2016: Überraschungen & Szenarien
26.01.2016 | John Mauldin
"Das Erwartete geschieht fast nie, und wenn, dann nicht so wie erwartet."
- Vernon A. Walters
"Es liegt in der Natur von Erkundungen, dass wir nicht wissen, was wir vorfinden werden. Wir können Vermutungen anstellen, hoffen und versuchen, bestimmte Dinge aufzuspüren, aber wir müssen mit Überraschungen rechnen."
- Charles H. Townes
- Vernon A. Walters
"Es liegt in der Natur von Erkundungen, dass wir nicht wissen, was wir vorfinden werden. Wir können Vermutungen anstellen, hoffen und versuchen, bestimmte Dinge aufzuspüren, aber wir müssen mit Überraschungen rechnen."
- Charles H. Townes
Jedes Jahr im Dezember und Januar lese ich es wieder in einer der zahllosen Politik- und Wirtschaftsprognosen, die zum Jahreswechsel veröffentlicht werden: Irgendjemand schreibt immer, man solle "Überraschungen erwarten."
Solche Ausdrücke treiben den Autor in mit in den Wahnsinn. Eine Überraschung ist per Definition etwas, das man nicht erwartet. Zu sagen, eine Überraschung sei zu erwarten ergibt also keinen Sinn. Da könnte man genauso gut schreiben "Erwarten Sie, dass das warme Wasser kalt ist." Die Worte passen einfach nicht zusammen.
Der Analyst in mir versteht jedoch ganz genau, was damit gemeint ist: Nicht, dass wir ein bestimmtes, unvorhersehbares Ereignis erwarten sollen, sondern dass wir die Wahrscheinlichkeit einkalkulieren sollten, dass wir eines Tages auf irgendeine Weise überrascht werden.
Diese Vorhersage trifft fast immer zu. Ich kann Ihnen garantieren, dass Sie in diesem Jahr eine Überraschung erleben. Ich kann nicht sagen, welche genauen Ereignisse Sie überraschen werden, aber ich kann einige wohl begründete Vermutungen anstellen, wie ich das vergangene Woche in dem Artikel "Economicus Terra Incognita" getan habe. Heute gehe ich einen Schritt weiter und erläutere ein paar der "Überraschungen", die andere in ihren Glaskugeln sehen.
Wir können anerkennen, wie schwierig es ist, Prognosen zu treffen, aber dennoch von Spekulationen profitieren, die auf Tatsachen beruhen. Wie das geht? Hören Sie sich an, was Marktbeobachter zu sagen haben, die ihre Grenze kennen. Die nützlichsten Vorhersagen stammen von gut informierten Analysten, die verstehen, wo die sehr realen Grenzen im Hinblick auf Spekulationen über die Zukunft liegen. Eines meiner liebsten Clint-Eastwood-Zitate, das ich oft gegenüber meinen Kindern oder Freunden anbringe, ist "Ein Mann muss seine Grenzen kennen."
Letzte Woche haben wir die Grenzen der Zukunftsprognosen diskutiert. In einem Absatz zusammengefasst, fiel meine Vorhersage folgendermaßen aus: Das Wachstum der Weltwirtschaft wird weiter zurückgehen und auch in den USA wird sich das Wirtschaftswachstum verlangsamen und näher an 1%, als an 2% liegen. Bevor wir jedoch in eine echte Rezession abrutschen, sollte es einen Warnschuss aus Übersee geben.
Ich spekulierte, dass ein solcher Schock durch den Kollaps der Eurozone, eine echte Krise in China (mehr als nur ein Rückgang der Wachstumsrate auf 3-4%) oder eine ungewöhnlich heftige Baisse an den Aktienmärkten ausgelöst werden könnte. In der Vergangenheit wurden Rezessionen nicht durch Bärenmärkte ausgelöst - die Kausalität funktioniert andersherum. Aber früher ist die US-Wirtschaft auch nicht im Schneckentempo vorangekrochen, deshalb denke ich, dass wir diese Möglichkeit nicht ausschließen können. All meine anderen Vorhersagen basieren auf diesen Grundgedanken.
Heute schauen wir uns also die Prognosen einiger professioneller Analysten, denen ich vertraue, für 2016 an. Die meisten von ihnen kenne ich persönlich und mit einigen bin schon seit vielen Jahren befreundet. Ich weiß, dass sie nicht nur die gleiche alte Leier wiederholen. Natürlich können sie auch falsch liegen, aber aus den richtigen Gründen. Wenn wir die Vorhersagen besprochen haben, werden wir herausfinden, welche Gemeinsamkeiten sie aufweisen und wo maßgebliche Unterschiede liegen.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die vorliegenden Auszüge normalerweise nicht öffentlich zugänglich sind. Meine Freunde verkaufen ihre Analysen normalerweise zu sehr hohen Preisen oder teilen sie nur mit ihren wohlhabenden Klienten. Sie haben der Veröffentlichung auf meiner Seite auf zwei Gründen zugestimmt: Erstens wissen sie, dass ich ihre Meinungen fair und respektvoll darstellen werden, selbst wenn ich anderer Ansicht bin, und zweitens ist ihnen bewusst, dass meine Leser intelligente Leute sind, mit denen sie potentiell erfolgreiche Geschäftsbeziehungen eingehen können. Wenn Sie also vielversprechende Möglichkeiten sehen, dann sind Sie herzlich eingeladen, Kontakt zu den entsprechenden Analysten aufzunehmen. Jetzt aber weiter im Text.
