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Die Silber-Ermittlungen der CFTC

14.08.2012  |  Theodore Butler
Die Titelstory der Montagausgabe der einflussreichen Financial Times (London) ließ das Interesse und die Kommentarzahlen in den letzten Tagen förmlich explodieren. Wie die FT mit Bezug auf 3 ungenannte Quellen meldete, werde die CFTC ihre seit vier Jahren andauernden Ermittlungen im Silbersektor wegen des Verdachts auf Manipulation der Silberkurse aufgrund mangelnder Beweise in Kürze einstellen. Als ich am Sonntag ins Bett ging - die Meldung war gerade erst herausgekommen -, machte ich mich darauf gefasst, dass am nächsten Tag ähnliche Meldungen in der Presse auftauchen würden, die die ursprüngliche FT-Meldung bestätigten. Doch am nächsten Tag bestätigte keine Meldung die Einstellung der Ermittlungen. Eine namentlich genannte Quelle (und zwar Kommissar Bar Chilton von der CFTC) ließ hingegen verlauten, die FT-Meldung sei "verfrüht“ und "in vielen Aspekten ungenau".

Die CFTC-Silber-Ermittlungen sind eine hochbrisante Angelegenheit; und in der Edelmetallwelt lösten der Bericht der FT und der Kommentar Chiltons eine Welle von Emotionen und Vermutungen aus. Aus gutem Grund, denn dieses Thema ist von höchster Bedeutung. Es kann keine wichtigere Angelegenheit geben, als die Frage, ob die Kurse eines Marktes manipuliert werden. Das Problem der Silbermanipulation ist maßgeblich und entscheidend, selbst CFTC-intern; ansonsten wären diese Informationen wahrscheinlich gar nicht erst durchgesickert, zudem hätten die Reaktionen länger auf sich warten lassen. Wie es so oft bei extrem entscheidenden Sachverhalten (wie z.B. politischen Entscheidungen und Wahlen) der Fall ist, wird die Debatte darüber emotional geführt, was zu einer Verzerrung der realen Sachverhalte führen kann.

Ich möchte also an dieser Stelle versuchen, ein nüchternes Bild der Gesamtlage wiederzugeben. Dies ist zugegeben keine einfache Aufgabe für mich, da ich der Hauptinitiator dieser Ermittlungen im Silbersektor war - wie auch der beiden vorhergehenden CFTC-Silber-Ermittlungen der Jahre 2004 und 2008. (Schade nur, dass "Initiieren staatlicher Ermittlungen“ keine olympische Disziplin ist.) Tatsache ist jedoch, dass ich vor vier Jahren gar nicht versucht hatte, die Kommission zu Ermittlungen zu bewegen, da die zweite Ermittlungsrunde innerhalb von vier Jahren ja erst wenige Monate zuvor (im Mai 2008) zu Ende gegangen war. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich also, wo die Kommission in Fragen einer möglichen Silbermanipulation stand; und es wäre zwecklos gewesen, sie zu erneuten Ermittlungen aufzufordern.

Als ich meine Leser damals bat, der CFTC wegen des heute berühmt-berüchtigten Bank Participation Reports von August 2008 zu schreiben, hatte ich andere Motive im Kopf. Aus diesem Bericht ging hervor, dass eine oder zwei US-Banken eine obszön große und konzentrierte Short-Position am COMEX-Markt für Silber-Futures gehalten hatten. Diese Position belief sich auf insgesamt auf 20 % der Weltproduktion, sie umfasste zudem 30% des gesamten COMEX-Silbermarktes. Nie zuvor hatte an einem großen Markt eine solche Konzentration geherrscht. Mir war bewusst, dass diese Leerverkaufsposition so konzentriert war, dass sie an und für sich schon Beweis für die Manipulation des Silbermarktes war, denn ohne sie hätten die Kurse drastisch höher gestanden. Und genau das ist immer die Gretchenfrage hinsichtlich Marktmanipulation: Wo würde der Kurs jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach stehen, gäbe es keine konzentrierte Position?

Aus dem Bank Participation Report von August 2008 und dem sich in der Folge ergebenden Schriftverkehr zwischen der CFTC und US-Abgeordneten erfuhr ich zudem, dass JP Morgan der große Silber-Leerverkäufer war, worüber ich schon in diesem Artikel Vermutungen anstellte. Hier erfuhrt die Edelmetallwelt, dass JP Morgan der große Silber-Short war.

Ich bat die Leser, der CFTC zu schreiben. Sie sollte keine neuen Ermittlungen im Silbersektor durchführen, sondern einfach nur erklären, wie es möglich sein kann, dass eine Bank einen solche großen Marktanteil haben kann und diesen Markt trotzdem nicht manipuliert. Diese Frage hätte die Kommission unverzüglich beantworten müssen, da diese Frage mit Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der Rohstoffmärkte so entscheidend und grundlegend ist. Als Allerletztes wollte ich, dass die Behörde als Verzögerungstaktik! erneut jahrelange Scheinermittlungen anberaumt, da sie nicht auf eine grundlegende Frage bezüglich ihrer aufsichtsbehördlichen Aufgaben antworten konnte.

Da die Kommission nicht in der Lage war, die Legitimität der konzentrierten Position JP Morgans zu erklären, zögerten sie eine Entscheidung heraus, indem sie Scheinermittlungen vorschob. Vier Jahre sind allerdings eine außergewöhnlich lange Zeit für staatliche Ermittlungen - ganz gleich ob es sich dabei um Scheinermittlungen oder erst gemeinte Untersuchungen handelt. Nun scheint es aber ganz so, als müsse die CFTC zu dieser Frage Stellung beziehen, womit wir beim Artikel der Financial Times wären.

Der Inhalt des FT-Artikels war enttäuschend (mein Name wurde immerhin nicht in einem abwertenden Kontext erwähnt), die Reaktion Chiltons hingegen wieder ermutigend. Insgesamt betrachtet ist es aber unwahrscheinlich, dass die Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis kommen werden, als die im Artikel erwähnten Quellen nahelegen. Immerhin wird sich niemand Versagen auf der ganzen Linie eingestehen wollen. Sollte die CFTC Strafen wegen Manipulation des Silbermarktes verhängen, so würde sie gleichzeitig zugeben, dass ihr die Rechtsverletzungen der vergangenen zwei Jahrzehnte entgangen waren, obgleich seit 1986 regelmäßig und nachweislich gewarnt wurde. Wie hoch ist also die Wahrscheinlichkeit, dass das passieren wird?

Würde die Behörde JP Morgan wegen Manipulation der Silberkurse verurteilen (was sie eigentlich tun müsste), dann könnte dies eine Reihe von Ereignissen auslösen, die ganz leicht außer Kontrolle geraten könnten. Die Tatsache, dass es sich beim Hauptanklagepunkt, um ein immer noch aktiv durchgeführtes Verbrechen handelt, macht das Thema Silbermanipulation so kontrovers und explosiv. Niemals zuvor hatte die CFTC eine laufende Marktmanipulation unterbunden; wie die meisten anderen staatlichen Behörden reagierte sie erst, wenn alles schon geschehen war. Dieser Punkt soll nicht allein als Anklage betrachtet werden, sondern auch als allgemeine Beobachtung, dass staatliche Institutionen in der Regel eher reagieren anstatt vorausschauend tätig zu werden.




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