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Südafrika bleibt ein Sorgenkind

11.05.2013  |  Eugen Weinberg

In Südafrika, dem weltweit größten Platinproduzenten, sind die Produktionskosten der Minenunternehmen zuletzt stark gestiegen. Die Gesellschaften sind daher auf Kapitalerhalt bedacht, wodurch die Produktion kaum noch merklich ausgeweitet werden dürfte. Dies würde das Angebot am Weltmarkt weiter einschränken. Die Preise der Platinmetalle sollten daher fundamental gut unterstützt sein und wir gehen im Jahresverlauf von deutlich höheren Preisen aus.

In den vergangenen Monaten hatten wir mehrfach berichtet, dass die südafrikanischen Platinproduzenten stark steigenden Kosten gegenüberstehen. Dies könnte in den nächsten Monaten zu Minen(teil)schließungen über die schon bekannten hinaus sowie im Zuge dessen zu Massenentlassungen führen. Die derzeit weitgehend friedliche Lage in Südafrika könnte sich als trügerisch erweisen.

Neuerliche Streiks, möglicherweise mit Gewalt verbunden, würden zu abermaligen Produktionsausfällen und damit zu einer weiterhin angespannten Versorgungslage vor allem am globalen Platinmarkt führen. Daten von Johnson Matthey zufolge stand Südafrika im letzten Jahr trotz der streikbedingten Produktionsausfälle mit 4,25 Mio. Unzen für knapp 73% der weltweiten Platinminenproduktion und für 37% des globalen Palladiumangebots (2,4 Mio. Unzen).

Wir werfen einen Blick auf die vier größten Platinproduzenten in Südafrika, nachdem diese ihre Halbjahres- bzw. Jahresberichte veröffentlichthaben, und schauen uns das Ausmaß der Kostensteigerungen genauer an. Die aufgeführten Daten entstammen allesamt Unternehmenspräsentationen. Es wurden keine eigenen Berechnungen angestellt. Die Ergebnisse sind in der Tabelle auf Seite 2 zusammengefasst. Zu beachten ist, dass der Produktionsmix zwischen den einzelnen Unternehmen stark variiert.

Denn neben Platin fördern die Produzenten auch andere Elemente der sog.Platinmetalle. Zur Gruppe der Platinmetalle (kurz: PGM - Platinum Group Metals oder PGE - Platinum Group Elements) zählen Platin, Palladium, Rhodium, Ruthenium, Iridiumund Osmium. Den größten wirtschaftlichen Einfluss haben Platin und Palladium. Die anderen Platinmetalle werden als Nebenprodukte gewonnen. Die sechs Edelmetalle werdenfür gewöhnlich aus denselben Erzvorkommen extrahiert, wobei die Zusammensetzung der Vorkommen selbst höchst unterschiedlich ist. Sie haben einzigartige physikalische und chemische Eigenschaften, weshalb sie in zahlreichen industriellen Anwendungenzum Einsatz kommen.

Zu beachten in der Evaluierung ist auch der sog. PGM Basket Price. Dieser gibt an, welchen Preis die Minenunternehmen für ihre produzierten Platinmetalle realisiert haben. Der PGM-Basketpreis errechnet sich aus den Umsätzen der einzelnen Platinmetalle (und ggf. Industriemetalle), dividiert durch die tatsächliche Produktion der Platinmetalle. Das Ergebnis ist ein realisierter Preis je produzierter Unze. Der PGM-Basketpreis variiert je nach Produktionsmix von Mine zu Mine. Die Produzenten veröffentlichen meistens einen gewichteten PGM Basketpreis für das gesamte Unternehmen.

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Für Lonmin sind nur Daten bis zum 30.09.2012 berücksichtigt, die somit nicht das gesamte Ausmaß der streikbedingten Produktionsausfälle erfassen. Die Zahlen von Aquarius Platinum werden dadurch beeinflusst, dass das Unternehmen Mitte letzten Jahres seine "Everest"-Mine eigenen Angaben zufolge aufgrund technischer Schwierigkeiten, hoher Kosten und schlechter Wirtschaftsaussichten vorübergehend stillgelegt hatte.

