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Das Griechendrama geht in die x-te Verlängerung - ZEW Index setzt positive Akzente

15.02.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.55 Uhr) bei 1.3175, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im US-Handel bei 1.3081 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 78.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 103.35, während EUR-CHF bei 1.2080 oszilliert.

Die Defizitkrise bleibt weiter im Fokus der Finanzmärkte. Das Griechendrama nimmt kein Ende. Die Stimmen, die Griechenland außerhalb der Eurozone und der EU sehen wollen, sind und bleiben laut und finden immer wieder große Beachtung in den Gazetten. Danke Herr Fehrenbach.

Die Sichtweisen dieser Protagonisten sind charmant und populär. Sie gehen aber am wesentlichen Thema vorbei. Was für ein Bild gäbe die Eurozone vor der Welt und den Kapitalmärkten ab, wenn wir nicht in der Lage wären, ein absolut überschaubares Problem mit einem Schuldenvolumen von 250 Mrd. Euro (nach privatem Schuldenschnitt), mit 10 Mio. Einwohnern und der wirtschaftlichen Bedeutung Hessens zu beordnen. Wir stehen in einem Wettbewerb um Kapital an den globalen Märkten. Das machte uns China gerade erst deutlich.

Wer Unzuverlässigkeit der Eurozone bezüglich des Zusammenhalts fordert, fordert auch gleichzeitig den Entzug des Vertrauens gegenüber dem Rest der Eurozone. Mehr noch, er erschwert den Reformprozess in allen Reformländern der Eurozone, da die Kapitalversorgung und die Investitionsbereitschaft deutlich geschwächt werden. Wir haben vor einigen Tagen bereits Professor Raffelhüschen und zuletzt auch Harvard Professor Martin Feldstein thematisiert, der die strukturellen Erfolge der Sanierung in der Eurozone aufgenommen hatte.

Hier der O-Ton von Herrn Feldstein (Quelle. http://www.project-syndicate.org/commentary/feldstein44/German): Italien, Spanien und Frankreich weisen sämtlich Defizite auf, die die Schwelle von 3% vom BIP übersteigen. Aber dies sind keine strukturellen Defizite, und die Finanzmärkte wären besser informiert und würden sich weniger Sorgen machen, wenn die EZB die Größe der realen strukturellen Defizite bekannt gäbe und zeigte, dass diese jetzt abnehmen. Für die Anleger ist dies das entscheidende Kriterium für die Solidität der Staatsfinanzen.

Griechenland, das von einer Kontraktion von mehr als 11% der Wirtschaftleistung dank eines "unintelligenten“ Umgangs in der Öffentlichkeit (alle drei Monate „verbrannt“ mit der Folge Kapitalmarktunfähigkeit und Absturz der Bruttoanlageinvestitionen um -45% per 2009 - 2011!) innerhalb der letzten zwei Jahre betroffen ist, und trotz dieser Depression die Neuverschuldung von 15,4% auf unter 10% senken kann, verzeichnet strukturelle Erfolge.

Diese Erkenntnisse, die Basiswissen der Ökonomie und Fiskalpolitik darstellen, wünschen wir einigen Herren, die sich als Elite der deutschen Ökonomie verstehen. Daraus ergibt sich eine zwingende Notwendigkeit, diesen strukturellen Erfolgen stärkere fiskalische Traktion zu verschaffen. Dazu bedarf es einer konjunkturellen Stabilisierung. Je früher sie umgesetzt wird, desto besser.

Hilfen für Griechenland an der Konjunkturfront hätten hohe Dividenden zur Folge, da damit die Risikoaversion bei den übrigen Reformländern deutlich reduziert würde. Anders ausgedrückt ergäbe sich aus der Mittelverwendung in Griechenland ein Multiplikatoreffekt in alle Reformländer der Eurozone!

Populistische Stellungnahmen gekoppelt mit unvollständiger oder falscher Information (Target 2, Verzicht des Verweises auf Sicherheitenunterlegung, Stille Reserven der EZB 394 Mrd. EUR/“Deutschland bezahlt alles“, nein, bisher größter Profiteur) einiger Herren, die die vermeintliche ökonomische mediale Elite Deutschlands darstellen (Talkshows & Co.), untergraben in der deutschen Öffentlichkeit die Solidarität gegenüber der Eurozone. Hinsichtlich der gegebenen Erfolge ist das nicht nur bedauerlich, sondern es ist skandalös!

Der deutsche ZEW-Index per Berichtsmonat Februar setzte gestern deutliche positive Akzente, die in das Konzert der positiv überraschenden Frühindikatoren weltweit passen. Der ZEW-Index schoss von -21,6 auf +5,4 Punkte nach oben und markierte damit den höchsten Stand seit April 2011 (+7,6 Punkte). Das war übrigens noch eine Phase, als die Weltwirtschaft mit dem 5% Wachstumsclip spielte.

Auch die Bewertung der aktuellen Lage verzeichnete einen fulminanten Anstieg von 28,4 auf 40,2 Zähler. Damit bewegt sich der Index auf dem höchsten Niveau seit September 2011. Dennoch ist kein Raum für Euphorie gegeben. Es werden ja Finanzanalysten befragt. Die sind wetterwendisch. Per Dezember sahen sie noch förmlich schwarz und jetzt im Februar sieht alles plötzlich rosig aus? Das wirft mehr Fragen auf, als dass es Antworten gibt …

Die Entwicklung des IFO-Index, in dem Manager der Realwirtschaft befragt werden, gefällt besser. Die Bewegungen sind nicht so dramatisch. Der Index wirkt deutlich geerdeter und damit auch aussagekräftiger. Der Zew-Index markierte Tiefpunkte nahe den Marken 2008/2009, der IFO Index war davon Meilen entfernt.

Diese Divergenz der beiden Indices beinhaltet eine Aussage über die Qualität der Konjunkturzyklik. Wie im Jahresausblick berichtet, ergibt sich aus der Zyklik keine Fallhöhe für eine Rezession. Das ist der wesentliche Unterschied zu 2008/2009. Die impliziten Belege unserer Thesen werden augenfälliger. "Food for thought!“

Natürlich zeigen wir uns erfreut, dass unser im Jahresausblick 2012 thematisierter optimistischer Grundton nun auch vom Mainstream am Finanzmarkt aufgenommen wird. Besser spät, als nie …

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Im Vergleich der IFO-Index:

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.3000 - 1.3030 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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