BCA: Gefangenen in einem festgefahrenen System
Der hochgeschätze Bank Credit Analyst beginnt seine Prognosen jedes Jahr traditionell mit der Wiedergabe eines Gesprächs mit dem langzeitigen (und möglicherweise erfundenen) Abonnenten Mr. X, der sehr besorgt und voller Fragen im Büro auftaucht. Seltsamerweise scheint Mr. X immer meine eigenen Bedenken zu teilen, daher warte ich immer voller Ungeduld auf die Neujahrsausgabe des BCA. Ich lese den Bank Credit Analyst jetzt schon seit 25 Jahren. Der frühere Redakteur und jetzige Chefökonom Martin Barnes und sein Team versuchen, die Sorgen von Mr. X zu zerstreuen.
Bei seinem diesjährigen Besuch war Mr. X sehr beunruhigt und fürchtete, dass die extremen währungspolitischen Maßnahmen der Zentralbanken zu enormen Verschiebungen im Wirtschafts- und Finanzsystem führen. Er sieht eine Welt voller Risiken und fragt sich, ob er seine Aktieninvestitionen verringern sollte. (Hinweis: Der BCA-Newsletter wurde im Dezember veröffentlicht, vor dem Crash an den Börsen.)
In diesem Jahr schreibt BCA, dass Mr. X tatsächlich allen Grund zur Sorge hat. Das Team ist der Ansicht, dass die schleppende wirtschaftliche Erholung eher auf strukturellen, als auf zyklischen Faktoren beruht. Dem BCA zufolge nähert sich der "Schulden-Superzyklus" (ein Konzept, das sie schon vor Jahrzehnten entwickelt haben) jetzt ganz allmählich seinem Ende - eine Entwicklung, deren Abschluss noch ein weiteres Jahrzehnt oder mehr in der Zukunft liegen könnte. Wir haben es hier nicht mit einer normalen Rezession oder Erholung gemessen an den Bilanzzahlen zu tun. Das verhaltene Wachstum der Einkommen beschränkt die Nachfrage, wodurch wiederum der Schuldenabbau begrenzt wird.
Aus dieser Sichtweise ergeben sich zahlreiche interessante Konsequenzen. Das BCA-Team fragt sich offen, ob wir den Höhepunkt der Globalisierung schon erreicht haben. Das ist eher untypisch für BCA - und macht mich daher noch aufmerksamer. Peak-Globalisierung steht jetzt auf der Liste der Dinge, über die ich nachdenken muss. Die weltweiten Handelsströme wachsen nicht mehr schneller, als die Weltwirtschaft. Gleichzeitig bieten neue Technologien wie 3D-Drucker und die Robotik die Möglichkeit, Güter näher an den Konsumenten zu produzieren.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen also Fabriken in der Nähe ihrer Absatzmärkte errichten, statt die Produktion in ihrem Heimatland zu belassen und die fertigen Waren zu exportieren. Die Forderung nach strengeren Einwanderungskontrollen ist in Wirklichkeit eine Form des Handelszolls, denn sie hindern ein wichtiges Wirtschaftsgut - die Arbeitskraft - daran, ihre optimales Einsatzgebiet zu erreichen.
Wie Ian Bremmer (siehe unten) glaubt BCA, dass China eine "harte Landung" vermeiden wird, aber sie rechnen zukünftig durchaus mit einem geringeren Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte. Den Schwellenmärkten im Allgemeinen stehen schwierige Zeiten bevor, besonders angesichts der gravierenden Überschuldung. Im Hinblick auf Öl, Gold und die Rohstoffe ist BCA leicht pessimistisch, denn das Team geht davon aus, dass der US-Dollar gegenüber den Währungen der Schwellenländer und den Rohstoffwährungen weitere Gewinne verzeichnen wird.
An dieser Stelle sind einige Zitate angebracht:
"Die aktuelle Malaise der Weltwirtschaft mit ihren geringen Wachstumsraten und den deflationären Tendenzen ist mehr, als nur die temporäre Nachwirkung der Bilanzrezession von 2007-2009. Sie ist vielmehr das Ergebnis starker struktureller Einflüsse und ihre Folgen werden noch lange spürbar sein. Dazu zählen die fortgesetzte Überschuldung, der Höhepunkt der Globalisierung, die ungünstige demografische Entwicklung in den meisten wichtigen Wirtschaftsräumen, das Fehlen von Handlungsspielräumen in der Währungspolitik und niedrige Erträge auf Finanzanlagen. Die Erwartungen der Investoren müssen sich erst noch an die Tatsache anpassen, dass das Wachstum und die Inflationsrate in den kommenden Jahren wahrscheinlich unterdurchschnittlich ausfallen werden.
Die Fed wird die Zinsen weniger anheben, als ihre aktuellen Prognosen implizieren. Die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan werden ihre quantitativen Lockerungen ausweiten. Dennoch stellt die Währungspolitik kein effektives Instrument zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums mehr dar. Die Finanzpolitik muss künftig eine wichtigere Rolle spielen, doch es wird eine weitere Rezession nötig sein, um in politischen Kreisen einen Kurswechsel hin zu stärkeren Impulsen zu bewirken.