Generell betrachtet wurde die Produktion durch die umfangreichen Streiks der südafrikanischen Minenarbeiter im Herbst letzten Jahres negativ beeinflusst. Größte Kostentreiber waren deutlich höhere Preise für Strom und elektrische Komponenten, Diesel sowie Natronlauge. Der mit Abstand größte Kostenblock blieben bei allen Platinproduzenten aber die Personalkosten, die rund die Hälfte der Gesamtkosten ausmachten. Daneben hat die abwertende südafrikanische Währung belastet.





Für das laufende Jahr geht Anglo American Platinum nicht von einer wesentlichen Verbesserung der Situation aus. Im Rahmen seiner Präsentation der Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr gab das Unternehmen bekannt, dass es 2013 mit einer Platinproduktion von 2,1-2,3 Mio. Unzen plant. Im optimistischen Fall sollen die Produktionskosten 16.000-16.500 ZAR je produzierter Unze Platin betragen.

Lonmin geht in seiner die Geschäftszahlen begleitenden Investorenpräsentation nicht davon aus, die streikbedingt verlorene Produktion wieder aufholen zu können. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen eine Produktionsrate von 660 Tsd. Unzen. Die Produktionskosten sollen um rund 10% auf 9.350 ZAR je produzierter Unze Platinmetalle steigen. Impala Platinum sieht sich wiederum zunehmend im Nachbarland Simbabwe Schwierigkeiten ausgesetzt. Die dortige Regierung hatte Mitte Februar Zimplats Holdings, einer Tochtergesellschaft von Impala Platinum, Land enteignet.

Eine Entspannung der Situation in Südafrika ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Weiteres Ungemach könnte den Minenproduzenten im bevorstehenden Winterhalbjahr auf der Südhalbkugel drohen. Denn der staatliche Energieversorger Eskom, der rund 95% des südafrikanischen Strombedarfs deckt, hat kaum noch freie Kapazitäten. Mitte März hatte das Unternehmen selbst seine Reservekapazitäten auf nur noch 1,5% bezeichnet. Seit Jahresanfang stehen Unternehmensangaben zufolge durchschnittlich rund 10.800 MW oder 25% der gesamten Stromerzeugungskapazitäten aufgrund geplanter und unvorhergesehener Wartungsarbeiten nicht zur Verfügung.

Eskom muss daher auch während der Hauptnachfragesaison dringend benötigte Wartungsarbeiten durchführen, wodurch einige Kapazitäten nicht oder nur eingeschränkt nutzbar sind. Die Energieministerin des Landes hat daher die südafrikanischen Bürger aufgerufen, ihren Stromverbrauch um 10-15% zu senken. Vor fünf Jahren, als die Reserven das letzte Mal so niedrig waren, kam es zulanganhaltenden Stromausfällen im größten Land des afrikanischen Kontinents.

Viele Minenunternehmen mussten daraufhin ihre Produktion vorübergehend einstellen (Grafik 4) und den Strom mit Dieselgeneratoren selbst herstellen, was mit deutlich höheren Kosten einherging. Zu dieser Zeit erreichte der Platinpreis bei rund 2.300 USD je Feinunze sein bisheriges Rekordhoch.

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Aktuell sieht sich Eskom im Wesentlichen zwei Problemen gegenüber. Zum einen verzögert sich die Inbetriebnahme des knapp 10 Mrd. USD teuren Kohlekraftwerks "Medupi", wodurch Eskom 4.800 MW an Kapazitäten fehlen. Das Kraftwerk sollte eigentlich schon im September 2011 den Betrieb aufnehmen, wurde aber bislang mehrfach verschoben. Mittlerweile ist sogar Ende des Jahres als neuer Starttermin fraglich.

