Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Euro startet gegenüber USD stabiler in die neue Woche

30.04.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.45 Uhr) bei 1.3250 nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3158 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 80.15. In der Folge notiert EUR-JPY bei 106.20, während EUR-CHF bei 1.2013 oszilliert.

Die europäische Politik wendet sich nach der stringenten Reformpolitik der letzten gut zwei Jahre sukzessive dem Thema Wachstum zu, einem Thema, das in den USA sehr prominent ist. Wer jedoch glaubt, dass damit eine Annäherung oder gar Vergleichbarkeit der politischen Qualitäten zwischen USA und Europa gegeben ist, irrt sich gewaltig. Den USA fehlt ein nachhaltiger Reformansatz und zu 100% die Reformumsetzung. Der Unterschied zu den USA könnte damit nicht augenfälliger sein.

Dort wurde auf eine Wachstumspolitik ohne jeden ernst zu nehmenden Reformansatz gesetzt. In der Folge war der Nutzen bei dem Wachstum insbesondere bezüglich des einmaligen Niveaus der öffentlichen Intervention vollkommen unterproportional. Europa ist einen anderen Weg gegangen. Die Veränderung der Strukturen in den Problemländern ist vergleichbar mit einer investiven Neuverschuldung im Vergleich zu einen konsumtiven Neuverschuldung in den USA.

Das Potentialwachstum der europäischen Reformländer wird durch den europäischen Reformweg mittelfristig deutlich erhöht. Erhöhtes Potentialwachstum auf die nächsten 10 Jahre von 15% - 20% werden für die Reformländer derzeit gehandelt. Der Unterschied zu den USA könnte nicht augenfälliger sein.

Reformen sind nur dann auch fiskalisch im Sinne nachhaltiger Defizitreduktion sichtbar, wenn sie auf einen zumindest relativ stabilen ökonomischen Körper wirken können. Das war in den europäischen Reformländern nur zum Teil gegeben.

Insbesondere in Griechenland wurde der Aspekt der konjunkturellen Stabilität während des Reformprozesses nahezu vollständig vernachlässigt. Der Reformkurs für Griechenland war massiv, sogar historisch einmalig. Die Neuverschuldung konnte dennoch nicht wie gewünscht reduziert werden, da der konjunkturelle Verfall extrem ausgeprägt war.

Schauen wir auf die Fakten. Die Neuverschuldung Griechenlands sank von 15,4% des BIP per 2009 auf 9,1% per 2011. Das Ziel von 7,6% per 2011 wurde verfehlt. Dennoch ist dieser Rückgang beachtlich, da in diesen zwei Jahren 2010 und 2011 die Wirtschaftsleistung um 12% zusammenbrach. In einer Situation ohne strukturelle Fiskalreformen, wären die Defizite dank geringerer Steuereinnahmen und größerer Sozialausgaben förmlich weiter explodiert. Hier ergab sich aber ein Rückgang um 6,3% - das ist Ausdruck der strukturellen Reformen (an die Adresse Schäffler & Co.).

Diesbezüglich ist es elementar, dass eine konjunkturelle Stabilisierung in den Reformländern greift. Dank der strukturellen Reformen wird die fiskalische Traktion dieser zukünftigen Erholung weitaus ausgeprägter sein, als es die „Profis“ bisher prognostizieren.

Entsprechend ist die Neuausrichtung in der Eurozone zur Wachstumspolitik richtig. Das Reformwerk ist zu größten Teilen umgesetzt, nun geht es daran, auch die Ernte durch eine stabilisierte Konjunktur einzufahren. Ob unsere „Freunde“ in London und NY darauf vorbereitet sind, sei dahin gestellt.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier unterstützt die Forderung, den EU-Fiskalpakt durch ein Wachstumspaket zu ergänzen. Er sei dafür, zusätzlich zu den Verträgen für Haushaltsdisziplin eine europäische Wachstumsinitiative vorzubereiten, sagte Barnier der Zeitung "Die Welt" laut Vorab-Bericht aus der Montagausgabe. Kurzfristig sei beispielsweise die Ausweitung der Förderung durch die Europäische Investitionsbank wirksam. Die Forderung nach einer stärkeren Fokussierung auf das Wachstum der europäischen Volkswirtschaften war zuletzt in den Mittelpunkt gerückt.

So hat sich EZB-Präsident Mario Draghi für einen Wachstumspakt ausgesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Wochenende betont, auf dem EU-Gipfel im Juni seien Wachstumsbeschlüsse geplant. Dabei sei denkbar, dass die Möglichkeiten der Europäischen Investitionsbank verstärkt würden.

Merkel war damit auf eine Forderung der SPD und des französischen Präsidentschaftskandidaten Francois Hollande eingegangen, der in den Umfragen für die Stichwahl am kommenden Sonntag vor Amtsinhaber Nicolas Sarkozy führt. Hollandes Forderung, den Fiskalpakt für eine strengere Haushaltsdisziplin der EU-Staaten zu ändern, wies Merkel aber zurück. Kontinentaleuropa ist auf einem guten Weg!

Werfen wir einen kurzen Blick auf die Wirtschaftsdaten vom letzten Freitag. Wir beginnen mit der Schweiz - einem Teil Kontinentaleuropas. Der schweizerische KOF-Indikator legte per April unerwartet deutlich von zuvor 0,9 auf 0,40 Punkte zu. damit kam es den dritten Monat in Folge zu einem Anstieg.

Die schweizerische Wirtschaft gewinnt wieder an Fahrt. Auch der Schritt zu dem verankerten Kursniveau des Euro bei 1,20 CHF darf als ein wesentlicher Hintergrund gewertet werden. Es griffe aber zu kurz, diesen Anstieg auf diese Folge zu reduzieren. Die schweizer Wirtschaft hängt auch am globalen Investitionsgüterzyklus. Der hat Potenz und nach unserer Analyse eine deutliche Untersättigung, da die politischen Risiken ausgehend von der Eurozone Investitionslust per 2011 deutlich reduzierten. Hier gibt es Aufholeffekte, die erheblich sind und offensichtlich beginnen.

Open in new window


Die Zahlen aus den USA boten am Freitag ein gemischtes Bild. Positiv setzte das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan Akzente. Per April ergab sich im Monatsvergleich eine Zunahme um 0,2 auf 86,4 Punkte. Der vorläufige Wert per April bei 75,7 Zählern, der auch der Konsensusprognose entsprach wurde deutlich überboten.

Der Blick auf den langfristigen Chart verdeutlicht jedoch, dass das aktuelle Niveau bezüglich des historisch einmaligen Interventionsniveaus nicht als „auskömmlich“ definiert werden kann.

Open in new window


Die erste Schätzung des US-BIP per 1. Quartal 2012 verfehlte mit 2,2% die Konsensusprognose von 2,5% in der annualisierten Fassung. Konsum trug zu dem Wachstum wesentlich bei. Investitionstätigkeit enttäuschte dagegen mit einem nur geringfügigen Wachstumsbeitrag.

Open in new window


Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2980 - 10 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"