Aus fundamentaler Sicht bleibt die Lage bei den Unternehmensanleihen und den Staatsanleihen der Schwellenländer bearish und das Niveau der Spreads zeigt an, dass die Risiken noch nicht vollständig eingepreist wurden. Im kommenden Jahr könnte sich eine Kaufgelegenheit für hochverzinsliche Anleihen ergeben, aber im Moment sollten Sie Ihre Kapitalallokationen in dieser Anlageklasse gering halten.
Gegenüber den Rohstoffwährungen und den Währungen der Schwellenländer wird der US-Dollar wohl weiter Boden gutmachen. Das Aufwärtspotential gegenüber dem Euro und dem Yen ist jedoch durch eine möglicherweise enttäuschende Entwicklung der US-Wirtschaft begrenzt."
Friedman: Der Einsturz des italienischen Schuldenberges
Wenden wir uns nun für einen Moment den geopolitischen Problemfeldern zu. Meine Leser hatten alle die Chance, George Friedmans Vorhersagen für 2016 zu lesen. Neue Leser können hier eine kostenlose Zusammenfassung einsehen und finden dort auch den Link zur vollständigen Version. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie begeistert ich darüber war, dass Friedman ein Partner von Mauldin Economics geworden ist. Mit seinen Einsichten trägt er so viel zu diesem Unternehmen bei. Doch statt das zu wiederholen, was Sie hoffentlich bereits gelesen haben, möchte ich vor allem eine seiner Ansichten hervorheben, die er nach dem Verfassen der Prognose weiter konkretisiert hat.
In einer Mitteilung mit dem Titel "The Precarious State of Italian Banks" ("Der prekäre Zustand der italienischen Banken") haben George und sein Team die ernsten Finanzprobleme geschildert, die Italien drohen. Man findet darin auch gute Neuigkeiten, doch die Hiobsbotschaften überwiegen eindeutig. Der Umfang notleidender Kredite ist auf 216 Milliarden Dollar angewachsen - das entspricht etwa 17% des italienischen Bruttoinlandsprodukts. Wir haben bereits mit angesehen, wie einige italienische Banken auf recht spektakuläre Weise Pleite gingen. In Zukunft wird das noch häufiger geschehen, denn im italienischen Bankensektor liegt noch vieles im Argen. Die Spareinlagen bis 100.000 Euro sind zwar abgesichert, aber den Unternehmen und wohlhabenderen Haushalten nützt das nicht allzu viel.
Die Schulden der italienischen Banken sind mittlerweile sehr suspekt. Statt ihr Geld zu verschwindend geringen oder nicht existenten Zinsen bei einer Bank zu hinterlegen, tendieren die Italiener dazu, Anleihen der Banken zu kaufen, um wenigstens eine gewisse Rendite zu erhalten. Während der neusten Welle von Bankenschließungen haben 130.000 Anteilseigner insgesamt 790 Millionen Euro verloren. Die vier kleinen Banken, die Bankrott gingen, repräsentierten gerade einmal 1% der italienischen Spareinlagen. Die Gesamthöhe der Bankschulden im Besitz italienischer Haushalte beläuft sich auf 237,5 Milliarden Euro. Stellen Sie sich das wie hochverzinsliche Anleihen auf Steroiden vor - mit dem Unterschied, dass die Rendite in diesem Fall meist sehr gering sind.
Es ist nicht klar, ab das italienische Mindestreservesystem genügend Kapital hat, um auch nur einen Bruchteil der potentiellen größeren Verluste zu decken. Das Verhältnis der Gesamtaktiva zu den gedeckten Einlagen beträgt 250:1. Der Einlagensicherungsfonds FDIC der Vereinigten Staaten schreibt ein Verhältnis von 100:1 vor, aber in den USA erreicht die Höhe der notleidenden Darlehen auch nicht 17% des BIP.
Die Angelegenheit ist noch viel komplexer, als ich das in meiner kurzen Zusammenfassung darstellen kann, aber der Punkt ist, dass die europäischen Probleme nicht mit der Flüchtlingskrise enden. Die Kreditkrise von vor einigen Jahren ist nicht gelöst. Die Staatsschuldenquote Italiens wächst Jahr für Jahr weiter an und hatte schon vor fünf Jahren ein kritisches Niveau erreicht - bevor die EZB den Leitzins auf unter 0% senkte und enorme Mengen an italienischen Staatsanleihen aufkaufte. Das kann die Zentralbank natürlich auch weiterhin tun, aber kann sie auch die Spareinlagen und die Schulden der zahlungsunfähigen Banken kaufen? Das ist zu bezweifeln. Wir werden die weitere Entwicklung dieser Situation im Laufe des Jahres aufmerksam verfolgen.
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Bremmer: Transatlantische Krise
Bleiben wir noch für eine Weile bei der Geopolitik. Mein Freund Ian Bremmer ist ein Experte auf diesem Gebiet und gehört nicht zu den Menschen, die sich vor einem Schatten fürchten. Er zeigt oft auf, dass die beängstigenden Überschriften in Wirklichkeit gar nicht so beängstigend sind und hat damit normalerweise Recht.
