Interview mit Gerald Celente
24.10.2012 | Frank Meyer
Nachfolgend finden Sie die deutsche Übersetzung des Gerald-Celente-Interviews, das die Metallwoche veröffentlichte. Herr Celente ist ein Key-Speaker auf der diesjährigen Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse, die am 2. und 3. November 2012 in der Event-Arena im Münchner Olympiapark stattfindet.
Willkommen zu einem weiteren internationalen Podcast auf der Metallwoche. Wir freuen uns sehr, dass wir wieder einmal Gerald Celente in unserem Programm begrüßen dürfen. Gerald ist der Direktor des Trend Research Institute und der Herausgeber des Trends Journal, und viele halten ihn für einen der besten Trendforscher der Welt. Jetzt spannen wir Sie aber nicht länger auf die Folter und sprechen direkt mit Gerald Celente in Kingston, New York.
Michael: Willkommen in unserem Programm, Gerald
Gerald: Danke für die Einladung, Michael
Michael: Gerald, es gibt so viel, über was wir heute reden müssen. Aber zuerst mal sollten wir unsere Hörer informieren, dass du Anfang nächsten Monats nach Deutschland kommst, denn du bist einer der Hauptredner auf der Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse in München am 2. und 3. November. Du warst ja schon Anfang des Jahres in Berlin und Frankfurt, aber das ist dein erster Besuch in München?
Gerald: Ja, es ist mein erster Besuch und ich freue mich natürlich sehr darauf. Meine Reise nach Berlin hat mein Leben verändert!
Michael: Ich weiß das, wir haben ja das letzte Mal darüber gesprochen. Gerald, wir freuen uns, dich hier zu sehen. Aber ich habe gehört, dass du, bevor du nach Deutschland kommst, zuerst nach Kanada reisen wirst, weil du am 'Seed Event 2012' in Vancouver teilnimmst. Kannst du uns ein wenig von diesem Event erzählen?
Gerald: Nun, tatsächlich ist es sogar einer meiner Lieblingsorte, was den Event anbelangt. Es ist nicht so eine Veranstaltung, wie du sie normalerweise hast. Außerdem ist Deepak Chopra einer der Hauptakteure. Das Ganze ist eigentlich mehr und mehr die Präsentation einer holistischen Vorhergehensweise. So sehe ich das zumindest. Man schaut die Dinge anders an, in einer Art und Weise, die sich nicht nur auf das Eindimensionale beschränkt, sich nicht nur auf die Wirtschaft konzentriert, sondern darauf, wie sich dies alles auf das Leben als solches auswirkt.
Und das ist für mich genau das, worum es überhaupt auch in vielen anderen Gebieten geht. Sich ausbreiten, wachsen, nicht nur uns selbst verbessern sondern den ganzen Planeten. Also ja, das ist wirklich ein Ort, wo ich gerne hingehe, nette Leute und ein sehr aufgewecktes Publikum.
Michael: Ich habe gehört, dass da eine Menge junger Leute kommen. Dass sie alle ziemlich offen für andere Ideen sind und dass es im Wesentlichen darum geht, neue Eindrücke zu sammeln und zu lernen, wie man die Dinge diskutieren kann.
Gerald: Weißt du, Michael, es ist schon komisch, aber bei einem großen Teil meiner Fangemeinde handelt es sich um junge Menschen, im Alter zwischen 25 und 35. Und die schauen tatsächlich nach neuen Richtungen, neuen Impulsen. Sie mögen, was wir zu sagen haben, denn wir sagen es in aller Aufrichtigkeit, und zwar nur mit den Worten, die wir dafür verwenden möchten und so wie wir die Dinge wirklich sehen. Wir beschönigen nichts und ergreifen auch keine Partei für jemanden. Du weißt, dass ich ein politischer Atheist bin. Ich glaube nicht an politische Religionen und ich bekenne mich auch nicht zu politischen Göttern. Diese jungen Leute haben schlichtweg das System satt. Ja, du hast Recht, eine ganze Menge junger Leute sind dabei.
Michael: Das hört sich gut an, Gerald. Am Montag, am 8. dieses Monats, also gerade mal vor ein paar Tagen, ist die Herbstausgabe vom Trends Journal herausgekommen.
