preise weniger stark sinken als die Preise von Gütern und Dienstleistungen.

    Aus Investoren-Sicht bedeutet dies: Verfolgt man das Ziel, die Kaufkraft in Zeiten wirtschaftlicher Instabilität zu erhöhen, dann sind Edelmetalle hierzu in der Lage, unabhängig davon, ob Inflation oder Deflation herrschen!

    Edelmetalle sind damit zu ihrem eigentlichen Zweck zurückgekehrt:

    Erhaltung der Kaufkraft über einen langen Zeitraum!


    © Steven C. Kennedy (02/2002), übersetzt von Ronald Battistini



    Quelle: www.gold-eagle.com bzw. www.Stockmove.de