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Die Risiken der Bundesbank aus deren Guthaben-Saldo im TARGET-II-Programm der EZB-Verrechnung

15.07.2015  |  Dr. Dietmar Siebholz
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Es gibt offenbar also keine Art von Gesetz wie z.B. die deutschen Insolvenzgesetze, die für normal Sterbliche geschaffen wurden. Da erinnere ich mich an einen solchen Fall, der mich viel Geld und Zeit kostete, aber kostbare Erfahrungen vermittelte. Den möchte ich Ihnen nachfolgend schildern, weil dieser klassische Fall aus dem Zivilrecht evtl. in Ersatz fehlender Bestimmungen für Notenbanken auch dort einmal eingesetzt werden könnte.

Nehmen wir also als Lehrstück den Fall "H.P." (künftig Heinz genannt) der gemeinsam mit mir und zwei anderen Partnern an einer Grundstückgesellschaft (GmbH) beteiligt war. Heinz war nicht nur Gesellschafter mit Einlageverpflichtungen, sondern auch wie ich und zwei andere Gesellschafter Dienstleister für gewisse Aufgaben der Gesellschaft und konnte daher vorher definierte Honorare für seine Leistungen fordern. Unerwartet geriet Heinz in Vermögensverfall, weil eines seiner Großobjekte geplatzt war.

Die anderen drei Partner hatte dies nicht arg gestört, weil wir zwar wussten, dass er einen großen Teil seiner Einlage noch nicht erbracht hatte, aber wir hatten ja auch noch seine Honoraransprüche, die wir ebenfalls noch nicht bezahlt hatten, als Aufrechnungssicherheit. Die Aufrechnung war nicht vertraglich geregelt. Der bestellte Insolvenzverwalter forderte uns zur Zahlung der offenen Honorare an ihn auf. Wir verweigerten die Zahlung und erklärten, wir bekämen von Heinz noch eine 6-stellige Summe aus der nicht gezahlten Einlage.

Lassen Sie es mich kurz machen: Der Insolvenzverwalter lehnte die nicht vertraglich vereinbarte Aufrechnung der gegenseitigen Ansprüche ab, verklagte uns und wir mussten die Honorare für Heinz an den Insolvenzverwalter voll zahlen. Unsere Forderungen gegen Heinz haben wir dann in die Insolvenzliste eintragen und deren Berechtigung nachweisen müssen.

Wir erhielten vom Insolvenzverwalter aus dem Restvermögen nach Abwicklung der Insolvenz den stolzen Satz von 2,7% erstattet. Im praktischen Beispiel mussten wir 102.500 Euro zahlen und erhielten aus unserer Anmeldung der nicht gezahlten Einlage in Höhe von 115.000 € aus der Insolvenzquote den Betrag von 3.105,00 € erstattet. Ein gutes Geschäft, nicht wahr? Und wir waren uns sicher, dass wir nichts verlieren konnten.

Wenn es bei einer denkbaren Insolvenz einer Zentralbank (hier z.B. der EZB) eine ähnliche Anwendung gäbe, wie sähe es dann bei TARGET-II-Salden d.h. bei den Forderungen der Bundesbank gegenüber der EZB aus?

  • 1. Die Bundesbank hat eine Forderung von mehr als 500 Mrd. Euro gegenüber der EZB aus den bei der EZB konsolidierten Verbindlichkeiten der anderen Notenbanken. Diese Forderungen sind ungesichert. Natürlich kann die EZB für diese Verrechnungsverbindlichkeiten eine Garantie abgeben, aber was wäre die wohl wert, wenn die anderen beteiligten Notenbanken nicht die Liquidität haben, diese Garantie auch einzulösen?

  • 2. Gleichzeitig müsste die EZB ggfl. im Falle der Kapitalnot eine Kapitalerhöhung von z.B. 2.000 Mrd. Euro beschließen; die Kapitalerhöhungsquote für die Bundesbank wäre dann bei einer 27% Beteiligung also in Höhe von 540 Mrd. Euro zu leisten.

  • 3. Wenn also keine Aufrechnung zulässig wäre (ich glaube dies nicht, wenigstens habe ich dazu nichts in der Literatur gefunden) dann bliebe der Bundesbank der Forderungssaldo aus dem TARGET-II-Programm unverändert erhalten und sie müsste gleichzeitig noch die Kapitalerhöhung stemmen.

  • 4. Es ist offensichtlich angesichts der Schwäche der an der EZB beteiligten Notenbanken, dass die TARGET-II-Forderungen der Bundesbank nicht mehr von der von der EZB anderweitig gehaltenen Liquidität gedeckt sind. Wer bitte soll diese denn einzahlen? Die Schwachländer, die ja jetzt schon tief in die Kreide geraten sind?

  • 5. Im derzeit noch undenkbaren Insolvenzfalle wäre aber nach stehender deutscher Rechtspraxis auch das o.g. Beispiel aus der Privatwirtschaft denkbar, wenn es hier keine speziellen Verordnungen gäbe. Das wäre auch nicht sehr heiter, denn bei einer Bewertung der Aktiva (also der Forderungen der EZB) wäre es für einen Insolvenzverwalter sicherlich unumgänglich, den Bestand an Forderungen neu zu bewerten und auch den Wert der angekauften Wertpapiere (Staatsanleihen der EURO-Länder) mit den dann aktuellen Kursen zu ermitteln. Erst dann werden wir die echte Quote kennen. Wie hoch diese Quote wäre, wissen die Götter; sicher ist nur eines, sie wird angesichts der dann fälligen Abschreibungen auf die Anlehen und Forderungen erschreckend niedrig ausfallen.

  • 6. Meine Bedenken wären in diesem Falle der Kapitalerhöhung sinnlos, wenn es eine Möglichkeit der Aufrechnung gäbe. Aber sind wir einmal ehrlich, mit was sollen wir denn dann aufrechnen? Mit dem Gold der EZB, von dem wir ja auch einen Anteil eingebracht haben und das derzeit so an die 31 Mrd. Euro Verkehrswert haben kann? Und eine Aufrechnung mit unseren TARGET-II-Forderungen würde ja das benötigte Kapital auch nicht fließen lassen und damit die Situation der EZB nicht verbessern. Dabei unterstelle ich, dass in diesem Falle alle anderen EURO-Notenbanken ihre Einzahlungsverpflichtungen erfüllen würden. Glauben Sie auch fest daran?

  • 7. Kurz gesagt, wenn die anderen EURO-Länder ihren Verbindlichkeitssaldo nicht abbauen oder ausgleichen, werden wir kaum jemals Geld aus den TARGET-II-Ansprüchen sehen, so oder so. Aber die Einlage aus einer evtl. Kapitalerhöhung der EZB, die werden wir garantiert zu erbringen haben. Welch ein Horrorszenario! Da könnte man sich als Deutscher fast wünschen, die EZB beschafft sich die Liquidität auf dem bisherigen Wege, nämlich über die unbegrenzte Geldschöpfung mit den damit verbundenen Inflationsrisiken.

Übrigens: Die einzigen Gewinner an dieser Systematik sind die Vermögenden in den schwächelnden Ländern, die rechtzeitig ihre Bankguthaben in Länder des Euro-Raumes geschafft haben, die besser als ihr Land dastehen. Nehmen wir einmal als klassisches Beispiel den vermögenden Alexis aus Saloniki (alle Namen sind fiktiv und willkürlich gewählt), der aus seinem Guthaben bei der Alpha-und-Omega-Bank in Saloniki einen Betrag von 1,0 Mio. Euro auf sein Konto bei einer deutschen Bank überwies.


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