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Dritte und finale Transformation der US-Geldpolitik

30.04.2015  |  John Mauldin
Das Gesetz der unbeabsichtigten Konsequenzen gewinnt im Bereich der Ökonomie immer mehr an Bedeutung, da die Komplexität in der Welt mit jedem Jahr exponentiell ansteigt. So wie die Komplexität und der Wert von Netzwerken mit der wachsenden Anzahl von Netzwerkverbindungen wachsen, so wird auch die Weltwirtschaft komplexer, interessanter und schwieriger zu handhaben: Nicht nur die Menge der Individuen, Unternehmen, staatlichen wie anderen Institutionen schwillt an, sie sind zudem durch Verträge und Sicherheitsinstrumente sowie finanz- und Informationsflüsse untereinander verbunden.

Es wäre überheblich, davon auszugehen (was die derzeitige ökonomische Denkweise aber tut), dass die gesamte Wirtschaftswelt durch die Manipulation einer (wenn auch wesentlichen) Teilmenge dieses Netzwerkes gelenkt werden kann, ohne das damit unbeabsichtigte Konsequenzen in den anderen Teilen des Netzwerkes entstehen würden.

Um es klarzustellen: Unbeabsichtigte Konsequenzen können positiv, neutral oder negativ sein. Ich schreibe diesen Newsletter hier nun seit über 15 Jahren und er erreicht mehr Menschen, als ich mir jemals habe träumen lassen. Und das ist zum Teil das Ergebnis einer für mich glücklichen, unbeabsichtigten Konsequenz.

Doch wie jeder Programmierer weiß, kann eine kleine Veränderung des Codes innerhalb eines sehr komplexen Programms signifikante Folgewirkungen haben, so dass am Ende vielleicht das Programm abstürzt. Ich habe ein neues Microsoft Surface Pro 3 Tablet, an das ich mich zu gewöhnen versuche, allerdings spielt mein bislang immer verlässlicher Mozilla-Browser nicht mit wirklich mit diesem Computer zusammen. Ich bin mir sicher, dass es nur an einem einfachen Bug liegt oder dass irgendwas nicht kompatibel ist, allerdings waren ich und mein Team nicht in der Lage, herauszufinden was es genau ist.

Das ist aber ein relativ geringes Problem verglichen mit den unbeabsichtigten Konsequenzen, die durch quantitative Lockerungen, Nullzinspolitik und die Spielereien anderer Zentralbanken hervorgerufen werden. Wir hatten schon an anderer Stelle diskutiert, inwieweit die Federal Reserve große Dollarmengen in den Rest der Welt drückte und mit den Kapitalflüssen in die und aus den Schwellenmärkten Chaos und Zerstörung anrichtet. Von mehr als nur einem Zentralbanker der Schwellenländer sind aggressive Beschuldigungen zu hören.

Dr. Woody Brock, ein guter Freund, argumentiert nun, dass die unbeabsichtigten Konsequenzen von QE derart wären, dass die traditionelle Gestaltung der US-Geldpolitik (und zwar durch periodische Änderungen der Fed Funds Rate, des US-Leitzinses) unbrauchbar und hinfällig geworden ist. Er kommt zu dem Schluss, dass wir uns bald schon nicht mehr um diese Fed Funds Rate kümmern werden und stattdessen andere Zinssätze/ Raten in den Mittelpunkt rücken.

Es geht also um ein wichtiges Thema, das häufig nicht wirklich durchdrungen wird. Woody hat mir die Erlaubnis gegeben, seinen quartalsmäßig erscheinenden “Abriss“ erneut zu veröffentlichen. Für seine Verhältnisse ist es eigentlich eine recht kurze Abhandlung, allerdings wird man sie möglicherweise zweimal lesen wollen (und das ist nicht ungewöhnlich für seine Arbeiten).

Woody Brock ist einer der hervorragendsten Ökonomen, die ich kenne, und ich versuche immer Zeit mit ihm zu verbringen, wenn unsere Terminkalender es zulassen. Er baut seine Firma um, um mehr Zeit zum Schreiben zu haben und nicht so oft reisen zu müssen, er beabsichtigt auch, den Preis für sein Abonnement zu senken. Es wird immer noch recht kostenintensiv für die meisten Leser sein, doch für Fonds und Institutionen sollte es zur Grundausstattung gehören. Sie finden seine Webseite unter www.SEDinc.com oder können ihm schreiben: SED@SEDinc.com. […]


Die Fed Funds Rate - Möge der Leitzins in Frieden ruhen: Die dritte und finale Transformation der US-Geldpolitik

Von Woody Brock Ph.D
Strategic Economic Decisions, Inc.


Keine andere globale Finanzvariable wird mehr auseinandergenommen und genauer analysiert als die geldpolitischen Aussagen der Federal Reserve. Das sogenannte “Fed-Watching" ist in den letzten 30 Jahren in der Tat zu einem Geschäftsfeld geworden, denn alle blicken auf die Federal Reserve. Schon in ein paar Jahren wird dieser Begriff nur noch selten in Mitteilungen und Artikel auftauchen. Denn die Fed wird jetzt anstelle der Funds Rate zwei neue Leitvariablen anvisieren. Eine Folge davon ist, dass sich Prognosen zur Fed-Politik anstrengender gestalten werden.

Um diese Aussage verstehen zu können, sollten wir ein wenig in die Geschichte zurückgreifen. In den letzten neun Jahren hat sich die Geldpolitik der USA in dreifacher Hinsicht verändert. Bis zum heutigen Tag wurden aber nur die ersten beiden Transformationen allgemein diskutiert und verstanden. Die dritte Entwicklung vollzieht sich gerade; und sie wurde noch wirklich verstanden. Dazu ein Rückblick:

ERSTENS: Die Fed senkte ihren Leitzins (die Fed Funds Rate) auf praktisch 0% - aber nicht nur während der Weltfinanzkrise 2008/09, sie hielt ihn auch in den folgenden sechs Jahren der ökonomischen Erholung unverändert. Während der letzten 12 Konjunkturzyklen hatte die durchschnittliche Höhe des US-Leitzinses - analog zur aktuellen Phase der Konjunkturerholung - im Durchschnitt bei ca. 4% gelegen. Nie lag sie bei 0% wie in diesem Zyklus.

In unseren vorhergehenden Essays hatten wir verdeutlicht, dass diese Übernutzung "ultralockerer Geldpolitik" ein Zeichen staatlichen Scheiterns hinsichtlich einer korrekten Ausschöpfung der fiskalpolitischen Möglichkeiten der Regierung sei (profitable Infrastrukturausgaben mit hohem Arbeitsplatz-Multiplikator) sowie längst überfälliger Reformen der Anreizstruktur. Somit fielen der Geldpolitik die Wiederaufbauarbeiten nach der globalen Krise von 2008 zu. Diese Entwicklung gab es übrigens in fast allen anderen G7-Ländern, nicht nur in den USA.

ZWEITENS führte die Fed ihre Politik der quantitativen Lockerungen ein, wobei sie ihre Bilanzen um das Fünffache erhöhte - von 900 Mrd. $ auf 4.500 Mrd. $. In den Jahrzehnten vor der globalen Finanzkrise wäre eine derartige Ausweitung für jeden "Fed-Watcher" ganz und gar unvorstellbar gewesen. In den USA ist QE derzeit inaktiv, es stellt sich nur noch die Frage (die unten beantwortet wird), wie und wann die Fed ihre aufgeblähten Bilanzen wieder auf normalere Stände schrumpfen wird.



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