Auf diesen 48 Seiten bringst du wieder mal eine Menge Geschichten aus den Bereichen hinter den Kulissen, es lohnt sich wirklich das alles zu lesen. Ich möchte nicht zuviel verraten, aber der Titel dieser Ausgabe ist "Das kleinere von zwei Übeln" und das Bild auf dem Titelblatt zeigt zwei Köpfe mit einem Körper. Einer der Köpfe ist der von Barack Obama und der andere der von Mitt Romney, sein Gegenkandidat bei der Präsidentschaftswahl, die in den USA Anfang nächsten Monats stattfindet.
Aber das ist noch nicht alles, dein Slogan für die Präsidentenwahl 2012 lautet "Bleib daheim, geh nicht wählen". Kannst du unseren Zuhörern, insbesondere den Zuhörern in Europa, bitte ein wenig erklären, wie du auf so ein Titelbild und so einen Slogan gekommen bist?
Gerald: Nun, um es kurz zu machen: Als ich 1971meine berufliche Laufbahn an einer Hochschule begann, habe ich politische Kampagnen in Rochester County im Staat New York geleitet, damals bei weitem das reichste County im Land. Sie haben mich danach weiter nach Albany geschickt, also in die Hauptstadt des Staates New York und ich war dort Assistent des Senatsekretärs von New York Staat. Dann war ich in Washington D.C. für ein paar Jahre als Spezialist für Gouverneursangelegenheiten.
Damals habe ich politische Aktionskomitees für die chemische Industrie zusammengestellt, eine ganz neue Sache. Das heißt also, ich habe einen ziemlich guten Einblick, was das alles ist und wie das alles funktioniert. Übrigens ist einer der Hauptautoren im "Trends Journal" Dr. Paul Craig Roberts, er war früher stellvertretender Finanzminister in der Reagan-Regierung. Also, eine Reihe von uns kennt das ganze Drumherum ziemlich genau und weiß, wie es ausschaut. Und es schaut überhaupt nicht gut aus. Ich gehe nicht wählen, weil es bei dieser Wahl heißt, dass man nur das kleinere von zwei Übeln wählen kann.
Hast du am 3. Oktober die sogenannte Debatte zwischen Romney und Obama gesehen? Ich kenne keinen Amerikaner, der stolz auf das ist, was da so gezeigt wurde. Eigentlich war es eine Debatte zwischen einer wandelnden Bügelfalte und einem Wichtigtuer, und keiner von beiden hatte etwas zu sagen. Es war einfach nur ein widerliches Spektakel. Was ich zu den Leuten sage, ist, dass ich nicht verstehen kann, wie sie so was weiterhin unterstützen können. Einstein hatte diesen Spruch: Es ist Irrsinn, wenn man das Gleiche immer wieder wiederholt und dann ein anderes Ergebnis erwartet. Warum sollten wir davon ausgehen, dass sich etwas ändern wird? Sich für das kleinere von zwei Übeln zu entscheiden, hat nichts mit einer bewusst durchdachten Entscheidung zu tun.
Dieser Spruch von den zwei Übeln kommt den Leuten so leicht über die Lippen, aber hat jemand mal darüber nachgedacht, was er wirklich bedeutet? Ich verzichte auf diese Wahl, Michael. Würdest du mit jemandem ausgehen oder dich mit jemandem zusammentun, der das kleinere von zwei Übeln ist?
Michael: Nein, das würde ich niemals.
Gerald: Würdest du Geschäfte mit dem kleineren von zwei Übeln machen? Würdest du gerne Freunde haben, die das kleinere von zwei Übeln sind?
Michael: Natürlich nicht. Im Maklergeschäft kommt das zwar sehr oft vor, aber es ist nicht das, was ich vorziehen würde.
Gerald: Aber du weißt das halt in dem Fall nicht. Du sagst nicht, er ist zwar einer von den zwei Übeln, aber ich mache trotzdem Geschäfte mit ihm. Warum also sollte irgendjemand einen dieser beiden wählen? Damit sie unser Leben organisieren und unsere Länder regieren? Denn das ist genau das, worauf es letztendlich hinausläuft. Und, wie ich bereits sagte, ich bin ein politischer Atheist. Ich glaube nicht an politische Religionen und ich glaube auch nicht an politische Götter, aber ich glaube an Gott. Und der Gott, an den ich glaube, würde es als eine Sünde ansehen, wenn ich ein Übel wählen würde, egal ob es das kleinere oder das größere ist. Also bleibe ich zu Hause und gehe nicht wählen.
