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Wenn das Geld stirbt: Interview mit Doug Casey (Teil II)

03.10.2011  |  The Gold Report

Teil 1 können sie hier lesen ...

Doug Casey: Auf der anderen Seite bin ich generell optimistisch, was die weitere Zukunft angeht. Und da gibt es zwei Gründe für Optimismus: Auf der ganzen Welt gibt es schlaue Personen, die, als Individuen, nach wie vor mehr produzieren, als sie verbrauchen und zudem versuchen, die Differenz zu sparen. Dadurch wird Kapital gebildet, was von entscheidender Bedeutung ist. Sie sollten ihre Ersparnisse aber nicht nur in Form von Papierwährung anlegen. Zweitens wird die Verbreitung und Einbindung von Technologien den Lebensstandard verbessern. Denken Sie nur daran, dass heutzutage mehr Wissenschaftler und Ingenieure leben, als in allen anderen geschichtlichen Zeitaltern zusammengenommen. Die beiden Faktoren wirken der staatlichen Dummheit um uns herum entgegen. Aber ob der Tsunami aus Dirigismus und Kollektivismus sie übermannen und wegfegen wird, kann ich nicht sagen,


The Gold Report: Sie sagen, die US-Regierung sei die Grundursache dieses Problems. Wird da nicht zu viel Schuld an einem weltweiten Problem auf eine Nation abgewälzt?

Doug Casey: Der Staat als Institution an sich ist das Problem, und das Problem bildet wie ein Krebsgeschwür auf der ganze Welt seine Metastasen aus. Aber leider muss man sagen, die USA sind hier der schlimmste Missetäter, weil sie aktuell der mächtigste und aggressivste Nationalstaat sind. Und die Tatsache, dass die US-Währung weltweit akzeptiert wurde, hat dieser Entwicklung deutlich Vorschub geleistet. Der US-Dollar ist praktisch die Reserve, die all die anderen Währungen der Welt deckt. Aus ökonomischer Perspektive war und ist der US-Staat auch der zerstörerischste. Zudem sind die Militärausgaben - die US-Militärausgaben sind so hoch, wie die aller anderen Staaten zusammen - einfach nur noch zerstörerisch. Sie dienen keinem sinnvollen ökonomischen Zweck. Das Militär "verteidigt" nichts mehr - am allerwenigsten die Freiheit. Es schafft sich aktiv Feinde und provoziert Konflikte. Und daher denke ich schon, dass die USA tatsächlich die gefährlichste Kraft ist, die diese heutige Welt durchzieht.


The Gold Report: Denken Sie, dass sich das nach der nächsten Wahl ändern wird?

Doug Casey: Nein. Die Chancen, dass Obama wiedergewählt wird, sind meiner Meinung nach hoch, aus dem einfachen Grund, weil mehr als die Hälfte der US-Amerikaner große Empfänger staatlicher Freigiebigkeit und Verschwendung sind. Politisch haben sich die USA in eine größere Version Argentiniens verwandelt, wo die Wählerschaft praktisch für die Wahl des größten Diebs bestochen wird. Wahrscheinlich wird es aber sogar noch viel schlimmer als in Argentinien. Anders als die argentinische Regierung ist die US-Regierung noch recht effizient. Und im Gegensatz zu Argentinien verwandeln sich die Vereinigten Staaten zunehmend in einen Polizeistaat.

Die Republikaner zu wählen, könnte aber sogar noch schlimmer sein. Mit Ausnahme von Ron Paul und Gary Johnson kriege ich bei den anderen potentiellen Kandidaten der Republikaner einfach nur Gänsehaut. Also nein, von dort zeichnet sich keine Hilfe ab. Die US-Regierung gibt dieses Jahr ca. 1,5 Billionen $ mehr aus, als sie einnimmt - und sie wird keine Kürzungen vornehmen. Die dämlichen Rettungsausgaben werden weiter steigen. Und noch schlimmer ist, dass die Fed die Zinssätze seit drei Jahren künstlich niedrig hält. Die Zinsen belaufen sich jetzt auf ungefähr 2% für 15 Billionen $ offizielle Staatsverschuldung, oder 300 Milliarden $ pro Jahr. Da die Zinsen aber unweigerlich steigen werden, wird diese Zinssumme anwachsen. Bei 12% - und ich fürchte, sie werden sogar noch weiter steigen müssen - würden dann weiter 1,5 Billionen $ nur an Zinszahlungen hinzukommen.