Ian und seine Eurasia Group haben jedoch kürzlich eine detaillierte Analyse der geopolitischen Risiken im Jahr 2016 veröffentlicht, in der sie eine "dramatische Zunahme der weltweiten Fragmentierung" prognostizieren. Politische Spannungen zerstören überall auf der Erde die herrschende Ordnung. Einigkeit ist weltweit Mangelware.
Dieser Mangel an Geschlossenheit ist nirgends potentiell schädlicher, als in der Beziehung zwischen den USA und Europa, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs den Stützpfeiler der internationalen Verflechtungen darstellte. Die militärische Allianz der NATO ist nur eine Facette dieses Bündnisses. Daneben gibt es das auf Bretton Woods zurückgehende Währungssystem, die Vereinten Nationen, die Welthandelsorganisation, den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank. Alle diese Institutionen sind heute schwächer und weniger einflussreich als je zuvor in ihrer Geschichte.
Warum zerfällt dieser internationale Rahmen? Ian zeigt drei Gründe auf.
An erster Stelle nennt er den Aufstieg Chinas und der Schwellenmärkte, die der zuvor bilateralen Weltordnung eine weitere Dimension hinzufügen. Es ist nicht länger möglich, jeden Konflikt auf "Ost vs. West" zu reduzieren. Sowohl zum Osten als auch zum Westen zählen viele unterschiedliche Machtzentren, und jedes davon hat eigene Prioritäten und verfolgt eigene Interessen.
Zum Zweiten weist Ian darauf hin, dass verschiedene unilaterale Entscheidungen von Seiten der US-Regierungen unter George W. Bush und Obama die Verbündeten der USA verstimmt haben. Als Beispiele nennt er sowohl die elektronische Überwachung, die Edward Snowden aufgedeckt hat, als auch den zunehmenden Einsatz des Finanzsystems als "Waffe" im Rahmen einer Diplomatie des Zwangs.
Ein dritter Punkt ist, dass die europäischen Führungskräfte mit den internen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen im Moment so viel zu tun haben, dass sie strategischen Fragen auf globaler Ebene weniger Aufmerksamkeit widmen.
Die Konsequenz dessen ist, dass eine Handvoll einflussreicher Regierungen ihren eigenen Weg geht. Aus diesem Grund erscheinen auch internationale Institutionen wie die UN und der IWF so handlungsunfähig. Bis zu einem gewissen Grad sind sie das tatsächlich. Wenn sie ihre koordinierende Rolle nicht wahrnehmen können, werden zahlreiche Konflikte ernstere Probleme verursachen, als in der Vergangenheit.
Übrigens ist das nur der Punkt auf Ians Liste. Er listet neun weitere Faktoren auf, die unterschiedlich schwer wiegen. Es gibt jedoch auch Positives zu berichten: Ian entlarvt zwei wohlbekannte Gefahren als "falsche Fährten." Trotz all des Aufhebens und all der großspurigen Äußerungen seitens Donald Trumps werden der Kongress und die Gerichte die Durchsetzung seiner radikaleren Ideen verhindern, selbst wenn er ins Weiße Haus einziehen sollte. Die Wahl wird in den Medien hohe Wellen schlagen, letztlich aber wenig Substanz haben. (Der Präsident hat dank der Gründerväter der Vereinigten Staaten weniger Macht, als Sie vielleicht glauben.)
Der zweite "falsche Alarm" betrifft Ian zufolge die Wirtschaftslage Chinas. Er ist der Ansicht, dass die Regierung unter Xi Jinping durchaus in der Lage ist, einen ruhigen Ablauf der Übergangsphase zu gewährleisten und die soziale Ordnung aufrechtzuerhalten. Das Land muss einige Herausforderungen bewältigen, aber die gefürchtete "harte Landung" wird Ian zufolge nicht kommen - zumindest nicht 2016.
Lewitt: Der Große Zusammenbruch
Michael Lewitts Newsletter, "The Credit Stretegist", steht immer auf meiner Leseliste. Der Newsletter ist besser geschrieben und regt mehr zum Nachdenken an, als viele andere, und gehört zu den Quellen, die ich regelmäßig lese. Leider sind seine aktuellen Aussichten alles andere als ermutigend. Er ist der Ansicht, dass wir uns am Beginn des Platzens der größten Kreditblase in der Geschichte der Menschheit befinden. Die Situation wird sich zuerst dramatisch verschlechtern, bevor sie wieder besser wird.
In der Ausgabe vom 11. Januar weist Michael darauf hin, dass die meisten Aktienkurse des S&P 500 sich bereits in einem Bärenmarkt befinden und 20% oder mehr unter ihren 52-Wochen-Hochs notieren. Er denkt, dass das optimistische Gerede schlichtweg falsch ist. Und dann kommt eine Breitseite, die ich keinesfalls zusammenfassen kann und deshalb vollständig zitiere:
"Investoren müssen lernen, die Ratsschläge des Establishments zu ignorieren und anfangen, selbst zu denken.
Die gleiche Regierung, die versucht zu dementieren, dass radikale, islamistische Terroristen uns vernichten wollen, erzählt ihren Bürgern auch, dass die US-Wirtschaft stark sei.