Und genau das ist auch mein Slogan: Geh nicht wählen. Denn meiner Meinung nach ist es sowieso eine illegale Wahl wenn nur 40 Prozent oder sogar noch weniger zur Wahl gehen. Das ganze System ist korrupt. So eine Wahl ist kein demokratischer Prozess, nur kleine Kinder glauben das noch. Wir sind eine Nation mit 312 Millionen und werden von einer Bande von 535 Senatoren und Kongressmännern regiert, die uns sagen, was wir tun zu tun haben und wie, wie wir unsere Schuhe zubinden sollen und wie wir unsere Leben zu leben haben. Und wen repräsentieren diese Leute?
Sie repräsentieren diejenigen, die ihnen Geld für ihre politischen Wahlkampagnen geben. Sie nennen es Wahlkampfunterstützung. Jeder normale Erwachsene würde es Bestechungs- oder Schmiergelder nennen. Wir haben kein demokratisches System hier in diesem Land und das gilt auch für die anderen Ländern mit einem Wahlsystem. Wir werden alle kontrolliert. Was ich also sage, ist: Lass uns das System absetzen. Es gibt nichts, was diese Leute für uns ändern würden und es ist einfach nur Wahnsinn zu denken, dass sich etwas ändert, wenn man die gleichen Dinge immer und immer noch einmal wiederholt, genau so, wie Einstein sagen würde.
Michael: Aus diesem Grund bezeichnest du das Ganze ja auch als Präsidenten-Reality-Show. Aber, wenn wir schon über die amerikanische Präsidentschaftswahl reden, dann müssen wir auch über die andauernden Kämpfe in Syrien reden, über die Kriegstrommeln, die Israels Premierminister Benjamin Netanjahu im Zusammenhang mit dem Iran in den letzten Wochen gerührt hat, was ja nun wirklich komisch so kurz vor den Wahlen ist. Und über die andauernden Kriege, an denen die USA und die NATO beteiligt sind, aber auch, um das Ganze mal abzurunden, die Ermordung des US-amerikanischen Botschafters in Libyen. Ich vermute mal, Gerald, dass du dazu eine Menge zu sagen hast, stimmt’s?
Gerald: Nun, in einem unserer früheren Trends Journals, genauer gesagt in der Frühling-Ausgabe 2011, haben wir bereits über den ersten großen Krieg des 21. Jahrhunderts geschrieben. Krieg gibt es bereits, die Menschen warten nur darauf, dass ein Krisenherd sich zu noch etwas Größerem entwickelt. Das ist wie wenn Schulkinder behaupten, dass der erste Weltkrieg mit der Ermordung von Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo begonnen hat. Damals, genau wie heute, hatte die ganze Sache schon längst begonnen, und zwar mit einem Haufen psychotischer Leute, die ihre Nationen in den Krieg geführt haben, den aussichtslosesten Krieg der neuesten Geschichte. Und welche Rückschlüsse können wir daraus ziehen?
Es gibt Krieg in Syrien, es gibt Krieg in Libyen, ein wundervoller Krieg, den unsere wundervollen Politiker unterstützen, ihr in Deutschland übrigens auch. Sie gehen dorthin und stürzen Gadaffi. Gadaffi hat niemandem etwas getan. Sein Land war das reichste Land in Nordafrika und die Leute, die zu den reichsten in Nordafrika gehören, leben, so wie ich informiert bin, dort in Libyen. Aber, das Wichtigste von allem ist doch, dass uns das überhaupt nichts angeht. Und dann kommt jemand und sagt: Ich mag nicht, wie du dein Land regierst, wir kommen jetzt rüber und ändern das, weil wir der Meinung sind, dass wir das besser können. Nun ja, es hatte wie immer mit Öl zu tun. Das Gleiche ist im Irak passiert. Kannst du dir wirklich vorstellen, dass sich irgendjemand für den Irak interessieren würde, wenn das Land nicht auf einer der größten Ölreserven der Welt sitzen würde?
