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Konjunkturpessimisten unter Druck ...

18.04.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.38 Uhr) bei 1.3120, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3091 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 81.40. In der Folge notiert EUR-JPY bei 106.75, während EUR-CHF bei 1.2015 oszilliert.

Das Heer der konjunkturellen Bedenkenträger hat gestern einige Schlachten verloren - gut, die Auseinandersetzung geht weiter. Es ist nichts gewonnen oder verloren, die Gewichte haben sich aber fraglos verschoben.

Beginnen wir bei dem deutschen ZEW Index. Der Sentimentindex sank nicht wie erwartet von zuvor 22,3 auf 20,0 Punkte, sondern legte auf 23,4 Punkte zu. Damit wurde per Berichtsmonat April der höchste Wert seit Juni 2010 markiert. Die Bewertung der aktuellen Lage verbesserte sich gleichfalls von 37,6 auf 40,7 Punkte. Marktbeobachter hatten lediglich 35,3 Zähler unterstellt. Es ist durchaus bemerkenswert, dass die befragten Finanzanalysten und Marktteilnehmer trotz der Zuspitzung der Spekulation gegen Spanien und Italien zu einer derartigen Bewertung gelangen. Die realen Konjunkturdaten als auch Unternehmensdaten bieten für diese Einschätzung überwiegend gute Beweggründe. Mithin ist dieses Urteil als ausgewogen zu bewerten.

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Auch die Einlassungen des IWF passen in das freundliche Bild. Der IWF hob einen Großteil seiner Prognosen gegenüber seinen Voraussagen vom Januar leicht an.

So erwartet der IWF nun ein Wachstum der Weltwirtschaft von 3,5 Prozent in diesem und 4,1 Prozent im nächsten Jahr. Auch für die USA ist der Fonds nun etwas zuversichtlicher. Für die Euro-Zone gehen die IWF-Experten weiter von einer milden Rezession in diesem Jahr aus. Das vorausgesagte Minus werde mit 0,3 Prozent aber um knapp die Hälfte des bislang erwarteten Wertes erreichen. Im nächsten Jahr werde die Euro-Wirtschaft dann um 0,9 Prozent wachsen. Für Deutschland besserte der IWF seine Wachstumsprognose für 2012 auf 0,6 Prozent auf, doppelt so viel wie bislang erwartet. Für 2013 bleibt er bei der Zuwachszahl von 1,5 Prozent. Wir sind erfreut, dass sich die "Eliten“ der internationalen und auch nationalen Volkswirtschaft sukzessive unseren Prognosewerten per 2012 annähern.

Werfen wir noch einen kurzen Blick nach Italien. Ja, der budgetäre Anpassungsprozess der Defizitreduzierung wird etwas gestreckt. Dabei tut sich dann diese massive Divergenz zu den USA, Japan und UK auf, deren Neuverschuldung im laufenden Jahr zwischen 7% - 10% oszillieren wird. Ja, Kontinentaleuropa ist auf einem guten Weg, einem viel besseren Weg als „unsere Freunde“. Kommen wir zu den Fakten:

Italiens Regierung rechnet einem Entwurf für die wirtschaftliche Entwicklung zufolge nicht mehr damit, im kommenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können. Dazu wird es voraussichtlich erst 2014 kommen, wie aus dem Dokument hervorging, das der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag vorlag. Demnach werden die Zielmarken für das Defizit für die Jahre 2012-2014 erhöht und die Konjunkturprognose für 2012 gesenkt. Das Kabinett soll den Entwurf am Mittwoch annehmen. Italiens ehemaliger Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte den EU-Partnern vergangenes Jahr als Frist 2013 genannt.

Sein Nachfolger Mario Monti kämpft inzwischen insbesondere mit einer schrumpfenden Wirtschaft. Beim Defizit geht die Regierung dem Entwurf zufolge nun für 2012 von 1,7 statt wie bisher 1,6 Prozent aus. Für kommendes Jahr gibt sie als neue Defizit-Marke 0,5 Prozent an nach bislang 0,1 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt werde 2012 um 1,2 Prozent schrumpfen. Zuvor war ein Minus von 0,4 Prozent erwartet worden. Der International Währungsfonds (IWF) teilte mit, er gehe davon aus, dass Italiens Defizit in diesem Jahr 2,4 Prozent und 2013 1,5 Prozent betragen werde. Ein ausgeglichener Haushalt sei vor 2017 nicht zu erwarten.

Die Unterschiede zu USA, Japan und UK sind selbst bei den Annahmen des IWF extrem stark ausgeprägt, oder? Dass derartige Unterschiede zu den aktuellen Bewertungen an den Finanzmärkten führen, darf entweder als Beleg der "Marktineffizientheorie“ interpretiert werden oder eröffnet eine neue Seite in dem Buch "politisch manipulierter Märkte“.

Die Daten aus den USA konnten gestern keine positiven Akzente setzen. Die Industrieproduktion war per März im Monatsvergleich unverändert. Erwartet war ein Anstieg um 0,3%. Die Kapazitätsauslastung sank von zuvor 78,7 auf 78,6%.

Neubaubeginne stellten sich per März in der annualisierten Fassung auf 654.000 (Prognose 705.000) nach zuvor 694.000 (revidiert von 698.000). Baugenehmigungen legten von 715.000 auf 747.000 zu. Der Immobilienmarkt kann unverändert nicht überzeugen.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2980 - 10 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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