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Stark und Makuch bereiten EZB-Zinserhöhung vor - ein paar Worte zu Ratingagenturen!

31.03.2011  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.00 Uhr) bei 1.4135, nachdem im asiatischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.4147 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 82.85. In der Folge notiert EUR/JPY bei 117.10, während EUR/CHF bei 1.2975 oszilliert.

Makuch (EZB) sagte, dass eine Zinserhöhung der EZB im April sehr wahrscheinlich sei, gleichwohl sei das nicht absolut sicher. Stark (EZB) betonte, dass es an der Zeit sei, das Zinsniveau zu normalisieren.

Diese Statements sind sachlich nicht zu hinterfragen. Die Zeichen stehen auf erhöhte Inflation (Siehe Jahresausblick). Die Tatsache, dass sich die EZB als erste große Zentralbank diesem Thema annähert, spricht für die Ausrichtung auf Stabilität. Die Politik der EZB hebt sich sehr positiv von dem Ansatz der Fed ab und ist dennoch sehr spät dran!

Bevor wir uns den Wirtschaftsdaten widmen, ist eine Einlassung zu den jüngsten Herabstufungen europäischer Reformländer durch Ratingagenturen zu thematisieren. Portugal wurde von Standard & Poors von BBB auf BBB- herabgestuft, eine Stufe oberhalb von "Ramschniveau". Damit hat S&P innerhalb einer Woche zwei Herabstufungen Portugals vorgenommen. Griechenland wurde gleich um zwei Stufen auf BB- gesetzt. Damit bewegt sich Griechenland drei Stufen unterhalb des "Investment Grade".

Die Ratingagenturen agieren in den letzten Monaten verstärkt prozyklisch. Der Begriff Verantwortungslosigkeit darf diesbezüglich diskutiert werden. Über ihre Ratings verschärfen sie die Stimmungslage gegen die Reformländer, was unter anderem an dem nicht regulierten "CDS-Markt", der einen regulierten Staatsanleihemarkt preislich dominiert, erkennbar wird. Sie unterminieren den unwiderlegbaren Erfolg der Reformschritte. Die bisherigen Reformerfolge, die die Zielsetzungen des IWF und der EU übertrafen, interessieren nicht.

Standard & Poors stellt die Herabstufung darauf ab, dass der Nachfolger des EFSF, der ESM, den Ausblick ab 2013 einschränke, dass Zinszahlungen zeitgerecht an Anleihegläubiger erfolgen und die Forderungen honoriert werden. Es geht also nicht einmal um die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls, sondern nur um die Möglichkeit! Diese Sichtweise nehmen wir als eine unkonventionelle Interpretationsvariante zur Kenntnis. Es wird also nicht evaluiert, ob Portugal oder Griechenland in der Reform erfolgreich sind, sondern der Mangel an Vollkaskohaftung für private Gläubiger ab 2013 ist jetzt Auslöser der Herabstufung. Das ist erstaunlich, wenn nicht gar grotesk.

Gilt es heute, bei der Bewertung der Bonität nur nach dem Vollkaskoschutz und der Monetarisierung der Schulden zu bewerten? Je mehr Vollkaskohaftung und Monetarisierung (Beispiel USA), desto besser das Rating (USA AAA). So kann das Verhalten von Standard & Poors interpretiert werden.

Der Weg zurück zu Ansätzen des freien Marktes, den wir in der Eurozone in Trippelschritten wagen, wird damit mit Stolpersteinen durch Ratingagenturen belegt. Waren diese Ratingagenturen nicht einmal Leuchttürme als Verfechter des freien Marktes und erfolgten Ratings nicht auch zum Teil auf dieser Grundlage? Dürfen wir jetzt den Begriff Beliebigkeit bei den Standards der Ratingagenturen diskutieren?

Eigentlich sollte jedem Anleihegläubiger bewusst sein, dass es bei Anleihen ein Ausfallrisiko gibt. Zumindest habe ich das in meiner Banklehre bei der Deutschen Bank zwischen 1982 und 1984 gelernt.

Der Weg Europas, sich dieser Binsenweisheit nach der Extremsituation mit Vollkaskohaftung wieder zu stellen, wird nicht honoriert, im Gegenteil! Gerade dieser Mechanismus der möglichen Beteiligung privater Gläubiger bei einem Ausfall ist ein Anreiz für die Defizitländer, einen Zahlungsausfall zu vermeiden, um Kapitalmarktfähigkeit und damit politische Unabhängigkeit wieder zu erlangen. Darauf sollte sich S&P in sachlicher Manier kaprizieren.