Das ist auch der Fall in Syrien, mit seinem leichten Rohöl, eines der hochwertigsten auf dem ganzen Planeten. Wir haben jetzt also Bürgerkrieg in Libyen und Bürgerkrieg in Syrien, und wieder einmal steht die NATO dahinter, genau wie die sogenannte ‚Arabische Liga’, oder, wie ich sie nenne ‚die kleine Arabische Liga’ mit ihren Diktatoren, die diese Länder noch zusätzlich destabilisieren. Außerdem gibt es Chaos in Ägypten, und die Probleme werden auch nicht dadurch gelöst, dass die Muslimbrüder an der Macht sind. Eine ganze Menge Leute sagen - wir haben auch im Trends Journal darüber geschrieben - dass es sich hier nur um einen anderen Arm des Militärs handelt.
Das Gleiche passiert in Tunesien. Die Menschen, die für die Revolution gekämpft haben, also, diejenigen, die die Revolutionen in beiden Ländern begonnen haben, haben weder in der Regierung des einen noch in der des anderen Landes das Sagen, die Muslimbrüder haben in beiden Ländern übernommen. Wir haben es also mit einer Destabilisierung zu tun, es kommt immer wieder zu Aufständen. Und dann geh mal weiter, nach Europa. Schau dir doch mal an, was in Europa passiert, in Griechenland zum Beispiel, da gibt es Chaos beinahe jeden Tag. Aufstände in Spanien. Millionen von Menschen gehen auf die Straßen, es wird von Abspaltungsbewegungen geredet. Und das geht auch in Portugal jetzt so weiter. Überall, auf der ganzen Welt.
Es ist immer das Gleiche, was da so passiert, nur dass es sich um unterschiedliche Variationen von ein und demselben Thema handelt. Oh, fast hätte ich vergessen den Jemen und Bahrein zu erwähnen, und natürlich den größten Teil von Afrika. Momentan haben wir es mit Streiks überall in Südafrika zu tun. Wir stehen also vor einem Zusammenbruch, der erste große Krieg des 21. Jahrhunderts hat bereits begonnen. Wir haben es mit einem Klassenkampf zu tun, das ist die wirkliche Ursache. Klassenkämpfe, aber auch Kolonialkriege, die in andere Länder vorstoßen und dort die wertvollen natürlichen Ressourcen stehlen. Wir haben über Libyen und die Ermordung des Botschafters im Konsulat geschrieben.
Wenn man sich diese Angelegenheit anschaut und sie tatsächlich versteht, dann sieht man, dass diese Sache überhaupt nichts mit diesem verrückten Mohamed-Film zu tun hat. Nein, es hängt mit unserer Außenpolitik zusammen. In allen Berichten, die man dazu sehen kann, sind es die Islamisten gewesen. Es war dies oder irgendwas anderes. Kann nicht irgendjemand mal sagen, dass es vielleicht auch Gadaffi-Anhänger gewesen sein könnten, die einfach nicht damit einverstanden sind, was dort abgeht? Wir haben also ein Europa, das den Nahen Osten destabilisiert, und Israel, das jetzt davon spricht, in den Iran einmarschieren zu wollen. Wir stehen am Rande des ersten großen Kriegs dieses 21. Jahrhunderts, denn der Iran wird, wenn er angegriffen wird, der Flashpoint, also der Ausgangspunkt für den dritten Weltkrieg sein.
Michael: Gerald, wir haben auch fortwährende Konflikte in der Türkei und in Syrien. Die Presse hier berichtet darüber und man muss sich manchmal wirklich wundern, dass sie so sicher sind, dass die Angriffe tatsächlich von den „Guten“ kommen, also von denen, die wir Rebellen nennen - und ich weiß, wie sehr du diese Bezeichnung magst. Du hast uns sehr früh vor der Entwicklung von Währungskriegen gewarnt, auf die dann Handelskriege und letztendlich der totale Ausbruch von Kriegen, sogar Weltkriege folgen. Wo führt uns das alles hin in der Zukunft, Gerald?
Gerald: Nun, die Währungskriege heizen sich momentan so langsam auf. Man hört es zum Beispiel von Mantega, dem brasilianischen Finanzminister, dass die USA und Europa sich dabei übertrumpfen, ihre Zinssätze noch weiter zu senken und dabei die Welt mit großen Geldmengen überschwemmen, damit sie weiterhin ihr Ponzi-Schema, also ihr Pyramidensystem, aufrecht erhalten können und den Exporteuren so helfen, dass sie ihre Produkte an andere verkaufen können, weil ihre Währungen so niedrig sind. Und dann sollte man sich natürlich auch China anschauen, die Chinesen senken nach wie vor ihre Zinssätze und der Yuan ist immer weniger wert.