Die gleiche chinesische Regierung, die den Iran unterstützt und amerikanische Interessen weltweit aktiv untergräbt, behauptet auch, dass Chinas Wirtschaftswachstum im hohen einstelligen Bereich liegt, während die Energieerzeugung, die Rohstoffpreise und andere Daten ein viel bedrückenderes Bild zeichnen.
Die US-Notenbank Federal Reserve, die eine Spekulationsblase nach der anderen erschafft, während sie Vorhersagen trifft, die den Wetteransager wie Nostradamus wirken lassen, erzählt uns, die US-Wirtschaft wäre so stark, dass sie für 2016 vier weitere Zinserhöhungen plant, obwohl die Rohstoffpreise im Keller sind und noch immer fallen, 96 Mio. Menschen keine Arbeit finden und sie sich selbst kaum dazu durchringen konnte, den Zinssatz nach sieben Jahren um 25 Basispunkte anzuheben.
Jeder, der auch nur ein Wort von dem glaubt, was diese Leute sagen, ist ganz offen gestanden ein Idiot."
Autsch. Das war deutlich. Es ist schwer, dagegen zu argumentieren. Die positive Meinungsmache von Seiten der US-Regierung, der chinesischen Führung und der Federal Reserve hat oft wenig mit der Realität gemein.
Ich denke trotzdem, dass wir einen Mittelweg einschlagen können. Ja, Sie sollten das, was Sie von offizieller Seite zu hören bekommen, nicht für bare Münze nehmen. Es ist nicht notwendigerweise im Interesse der Regierungen, uns die ganze, ungeschminkte Wahrheit zu offenbaren. Von Zeit zu Zeit jedoch sagen sie aus Versehen, was wirklich Sache ist. Wir sollten nach diesen Momenten Ausschau halten und ihnen die gebührende Aufmerksamkeit schenken.
Michael denkt, dass die Fed ihre Zinserhöhung vom Dezember bald rückgängig machen und die nächste Runde der quantitativen Lockerungen ankündigen wird. Mehr QE wird nicht helfen, aber eine bessere Idee haben sie nicht. Lewitts Rat in diesem Szenario ist einfach: Verkaufen Sie alle Ihre Aktien, kaufen Sie Gold und sitzen Sie den Sturm aus.
Kass: Stagflation statt Wachstum
Mein alter Freund Doug Kass ist der Chef von Seabreeze Partners Management und schreibt für RealMoney Pro. Er hat es sich zur Tradition gemacht, 15 mögliche Überraschungen zu identifizieren, die das neue Jahr bereithalten könnte. Die vollständige Liste können Sie hier einsehen. Hier sind einige Auszüge, die ich erwähnenswert finde.
"Überraschung Nr. 1: Der Terrorismus setzt der bereits stockenden Erholung der Weltwirtschaft ein Ende
Ich fürchte, dass wir Anschläge erleben werden, die zeigen, dass der Terrorismus systemisch ist und es sich nicht um isolierte Vorfälle handelt. Es könnte offenkundig werden, dass uns eine neue, aggressive Welle des Terrorismus bevorsteht, die, wie der IS es ausdrückt, darauf abzielt, die Dominanz der westlichen Welt zu beenden.
Sollte diese Sichtweise auf breite Akzeptanz stoßen, hätte das eine signifikante Störung des globalen Marktgeschehens und der Weltwirtschaft zur Folge. Die Aktienkurse von Fluggesellschaften, Hotels und Unternehmen aus der Unterhaltungsindustrie (vor allem in Verbindung mit Vergnügungsparks) würden darunter im kommenden Jahr wahrscheinlich am stärksten leiden."
Das ist durchaus möglich, doch lassen Sie mich dazu eines anmerken: Wenn wir zulassen, dass Terroristen unsere Wirtschaft beeinträchtigen, dann wahrscheinlich deshalb, weil wir uns von unserer Angst steuern lassen.
"Überraschung Nr. 5: Amerika rutscht in eine Rezession ab und die Aktienmärkte brechen ein
Zu hohe Schulden, zu wenig Wachstum, finanzpolitische Bewegungsunfähigkeit, eine optionslose Federal Reserve und begrenzte Investitionsausgaben (die einen negativen Einfluss auf die Produktivität haben) lasten 2016 schwer auf den Aktienkursen. Vetternwirtschaft, geopolitische Instabilität, die weitere Verringerung der Anzahl marktführender Unternehmen und ein weiterer technischer Einbruch wirken sich ebenfalls negativ aus."
Das wäre für mich keine große Überraschung, und zwar genau aus den Gründen, die Doug aufzählt. Eine Rezession ist längst überfällig. Ich denke, es ist wahrscheinlicher, dass sie erst 2017 einsetzt, aber ich gebe zu, dass die Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr auch nicht gerade gering ist. Eine scharfe Korrektur an den Aktienmärkten ist meiner Meinung nach sehr wahrscheinlich, auch wenn es uns gelingt, einen ernsten wirtschaftlichen Abschwung zu vermeiden. Diese Korrektur hat womöglich schon begonnen.