Ohne einen Zusammenbruch der US-Währung und einer totalen Neuordnung der US-Wirtschaft sehe ich gar keine Möglichkeit, wie wir da rauskommen wollen.


The Gold Report: "Wenn das Geld stirbt" - der Titel ihres Summits - legt ja auch in gewisser Weise eine Rückkehr zum Goldstandard nah. Wie wird es dazu kommen?

Doug Casey: Nichts ist gewiss; aber wenn der Dollar verschwindet - und er wird seinen intrinsischen Wert bald erreichen - was werden die Menschen dann als Geld benutzen? Werden wir dann eine neue Fiat-Währung wie den Euro hervorbringen? Wahrscheinlich wird der Euro noch vor dem Dollar scheitern. Meine Vermutung ist, dass die Menschen in Zukunft wieder zurück zum Gold wollen. Nicht weil Gold in irgendeiner Weise magisch ist, sondern weil es einfach eines der 92 natürlich vorkommenden Elemente ist, das sich am besten als Geld eignet - so wie sich Aluminium bestens für Flugzeuge eignet und Eisen gut für Stahlträger ist. Und Gold ist vor allem auch deshalb so stark gestiegen, weil die Zentralbanken der Drittweltländer - oder Länder, die keine so großen Goldreserven haben wie China, Indien, Korea, Russland und sogar Mexiko - dieses Metall in größeren Mengen gekauft haben.


The Gold Report: Die Idee einer Rückkehr zu einem Goldstandard scheint insoweit unmöglich, dass es nur so und so viel Gold oberirdisch gibt - 6 Milliarden Unzen vielleicht? Mit einem Wert von vielleicht 11 Billionen $? Das ist aber nur ein Bruchteil des BIP der USA. Und selbst bei einem Goldpreis von 2.000 $ pro Unze bleibt da noch eine immense Lücke. Wie könnte man unter solchen Umständen zu einem Goldstandard übergehen?





Doug Casey: In Dollar gerechnet müsste Gold schon deutlich teuerer sein als jetzt. Ich kann nicht sagen, welche Zahlen das sein werden, denn viele Dollars werden durch Pleiten und Bankrotte verschwinden; sie werden vertrocknen und weggeblasen. Es ist wie mit Projektentwicklung im Immobilienbereich, die in irgendeiner Bilanz 1 Mrd. $ wert war; wenn das Projekt scheitert, sind 1 Mrd. $ zerstört. Es ist eine Frage der Schlacht zwischen Inflation (wobei die Regierung Dollars schöpft, um die Dinge am Laufen zu halten) und Deflation (wo Unternehmen untergehen und Dollars zerstört werden).

Aber sagen wir mal so: Die US-Regierung gibt an, dass die USA um die 265 Millionen Unzen besitzen. Ihre Verpflichtungen gegenüber dem Ausland belaufen sich auf mindestens 6 Billionen $. Und sollten diese mit einem fixen Preis-Menge-Verhältnis zurückgezahlt werden, dann würde man einen Goldpreis von ungefähr 22.000 $ pro Unze brauchen. Und in dieser Rechung tauchen die Dollars innerhalb der USA noch nicht einmal auf.

Ich bin ein Schnäppchenjäger und kaufe zu Tiefpreisen, den größten Teil meines Golds habe ich bei sehr viel niedrigeren Preisen gekauft. Ich glaube allerdings, dass Gold noch deutlich steigen wird, weil die meisten Menschen ja fast noch nicht einmal wissen, dass dieses Zeug existiert. Wenn die Inflation anzieht, werden sie aus diesen Dollars raus wollen - aber welcher andere Rohstoff würde dann für sie in Frage kommen? Also wird Gold noch steigen. Ich akkumuliere immer noch Gold.


The Gold Report: Sie meinten, dass die andere Hälfte des Sturms schlimmer werden wird als die erste. Wenn Investoren kein Gold haben, wie können sie sich dann schützen?

Doug Casey: In der heutigen Welt hat man es als Investor sehr schwer, denn als Investor legt man Kapital so an, dass es neues Vermögen schafft. Das ist aber in der heutigen hochbesteuerten und regulierten Wirtschaft nicht einfach. Es ist schon etwas spät, aber nicht zu spät, Gold, Silber und andere Rohstoffe zu kaufen. Produktive Anlagen sind nicht schlecht. Der einfachste Weg, produktive Anlagen zu kaufen, sind natürlich die Aktien börslich gehandelter Unternehmen, doch der Aktienmarkt ist meiner Meinung nach ziemlich überbewertet; also ist das aktuell nicht die beste Option.