All das bedeutet, dass ein Währungskrieg bereits angeheizt wird. Aber es gibt auch schon Handelskriege. Es ist eine Tatsache, dass der Handel Chinas die größte Diskussionsgrundlage der Präsidenten-Reality-Show im US-Wahlkampf ist. Beide, Romney und Obama, attackieren China für das, was sie als unfaire Handelspraktiken bezeichnen. In dem Maße wie das Handelsvolumen sich weiter abschwächt, erhalten Handelskriege neuen Treibstoff. Michael, wir haben das alles vorher schon mal im Börsenkrach von 1929 gesehen: Die große Wirtschaftskrise, die Währungskriege, die Handelskriege, Weltkrieg. Die Panik … die Wirtschaftskrise ist schon da, ja, sie ist schon da. Schau dir doch mal an, wie viel Armut es in Amerika gibt.
Wir sind hier in Kingston, New York, ein attraktiver Ort, er war die erste Hauptstadt vom Staat New York, eine historische Gegend. Gestern war der Tag für die Müllabfuhr. Und da siehst du, wie die Leute nachts rauskommen mit ihren Einkaufswagen, die sie von den Supermärkten haben, und wie sie in den Mülleimern nach Pfandflaschen suchen. Ich bin ein New Yorker, ich bin in der Bronx aufgewachsen und weiß wie dieses Land aussieht. Noch nie sah es so aus wie jetzt. Wir sehen einfach zu, wie die Armut weiter ansteigt. Wir haben es hier mit einem Klassenkampf zu tun, mit Kolonialismus. Wir haben dieses Stück schon mal gesehen, mit der gleichen Zeitschiene: Der Börsenkrach 1929, die große Depression, Währungskriege, Handelskriege, der 2. Weltkrieg. Und wir sehen es jetzt wieder, die Panik …, die große Depression, Währungskriege, Handelskriege, den ersten Krieg des 21. Jahrhunderst. Das alles ist bereits im Gange.
Michael: Gerald, Ich weiß nicht genau, wie du die derzeitige Situation beobachtest und siehst, wenn du sie mit den Augen der amerikanischen Bevölkerung beurteilst. Aber ich, von meinem Standort in Deutschland aus, habe das Gefühl, dass Griechenland, Portugal und Spanien für viele Leute so weit weg sind und keine Auswirkung auf uns haben werden. Was denkt ihr darüber in Amerika?
Gerald: Die Amerikaner wissen nicht mal wo Griechenland liegt! Sie haben mal davon gehört (lacht). Die Amerikaner reisen nicht so weit. Und schau dir doch mal unsere Nachrichten an, mein Gott! Jeden Tag die gleichen dummen Nachrichten! CNN nennt sich selbst: Der vertrauenswürdigste Sender für Nachrichten. Für mich ist CNN eher ein Cartoon-Nachrichtennetzwerk. Nein, es kommen keine Nachrichten ins Land, die Menschen wissen sehr wenig über das, was in der Welt geschieht. Die meisten Amerikaner wissen noch nicht einmal, dass Aufstände und Demonstrationen in Spanien, Portugal und Griechenland stattfinden. Sie haben einfach nur ganz wenige Informationen, was die Wirtschaft insgesamt betrifft. Und sie haben auch keinerlei Informationen über eure Politik geschweige denn über eure Außenpolitik.
Michael: Du schreibst darüber, du sprichst darüber und du bist oft in den Nachrichten. Was können wir tun, damit sich die Menschen mehr für ihr eigenes Leben, für ihre eigene Entwicklung interessieren? Du hast z.B. gesagt - und du hast Recht damit - dass wir mit dem neuen ESM- Vertrag, also dem Euro-Rettungsschirm, der jetzt in Kraft tritt, sogar von Deutschland aus immer mehr Macht an Brüssel abgeben. Aber wenn die Leute nicht auf die Straße gehen und sich wehren, wie soll das alles aufgehalten werden?