"Überraschung Nr. 6: Stagflation
Ich denke, Stagflation könnte neben der bisherigen Inflation, die vor allem das verfügbare Kapital der Mittelklasse schmälerte, im Jahr 2016 zu einem echten Problem werden. Es könnte zum Anstieg der Lohnkosten kommen und mit Ausnahme der Energiepreise könnten die Rohstoffpreise, besonders im Agrarsektor, das Inflationsziel der Federal Reserve trotz des enttäuschenden Wirtschaftswachstums der USA übertreffen.
Obwohl es sein kann, dass sich das Wachstum im dritten und vierten Quartal 2016 verlangsamt oder einer Rezession ähnelt, wird es nicht zu einer inversen Zinsstrukturkurve kommen. Die Ölpreise und eine Dürre könnten jedoch dazu führen, dass die Preisinflation bei den Agrarrohstoffen weit über den von der Fed anvisierten Wert steigt."
Unsere traditionellen Methoden zur Berechnung der Inflation erweisen sich als immer ungeeigneter, den Alltag widerzuspiegeln. Sie übertreiben die Ersparnisse durch sinkende Energiekosten und untertreiben die steigenden Gesundheitskosten. Die Fed hat die Zinsen erhöht, weil sie denkt, die Inflationsrate würde sich dem erklärten Zielbereich annähern, doch bei den Einkommen ist die Wachstumsrate noch immer gering. Nichts davon ergibt Sinn.
Während einer Stagflation könnte das Einkommensniveau unverändert bleiben, während die Energiekosten sinken und die Lebensmittelpreise steigen. Im Endergebnis wäre das für die meisten Menschen eine negative Entwicklung, aber weder der Verbraucherpreisindex noch der PCE-Preisindex für die persönlichen Konsumausgaben würden das widerspiegeln.
"Überraschung Nr. 9: Der beginnende Zerfall der Europäischen Union
Angela Merkels Politik der "offenen Tür" angesichts der Flüchtlingskrise schlägt fehl und hat ihren Rücktritt zur Folge. Unterdessen tritt Großbritannien unter dem Druck der Euro-Skeptiker aus der EU aus (Brexit).
In Schottland und anderswo gewinnen separatistische Bewegungen an Schwung und in Frankreich kann sich der Front National aufgrund der Angst vor weiterer Immigration die Zustimmung breiter Bevölkerungsschichten sichern. Die Unterstützung für Griechenland und andere Länder der europäischen Peripherie schwindet und löst eine weitere Krise an den Schwellenmärkten aus. Europa schließt die Grenzen und der Handel kommt zum Erliegen."
Dieses Szenario kann durchaus eintreten. Wir haben in dieser Woche ein kurzes Video mit George Friedman veröffentlicht. Er ist sehr besorgt um Deutschland und erläutert die Gründe dafür in dem Videobeitrag. Deutschland ist der Kern Europas. Ich habe gelernt, die Fähigkeit der EU, das Unvermeidliche hinauszuzögern, nicht zu unterschätzen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Staatenbund noch lange Bestand haben wird - zumindest nicht in seiner derzeitigen strukturellen Zusammensetzung.
Zervos: Spoos & Blues
David Zervos ist der Chefstratege von Jefferies & Company. Er erteilte vor einem Jahr einen guten Rat, als er empfahl, mehr Kapital in japanische und europäische Aktien zu investieren. Beide Märkte haben sich 2015 besser entwickelt, als die US-Aktien. Jetzt verliert er das Vertrauen in diese Investments, wie er in einem Update am 22. Dezember sagte.
"Zum Ende des Jahres 2015 habe ich viel von meinem Vertrauen in die Trades an den QE-gestützten japanischen und europäischen Märkten verloren. Mario [Draghi] scheint zu einer erstarkenden Anti-QE-Truppe unter deutscher Führung überzulaufen und Haruhiko [Kuroda] scheint nicht in der Lage zu sein, die politisch aufgeladenen Asymmetrien bei der Verteilung der monetären Impulse zu überwinden, die die Folge des schwächeren Yens sind. Ich hoffe weiter darauf, dass beide ihr Programm fortsetzen werden, doch Hoffnung ist keine gute Grundlage für eine qualitativ hochwertige Trading-Strategie. Stattdessen wende ich mich wieder meiner alten Flamme zu - Janet!!"
Im Weiteren beschreibt David, wie beeindruckt er von Janet Yellens geschicktem Management der ersten Zinserhöhung und dem damit verbundenen Ende der Nullzinspolitik ist. Er ist der Ansicht, dass die Wiederbelebung der Konjunktur im Laufe des Jahres weiter an Schwung gewinnen wird. Um davon zu profitieren schlägt er Trades mit "Spoos & Blues" vor. Spoos sind dabei Terminkontrakte auf den Aktienindex S&P 500 und Blues sind die Staatsanleihen der USA. Eine der beiden Optionen wird sich seiner Meinung nach 2016 als gewinnbringend herausstellen. Er denkt nicht, dass eine Rezession in den USA möglich ist, solange die Zinsstrukturkurve normal bleibt und von einer inversen Kurve sind wir noch weit entfernt.
Jensen: Liquiditätskrise voraus
Neils Jensen vom Londoner Unternehmen Absolute Return Partners ist einer der umsichtigsten Analysten, die ich kenne. Er denkt wie ich eher langfristig und gibt seinen Prognosen nur selten einen konkreten Zeitrahmen. Jensen glaubt, dass ein "drittes Bein" der globalen Finanzkrise das beherrschende Thema im Jahr 2016 sein könnte.