Das Modell USA, in dem die Fed die private Nachfrage nach US-Treasuries nach Gutdünken auf unsterilisierter Basis ersetzt (Ankauf von 70% der Neuemissionen 2011!), wird dagegen von Ratingagenturen honoriert. In meiner Lehrzeit war genau dieses Verhalten einer Zentralbank der größte denkbare Sündenfall, der massiv erhöhtes Misstrauen am Markt zwingend hervorrufen muss. Hier sind Gesetzmäßigkeiten des freien Marktes ausgehebelt. So kann es dann auch angehen, dass die Ankündigung PIMCOs alle US-Treasuries zu verkaufen, kurzfristig zu niedrigeren Renditen am US-Anleihemarkt führte. "Food for thought!"

In diesem Zusammenhang ist eine weitere Frage zu stellen. Die Ratingagenturen forderten vehement per Ende 2009 Reformen der europäischen Defizitländer ein (zu diesem Zeitpunkt gab es weder EFSF noch ESM, sondern ein reales Ausfallrisiko!), die stringent umgesetzt wurden und weiter umgesetzt werden. Ohne die Reformen stand die Androhung von Herabstufungen im Raum. Jetzt werden Reformen bei gleichzeitigen Schutzschirmen (anders als 2009!) geliefert, die die Zielmarken des IWF und der EU übertreffen und es wird trotzdem latent herabgestuft. Das macht sehr nachdenklich.

Noch nachdenklicher macht jedoch die Tatsache, dass die USA sich Reformen nicht stellen und nicht ansatzweise im Fokus der Agenturen stehen.

Hier ist implizit eine politische Agenda der Ratingagenturen erkennbar. Es geht nicht um sachliche Diskontierung der internationalen Risiken, nein, es geht darum Partikularinteressen der USA zu schützen!

Europa ist gut beraten, sich dieser Handlungsweisen auf politischer Ebene bewusst zu sein und die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Eine davon muss sein, eine eigenständige Ratingagentur der Eurozone so schnell wie nur denkbar aufzubauen!


Wenden wir uns dem gestrigen Datenpotpourri zu:

Der "Economic Sentiment Index" der Eurozone sank per März gegenüber dem Vormonat von 107,9 auf 107,3 Punkte. Im Vormonat wurde das höchste Niveau seit August 2007 erreicht. Der Rückgang per März hat voraussichtlich seinen primären Ursprung in den kurzfristigen Belastungen durch die Themen Nordafrika und Japan. Die reale wirtschaftliche Lage bleibt unverändert sehr positiv. Losgelöst von diesem Zusammenhang belegt das Indexniveau solide Expansion.

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Der schweizerische "KOF-Index", der führende Index der Geschäftserwartungen der Schweiz, setzte gestern überraschende positive Akzente. Der Index legte von 2,19 auf 2,24 Punkte zu. Erwartet war ein Rückgang auf 2,16 Punkte. Der Blick auf den Chart verdeutlich das profunde Indexniveau, das ein hohes Expansionstempo der Wirtschaft impliziert.

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Der "US-Challenger Report", der Auskunft über die Entwicklung der angekündigten Massenentlassungen sendet per März Entspannungssignale. Die Anzahl der betroffenen Jobs stellte sich auf 41.500 nach zuvor 50.700.

Im Monatsvergleich kam es zu einem Rückgang um -18,1% und im Jahresvergleich um -38,6%. Anzeichen einer sukzessiven Verbesserung am US-Arbeitsmarkt nehmen zu.

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Laut der Erhebung im Rahmen des "US ADP-Employment Report" sind per März 201.000 Stellen in der Privatwirtschaft der USA neu geschaffen worden. Damit kam der Wert der Prognose bei 203.000 sehr nahe.

Der beigefügte Chart verdeutlich zweierlei Fakten. Einerseits ergibt sich eine positive Tendenz am US-Arbeitsmarkt, die sukzessive dynamischer wird, andererseits ist das Niveau der Beschäftigung, anders als in Deutschland, unverändert sehr niedrig!

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3720 - 1.3750 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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