Gerald: Michael, Ich bin jetzt 32 Jahre in dem Geschäft - und ich spreche hier nur für mich selbst - du weißt ja, dass Motto des Trend Journals ist "Denke für Dich selbst". Wir sagen keinem, was und woran er zu glauben hat - (Michael pflichtet bei). Ich bin letztendlich davon überzeugt und glaube im Moment wirklich, dass der Einzelne sich ändern muss. Es gibt da dieses wundervolle indische Sprichwort: Wenn die Schüler bereit sind, erscheint auch ein Lehrer für sie. Jeder, der wirklich Erfahrung damit hat, weiß wovon ich spreche. Wenn du wirklich mit dem Lernen anfangen willst, dann sind auch die Lehrer da, Lehrer, die dich bestmöglich unterrichten. All das passiert, weil du das willst, weil dein Verstand sich dort hinbewegt.
Ich glaube fest, dass, wenn die Menschen individuell dafür bereit sind, dies dann auch auf einer kollektiven Ebene geschehen wird und dann kommen auch die Leute zum Vorschein, die uns anführen werden. Momentan sind die Leute noch nicht bereit, sie haben noch nicht die Wahrheit in sich selbst gefunden. Und auch hier spreche ich nur für mich und wie ich die Welt sehe, haben die Menschen noch nicht die Wahrheit in sich selbst gefunden. Jeder liebt seine Eltern. Ich war lange Zeit verheiratet, bin seit einer ganzen Weile nun geschieden, keine Kinder. Für mich ist es so wie wenn die Hölle den letzten Atemzug macht. Und dann stell dir vor, du weißt, dass du nicht die Person warst, die du vorgibst zu sein.
Deswegen fordere ich die Leute auf, sich doch mal Gedanken darüber zu machen, ob sie wirklich die Person sind, die sie zu sein vorgeben und ob sie wirklich den Mut haben, den sie ihrer Meinung nach haben und zeigen sollten. Werden sie gewürdigt im Sinne von dem, was sie sind? Verstehen sie, welchen Platz sie auf dieser Erde einnehmen, und dass niemand hier ist, der das von ihnen wegnehmen kann, auch wenn ihnen immer wieder gesagt wird, wie sie zu leben haben? Haben sie Respekt - für sich selbst aber auch für andere und zeigen sie das auch diesen anderen, ohne Rücksicht auf Klasse und Status? Haben sie wirklich die Integrität, ihre Worte in Taten umzusetzen und die Person zu sein, die sie vorgeben zu sein. Haben sie die notwendige Leidenschaft, um ihre Überzeugungen zu vertreten, damit ihre Herzen das auch fühlen können und ihre Seele das weiß?
Wenn genug Leute in dieser Art und Weise leben, dann tolerieren sie keinen Schwachsinn von diesen Dummköpfen, die sich selbst Politiker nennen - wenn ich das mal so sagen darf - davon bin ich überzeugt. Sie verbiegen sich nicht und schauen nicht auf zu diesen zwielichtigen Erscheinungen, die nichts für sie getan haben. Ich muss noch einmal darauf zurückkommen: Ich habe dir ja erzählt, dass ich in der Politik gearbeitet habe, und das war die schlimmste Arbeit, die ich jemals gemacht habe. Ich habe gesehen, wie erwachsene Männer den ganzen Tag katzbuckeln und kriechen, den ganzen Weg bis nach oben. All das wird sich erst dann ändern, wenn wir Menschen, jeder Einzelne von uns sich ändern. So wie ich die ganze Sache sehe, also von meiner günstigen und komfortablen Position eines Trendprognostiker aus, von wo aus, wie man so schön sagt, ich bereits im Voraus sehen kann, worauf wir zusteuern, kann ich nur eines sagen: Wir brauchen sehr schnell eine Richtungsänderung. Falls nicht, haben wir einen Crashkurs vor uns.