Das erste Bein war natürlich die Krise am US-Immobilienmarkt und die damit verbundenen Kreditausfälle in den Jahren 2007 und 2008. Das zweite Bein war die europäische Schuldenkrise, die 2010 ausbrach und noch immer nicht gelöst ist, ganz besonders in Griechenland.
Was könnte das nächste Bein sein? Eine Möglichkeit, die er anspricht, ist eine Ausweitung der Krise an den Schwellenmärkten, wenn die Rohstoffpreise schwach bleiben oder weiter fallen. Wenn die Fed ihren Worten Taten folgen lässt und weitere Zinserhöhungen beschließt (was alles andere als sicher ist), wird der Dollar noch mehr an Stärke gewinnen. Für Kreditnehmer außerhalb der USA wird es dann schwerer, Schulden in US-Dollar zurückzuzahlen.
Für rohstoffexportierende Unternehmen und Länder ist das eine toxische Kombination, da aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise nicht nur ihre Einnahmen zurückgehen, sondern mit dem steigenden Dollar gleichzeitig auch ihre Zinskosten zunehmen. Die Gefahr, das bedeutende Unternehmen Insolvenz anmelden müssen, ist sehr hoch.
Ich denke diese Angst erklärt wahrscheinlich auch die offenen Appelle der IWF-Vorsitzenden Christine Lagarde an die Federal Reserve, bei ihren Entscheidungen doch die Auswirkungen zu bedenken, die eine straffere Geldpolitik auf die Schwellenländer haben wird. Es gibt wenig Anzeichen dafür, dass die US-Notenbank das berücksichtigen wird. Ich würde argumentieren, dass Janet Yellen recht daran tut, Lagarde zu ignorieren. Auftrag der Fed ist es, Preisstabilität und maximale Beschäftigung in den USA zu garantieren, nicht andere Staaten zu retten. Nichtsdestotrotz könnte die Fed ohne Weiteres eine Krise an den Schwellenmärkten auslösen, die außer Kontrolle gerät und letztlich alle trifft.
Die andere Möglichkeit, die Jensen für ein "drittes Bein" der Finanzkrise in Betracht zieht, ist eine Liquiditätskrise an den Anleihemärkten. Neue Regulierungen haben zur Folge, dass Banken sich davor scheuen, andere Anleihen als Staatsanleihen in ihren Reserven zu halten. Das Problem daran ist, dass die Banken ihre eigenen Bestände schon seit Langem zum Market-Making verwenden. Sie sind (oder waren) der Grund dafür, dass man am Markt für hochverzinsliche Unternehmensanleihen leicht und ohne große Verzögerungen ein- und aussteigen konnte.
Die Liquidität nimmt ab, obwohl die Menge des in ETFs und offenen Investmentfonds anlegten Kapitals steigt. Diese Produkte werben jedoch mit täglicher Liquidität. Sehen Sie das Problem? Der Kollaps des Third Avenue Focused Credit Fund im vergangenen Monat könnte sich im Nachhinein als Generalprobe für eine ganze Reihe solcher Zusammenbrüche herausstellen.
Jensen schätzt die Wahrscheinlichkeit für beide Szenarien (Schwellenmarkt- und Liquiditätskrise) 2016 hoch ein. Keines der beiden Ereignisse wäre positiv, aber letzteres hätte viel stärkere Auswirkungen auf andere Anlageklasse wie beispielsweise Aktien. Und für das weltweite Wirtschaftswachstum wäre es mit Sicherheit auch nicht gerade gut.
Weldon: Währungskriege
Mein Buch "Code Red", das ich vor etwa 2,5 Jahren geschrieben habe, legt dar, warum ich und Co-Autor Jonathan Tepper glaubten, dass es in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnt zu einem sich zuspitzenden Währungskrieg kommen würde. Wir argumentierten sogar, dass Japan unter dem Deckmantel der quantitativen Lockerungen den ersten Schuss abgefeuert hat. Greg Weldon sagt für das neue Jahr voraus, dass sich der erste Schlagabtausch auf diesem Gebiet intensivieren wird.
Er listet 20 Länder auf, gegenüber deren Währungen der US-Dollar in den letzten fünf Jahren um mehr als 50% gestiegen ist und die zusammen 2,2 Milliarden Einwohner haben. Er weist auch auf die interessante Tatsache hin (die mir übrigens entgangen ist - er ist so gut darin, diese kleinen Details zu finden), dass Simbabwe die Einführung der chinesischen Währung plant, um seine Beziehungen zu China zu festigen.
Unten sehen Sie einen der zahlreichen Charts, die Greg erstellt. Er zeigt, dass die Währungen der von Ölexporten abhängigen Nationen - Mexiko, Norwegen, Russland - zusammen mit dem Ölpreis abgestürzt sind. Die einzige Ausnahme (die gerade Linie im Chart) ist der saudische Riyal, der an den Dollar gekoppelt ist. Diese Koppelung kann langfristig nicht von Bestand sein und die anderen Währungen des Nahen Ostens, die wiederum an den Riyal gekoppelt sind, werden ebenfalls unter Druck geraten. (Saudi-Arabien verkauft übrigens Öl für 26 Dollar je Barrel nach Europa - offenbar will das Land seinen Marktanteil unbedingt halten!)