Neben Gold- und in geringerem Umfang auch Silberkäufen sollte man meiner Meinung nach auch lernen, Spekulant zu sein. Was aber nicht Wettspielerei zu verwechseln ist, wo man auf ganz geringe Chancen vertraut. Spekulanten positionieren sich und nutzen politisch verursachte Verzerrungen am Markt aus. In einer echten Gesellschaft der freien Märkte gäbe es nur sehr wenige Spekulanten, weil es auch nur wenige solcher Verzerrungen gäbe. Aber Regulierungen, Steuern und Währungsinflation werden die Märkte wahrscheinlich weiterhin volatil halten. Gute Spekulanten werden sich so positionieren, dass sie von Blasen profitieren können, sie machen Blasen aus, die schon maximal aufgebläht sind und aller Voraussicht nach Luft lassen werden.

Die Leute werden durch staatliche Maßnahmen zur Spekulation gezwungen, ob sie es nun mögen oder nicht. Die meisten werden es wohl nicht mögen, und sehr wenige werden sich dabei gut anstellen.


The Gold Report: Nach welchen Blasen sollten Spekulanten denn potentiell Ausschau halten?

Doug Casey: Ich würde sagen, die weltgrößte Blase ist aktuell der chinesische Immobiliensektor, aber auch anderswo fangen Immobilien-Blasen an, Luft abzulassen - in Australien und Kanada zum Beispiel. Es ist natürlich sehr schwer, Immobilien zu shorten. Bankenaktien zu shorten wäre dann ein indirekter Weg. Ich würde sagen, Anleihen sind der Leerverkauf des Jahrhunderts. Die werden kaputt gehen. Anleihen stellen gleich in dreifacher Hinsicht eine Gefahr für’s Kapital dar.



The Gold Report: Sie meinten am Anfang, Technologie gäbe, als einer von zwei Bereichen, Grund zum Optimismus. Sehen Sie auch hier die Blasenbildung?

Doug Casey: Sicher haben Sie damit auch irgendwo recht, aber ich bin mir nicht sicher, ob man von Technologieraktien als einem homogenen Komplex sprechen kann, der Technologiesektor ist zu bunt gemischt; ein zu weites Feld. Ich glaube schon seit langer Zeit an die Nanotechnologie, die unsere heutige Welt stark verändern wird. Bei Goldaktien kann man aber in ein separates Anlegeruniversum springen, in dem sich wahrscheinlich eine Manie entwickeln wird.


The Gold Report: Danke für die Tipps und für das anregende Gespräch.


© Karen Roche, JT Long
The Gold Report

Dieser Artikel wurde am 23. September 2011 auf www.theaureport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.

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Doug Casey, Chairman von Casey Research LLC, ist der internationale Investor in Person. Lange Zeit seines Lebens verbrachte er in bisher über 175 verschiedenen Ländern - in 12 von ihnen lebte er. Und Doug Casey ist jemand, der buchstäblich das Buch zum Kriseninvestment geschrieben hat. Genauer betrachtet sogar zweimal. Nach “The International Man: The Complete Guidebook to the World"s Last Frontiers” von 1976, brachte er 1979 "Crisis Investing: Opportunities and Profits in the Coming Great Depression" heraus. Der Nachfolger seines wegweisenden Buches, in dem er den Zusammenbruch des Saving-and-Loan-Sektors vorsagte und seine Leser, die seinen Empfehlungen folgten, mit spektakulären Gewinnen belohnte, kam dann 1993 mit "Crisis Investing for the Rest of the Nineties". Zwischendurch brach sein Buch "How to Profit from the Coming Inflationary Depression" den Rekord für den größten Vorschuss, denn es je für ein Finanzbuch gegeben hatte. Doug Casey war zu Gast bei NBC News, CNN und National Public Radio. Er war auch zu Gast bei David Letterman, Larry King, Merv Griffin, Charlie Rose, Phil Donahue, Regis Philbin und Maury Povich. Er war das Thema zahlreicher Zeitschriftenausgaben (Times, Forbes, People, US, Barron’s und Washington Post) - ganz zu schweigen von den zahllosen Artikeln, die er für seine eigenen zahlreichen Webseiten, Publikationen und Abonnenten verfasst.

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