Dies ist nicht die Zeit für moderate Überlegungen. Ich habe erst gestern die neuen Berichte vom IWF gelesen; wie sie ihre Beurteilungen herabgestuft haben und der Wirtschaft eine steinige Zukunft vorhersagen. Nur nebenbei bemerkt: Für diejenigen, die nicht die tatsächliche Bedeutung für die Abkürzung IMF (International Monetary Fund) kennen: Richtigerweise ist es die Internationale Mafia Föderation (Michael lacht), nichts anderes. Es gibt eine neue Weltordnung und das ist die Bankordnung. Du erzählst mir, dass ihr immer mehr Kontrolle an Brüssel abgebt, meiner Meinung nach ist das auch nur eine andere große Zentralbank, die dort aufgebaut wird. Du siehst, dass der IWF seine Prognosen herabstuft, und du registrierst die damit verbundene Ausdrucksweise, d.h. sie bezeichnen die Situation als eine langsam in sich zusammenfallende Wirtschaft und reden nur davon, dass sich etwas ändern muss und dass die Weltpolitiker die Situation retten werden.
Wem wollen sie denn da einen Bären aufbinden? Von was für Weltpolitikern sprechen sie? Das sind doch ein Haufen Verlierer, sonst nichts. Alles was sie anfassen und tun, endet schlecht. Die Zerstörung durch sie geht immer weiter. Sie sind doch diejenigen, die die Situation erst geschaffen haben, und nun sollen sie diejenigen sein, die sie beheben? Was bin ich denn, ein Erstklässler, der keine Ahnung hat? Aber genau das ist es, was sie immerfort sagen. Die Weltpolitiker müssen sich treffen und sich mit dem Problem befassen. Um was für Leute handelt es sich da überhaupt, über wen sprechen wir da? Obama? Merkel? Hollande? Monti? Was ist denn mit unserem großen Bankdirektor Draghi? Apropos, war Draghi nicht der frühere Vizevorsitzende der europäischen Niederlassung der Goldman Sachs Gang? Und diese Leute sollen die Situation retten?
Michael: Natürlich nicht, Gerald, aber sie haben einen tollen Kerl an vorderster Front, er weiß bestimmt wie diese Probleme alle zu beseitigen sind. Sein Name ist Barroso.
Gerald: Oh ja, Barroso, der Looser, der einmal Premierminister von Portugal war, stimmt’s? Sprichst du von dem Portugal, von dem niemand die staatlichen Anleihen kaufen will? Von dem Portugal, das in eine Wirtschaftskrise eingehüllt ist? Von dem Portugal sprichst du? Oh ja, Barrosso ruft jetzt nach mehr Einigung und Oberherrschaft, damit noch mehr Macht in die Hände von solchen Schwachköpfen wie ihn gelangt, die eine Erfolgsbilanz in punkto Zerstörung haben. Kann das denn wahr sein? Und dennoch folgen die Leute ihnen weiterhin. Und die Presstituierten ((prestitute = press + prostitute, Wortschöpfung von Celente)) drucken weiterhin alles, als wenn das alles seriös wäre.
Michael: Zum Schluss müssen wir noch über Edelmetalle und den US-Dollar sprechen. Gold konsolidiert derzeit die mehr als 200 Dollar Rallye seit Mitte August. Was denkst du langfristig über Gold und den US-Dollar, der immer noch die Weltleitreservewährung ist? Wird China langsam aber sicher sich an der Währungsfront in den Mittelpunkt drängen und den Dollar verdrängen? Vielleicht sogar teilweise durch Gold gestützt?
Gerald: Ich glaube nicht, dass China den Dollar verdrängen wird. Ich denke, dass China in der Zukunft durch sehr harte Zeiten gehen wird. Andererseits glaube ich, dass der Dollar auch nichts mehr wert sein wird. Ich weiß das, weil sie immer weiter Geldscheine drucken, genau wie sie es auch in Europa mit ihren Aufkäufen tun. Die Europäische Zentralbank macht unlimitierte Ankäufe von Staatsanleihen von Euro-Ländern, die sich in Schwierigkeiten befinden. Und die Chinesen antworten auf das verlangsamte Wachstum des eigenen Landes, indem sie wiederholt die Zinssätze senken und den Märkten immer mehr sogenannte Anreize bieten. Natürlich trimmen sie auch die Auflagen für ihre Währungsreserven.