Zum anderen darf Eskom ab dem 1. April die Strompreise nur halb so viel erhöhen wie bei der Nationalen Regulierungsbehörde beantragt. Dadurch geraten die Expansionspläne Eskoms in Gefahr, neue moderne Kraftwerke zu bauen bzw. veraltete aufzurüsten.

Den Minenunternehmen hilft die Entscheidung der Regulierungsbehörde im aktuellen Marktumfeld aber auch nicht wirklich weiter. Denn Eskom darf die Strompreise nichtsdestotrotz in den nächsten fünf Jahren um durchschnittlich 8% pro Jahr erhöhen (Grafik 5). Laut Behördenangaben führt dies zu einer Strompreisanhebung auf 65,51 Cents je kwh in der Periode 2013/14 und auf bis zu 89,13 Cents je kwh in2017/18. Aussagen des Verbandspräsidenten der Minenindustrie zufolge kommen dadurch auf die Platin- und Goldminen Mehrbelastungen von 860 Mio. ZAR allein indiesem Jahr zu.

Neben den Platinproduzenten war unlängst auch Eskom selbst von Streiks betroffen. So hatten Arbeiter des zweitgrößten Kohleproduzenten Südafrikas, Exxaro Resources, im März zwei Wochen lang die Arbeit niedergelegt. Ein länger andauernder Streik hätte Auswirkungen auf die Versorgungslage von Kohle für Eskom haben können. Dennder Energieversorger generiert rund 80% seines Stroms aus Kohle. Das Unternehmen hat eigenen Angaben zufolge aber ausreichend Kohlevorräte - Mitte März hätten diese für 48 Tage gereicht.





Ein Indiz dafür, dass die eingangs erwähnte friedliche Lage im Land trügerisch sein könnte, ist der Mitgliederzuwachs bei der aufstrebenden Gewerkschaft "Association of Mineworkers and Construction Union (AMCU)". Diese versucht seit einiger Zeit, der größten Gewerkschaft des Landes, "National Union of Mineworkers (NUM)“, Mitglieder abzuwerben - offenbar mit Erfolg.

So gab Anglo American Platinum unlängst bekannt, dass AMCU mittlerweile rund 40% der eigenen Belegschaft, die Gewerkschaftsmitglieder sind, repräsentiert. Dies birgt Zündstoff, da AMCU bekannt dafür ist, aggressive und teilweise unrealistische Forderungen zu stellen und diese notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen. Die tödlichen Ausschreitungen im August letzten Jahres resultierten aus Zusammenstößen von Mitgliedern der beiden rivalisierenden Gewerkschaften. Auch im Februar kam es zu einem Konflikt zwischen Gewerkschaftsmitgliedern, der glücklicherweise glimpflich ausging. Allerdings kam es auch damals zu Beeinträchtigungen der Produktion.

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Unseres Erachtens deutet vieles darauf hin, dass die Angebotsprobleme in Südafrika noch lange nicht gelöst sind und sich vielmehr als nachhaltig erweisen dürften. Für die Minenunternehmen besteht bei den aktuellen Preisniveaus kaum Anreiz, die Produktion auszuweiten. In Anbetracht der ohnehin schon hohen und weiter steigenden Kostendürften sich die Platinproduzenten eher auf die Eindämmung der Kosten konzentrieren.

Die Schließung von Minen mit hohen Produktionskosten - teilweise oder komplett - und damit verbundene Entlassungen könnten die Folge sein. Dagegen würden wohl die Arbeiter protestieren, was wiederum in weiteren Produktionsausfällen resultieren dürfte, womit sich der Teufelskreis fortsetzen würde. Die Platin- und Palladiumpreise sollten nach unten gut unterstützt sein. Aufgrund der zahlreichen Angebotsrisiken sehen wir sowohl für Platin als auchfür Palladium weiter hohes Aufwärtspotenzial für die Preise.


Auf einen Blick

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: 'Rohstoffe kompakt', Commerzbank AG



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