Greg und ich tauschen uns schon seit Langem über diese Phänomene an den Währungsmärkten aus. Ich weiß nicht genau, wie lange schon. Greg ist ein Rohstoff-Trader und Analyst der alten Schule und in seinen rasanten PowerPoint-Präsentationen und Podcasts geht er auf so ziemlich alles ein, was man handeln kann. Hinsichtlich der Goldunternehmen ist er optimistisch, unter dem Vorbehalt, dass der Goldkurs unter starken Druck geraten wird, wenn sich die Mitglieder des Offenmarktausschusses der Fed in diesem Jahr zu weiteren Zinsanhebungen entschließen und den Dollar dadurch weiter nach oben treiben. In diesem Fall könnte Gold auf neue Tiefs fallen.
Ich stimme dieser Einschätzung zu. Sie können mir sagen, was die Federal Reserve tun wird und ich werde Ihnen mit 90%iger Wahrscheinlichkeit sagen, wie sich der Goldpreis verhält. Das Problem ist nur, dass die Fed höchstwahrscheinlich selbst nicht weiß, was sie tun wird, daher können Sie es mit einiger Sicherheit auch nicht wissen. Wir raten alle nur. Doch Mutmaßungen machen Trading zu einer nervenaufreibenden Angelegenheit.
Einige abschließende Gedanken
Wohin auch immer Sie in makroökonomischer Hinsicht blicken, werden Sie erkennen, wie kleine und große Ereignisse an den Rändern die ersten Risse im System verursachen. Die Bank of Japan kauft mittlerweile Unternehmensanleihen mit negativen Renditen am offenen Markt. Wie um alles in der Welt kann man einen funktionierenden Markt für Unternehmensanleihen haben, wenn es eine Institution gibt, die bei negativen Zinsen kauft?
"Im Hinblick auf die Rendite der Unternehmensanleihen hat der Markt 0,1% immer als untere Grenze betrachtet. Wenn Investoren jedoch darauf vertrauen können, dass die Bank of Japan die Schulden auch bei negativen Renditen kauft, könnte dieser Wert weiter sinken", erklärt Takayuki Atake, ein in Tokio tätiger Analyst bei SMBC Nikko Securities Inc., einer Tochtergesellschaft der Sumitomo Mitsui Financial Group Inc. "Das Sinken der Rendite auf Unternehmensanleihen in den negativen Bereich ist ein echter Meilenstein." (Quelle: Bloomberg)
Der VIX notiert derzeit wieder über seinem 400-tägigen gleitenden Durchschnitt, was historisch gesehen eine gute Kaufgelegenheit darstellt. Der absolute, nominelle Wert des Indices war zwar schon höher, doch ein Anstieg über den 400-tägigen gleitenden Durchschnitt ist relativ ungewöhnlich.
Die langfristigen Schulden der Explorations- und Produktionsunternehmen im Ölsektor sind, begünstigt durch die extrem niedrigen Zinsen, seit 2010 um 70% auf insgesamt 353 Milliarden Dollar im letzten Jahr angewachsen. Die Anleihen verkaufen sich am offenen Markt zwar nicht allzu gut, aber noch sind die Unternehmen nicht bankrott. Der Rohölpreis ist in dieser Woche unter 30 US-Dollar je Barrel gefallen und es besteht die reale Möglichkeit, dass er noch deutlich tiefer sinkt. Immerhin kann der Iran sein Öl seit gestern frei und ungehindert am offenen Markt verkaufen.
Ich könnte noch Dutzende andere Beispiele für seltsame und beunruhigende Fakten anführen, doch das Fazit ist klar: Die Welt hat uns eine schwierige Umgebung für Investments und Trades beschert. Begleiten Sie mich in diesem Jahr, wenn ich durch den Nebel blicke und hier und da einige gute Gelegenheiten aufspüre.
Lassen Sie mich diesen Beitrag trotz aller Herausforderungen auf positive Weise beenden. Ungeachtet aller wirtschaftlichen und geopolitischen Unruhen war der Fortschritt der Menschheit beim Überwinden zahlreicher langfristiger Probleme sowohl beharrlich als auch beeindruckend. Technologie und Gesellschaft schreiten an Dutzenden Fronten weiter voran.
Ich schlage vor, dass Sie sich dieses kurze YouTube-Video ansehen. Es zeigt die Falcon-9-Rakete von Elon Musk bei der Landung auf ihrer Station. Diese Rakete wird die Kosten für den Start von Raumschiffen ausgehend von heutigen Preisen um 90% und möglicherweise sogar um 99% senken. Wenn Sie dieses Video völlig emotionslos anschauen können und wenn Sie sehen können, wie diese jungen Männer und Frauen aus Freude über ihren Erfolg aufjubeln, ohne darin einstimmen zu wollen, während Sie beobachten wie die Rakete ganz sanft wieder auf der Erde landet, dann sind Sie wahrscheinlich eine mit einem Computer verbundene Überwachungskamera der NSA, aber kein menschliches Wesen.
Wie kann man denn kein Optimist sein? Im Ernst, wie?
© John Mauldin
Dieser Artikel wurde am 17. Januar 2016 auf www.mauldineconomics.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.