China hat also auch seine eigenen Probleme. Ich vermute mal, dass der Dollar den Status als Währungsreserve verlieren wird. Warum sollte jemand Dollar zurücklegen, oder Euro oder Yuan um hier im Bild zu bleiben? Ich kann mir also vorstellen, dass es eine neue Art von Währungsreserve geben wird, es kann sogar eine Mischung, ein Währungskorb, aller drei sein. Vielleicht ist auch der Yen dabei, wer weiß? Aber Gold wird der Maßstab sein und auf jeden Fall einen Platz in dem Ganzen haben. Das ist das, was ich mir vorstellen kann. Ich habe keine Ahnung, ob es tatsächlich so eintrifft, ich mache hier also keine Vorhersage, aber ich sehe, dass sich da etwas tun wird. Vor allem sehe ich, dass Gold bei jeder neuen Währungsreserve einen Platz einnehmen und eine wesentliche Rolle spielen wird. Ich bin überzeugt davon.
Schau dir meine Trends und News Features an. Wie du selbst gesagt hast, ist Gold über 200 Dollar gestiegen. Als Gold bei 1670 lag, habe ich angekündigt, dass ich noch einmal kaufen werde. Mein Break-out Point war, als ich geglaubt hatte, Gold hätte sich bei über 1660 stabilisiert, und so kaufte ich bei 1670. Mein nächster Buy-out Point lag bei 1770. Natürlich ist es von da an ein wenig gesunken, aber ich glaube, dass Gold sich diese Woche bei über 1780 einpendeln wird. Es ist der Beginn des nächsten Booms und ich glaube an diesen Boom. Ich habe seit langem in Gold investiert. Aber ich gebe keine finanziellen Ratschläge, ich spreche nur von dem, was ich für mich sehe und was ich tun werde.
Das Gleiche passiert übrigens mit Silber. Silber geht fast den gleichen Weg wie Gold, manchmal ist es sogar noch lukrativer. Sie wechseln sich ab, die beiden, je nachdem, wer von ihnen schneller ist, aber auf lange Sicht gesehen haben sie jetzt einen ziemlich parallelen Verlauf genommen. Eine Strategie für Investitionen, die ich mag und von der mir mal jemand erzählt hat - und mit der ich total übereinstimme - ist, jeden Monat Gold und Silber zu kaufen. Wenn du dir das mal langfristig ansiehst, also, wenn du das vor 10 Jahren angefangen hättest - jeden Monat, jeden Monat - meine Güte, deine durchschnittlichen Erträge würden wundervoll aussehen. Ja, ich glaube an Gold als langfristige Anlage. Ich glaube nicht an den Dollar oder den Euro oder den Yuan, egal welche dieser Währungen, das ist so als ob du aus der Lusitania springst und eine Passage für die Titanic kaufst. Nein, ich glaube an keine dieser Papierwährungen.
Michael: Gerald, letzte Frage. Wir haben uns letzte Woche darüber unterhalten, dass du dein Geld von MF Global immer noch nicht hast. Hat sich da was geändert?
Gerald: Nein, weil Amerika mittlerweile zu einem faschistischen Land geworden ist. Das ist die einzige Strafe, die sie für die kleinen Leute haben. Die Banker sind diejenigen, die das Land regieren. Jon Corzine, der frühere Leiter der Goldman Sachs-Gang, der frühere Senator und frühere Gouverneur von New Jersey, wurde bisher noch nicht einmal angeklagt. Er kann die 1,6 Milliarden Dollar einfach nicht finden. Ich möchte mal gerne wissen, wo die sind. Er hat mein Geld gestohlen, wirtschaftlich getrennte Gelder [segregated funds] abgezweigt. Und ich hatte das Geld auf meinem Konto, um Gold zu kaufen, habe es aber verloren.
Michael: Das ist etwas, was wir leider nur zu oft sehen. Erst war es MF Global, dann PFG Best und es sieht fast so aus, als ob man kalkuliert, wie viele Millionen Du als Strafe im Vergleich zu zahlen hast, um dir ein paar Milliarden zuvor einzuverleiben. Wahrscheinlich ist das das neue Spiel. Hoffentlich wird sich das ändern. Gerald, wir freuen uns, dich in München sehen zu dürfen und dort von dir zu hören. Ich danke dir für das heutige Interview.
Das war Gerald Celente, Direktor des Trend Research Institute und Herausgeber des Trends Journal. Vielen Dank, Gerald.
Gerald: Ich danke dir, Michael.
© Frank Meyer
TV-Moderator auf n-tv, www.frank-meyer.tv