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Ratlos in Davos

29.01.2016  |  Peter Schiff
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Ben Bernanke hatte den Mut zu handeln, als die Zentralbanker Europas zu zaghaft waren, und der Lohn dafür waren nicht nur Vollbeschäftigung und eine wirtschaftliche Erholung, die stark genug ist, um auch höhere Zinssätze zu verkraften, sondern auch ein Buch, das es bis in die Bestsellerlisten schaffte, und zahlreiche Titelseiten für Bernanke. Die Zentralbanker dieser Welt sind noch nicht so ganz bereit, Bernankes Buch in die Abteilung für Fiktion zu verbannen, wo es eigentlich hingehört. Das würde nur Frage darüber aufwerfen, warum sie dieser gescheiterten Politik selbst so lange gefolgt sind.

Dennoch machen sich gewisse Zweifel langsam auch in der Öffentlichkeit breit. In der Unterüberschrift eines Artikels im Wall Street Journal vom 25. Januar wurde endlich ausgesprochen, was die meisten Mainstream-Kommentatoren nicht zugeben wollten: "Die Fed ist der Hauptgrund für den Einbruch der Märkte und das steigende Rezessionsrisiko."

In diesem Artikel wurde analysiert, warum ein Zinssatz von 0% nach sechs Jahren Zustände verursacht hat, die an Spekulationsblasen erinnern und die möglicherweise selbst der winzigen Nadel einer Zinserhöhung um 25 Basispunkte nicht standhalten können. Doch selbst nach dieser Erklärung schrieb das Wall Street Journal nicht, die Fed solle die Geldpolitik wieder lockern. Es wurde höchstens die Forderung geäußert, künftige Zinserhöhungen so lange zu verschieben, bis die Märkte sich angepasst und die erste Anhebung verdaut hätten.

George Soros, ein weiterer legendärer Milliardär und Hedgefonds-Manager (mit einer wohl bekannten politischen Agenda), beteiligt sich nun ebenfalls an dieser Kontroverse, indem er der Fed zu verstehen gab, dass es an der Zeit sei, die Realität anzuerkennen und etwas kleinere Brötchen zu backen. In einem Interview mit Francine Lacqua von Bloomberg Television sagte Soros am 17. Januar, die Entscheidung der Fed, die Zinsen zu erhöhen, sei ein "Fehler" gewesen, und dass er "überrascht wäre", wenn die Notenbank diesen Fehler mit einer weiteren Anhebung wiederholen würde. (Die Federal Reserve hatte offiziell angekündigt, die Zinsen im Jahr 2016 wahrscheinlich noch viermal zu erhöhen.)

Auf die direkte Frage, ob die Fed tatsächlich eine Kehrtwende machen und den Leitzins wieder senken würde, antworte Soros nur, dass "Fehler korrigiert werden müssen" und eine Kursänderung der Fed "durchaus möglich" sei. Sie können darauf warten, dass sich noch zahlreiche weitere Investoren dieser Meinung anschließen und eine Umkehr fordern werden, ungeachtet des Glaubwürdigkeitsverlustes, den Janet Yellen und ihr Team dann erleiden würden.

Als ich vor einigen Monaten öffentlich ähnliche Einschätzungen abgab und sagte, dass eine Zinsanhebung, selbst wenn sie nur einen viertel Prozentpunkt beträgt, genügen würde, um die die Blase an den Aktienmärkten platzen und die Konjunktur in Richtung Rezession kippen zu lassen, wurden meine Ansichten als völlig verwirrt abgetan. Meine Vermutung, die Fed würde ihren Kurs später ändern und die Zinsen wieder senken müssen, wurde sogar als noch unsinniger angesehen, so als hätte ich vorhergesagt, Kanada würde in die USA einmarschieren. Doch jetzt hört man solche Äußerungen auch von Seiten des Mainstreams.

Ich konnte dieses Szenario nicht deshalb durchblicken, weil ich Zugang zu bestimmten Daten habe, die andere nicht einsehen können, sondern weil ich verstanden habe, dass Impulse in Form von Nullzinspolitik und Geldmengenausweitungen nicht das richtige Mittel sind, um die Wirtschaft wieder auf Touren zu bringen und eine gesunde Konjunktur zu gewährleisten. Diese Maßnahmen stellen vielmehr eine Einbahnstraße dar, die in einer Sackgasse der Abhängigkeit endet. Sie führen nur zur Erhöhung der Assetpreise und zur Entstehung einer Zombie-Wirtschaft, die ohne kontinuierliche Impulse nicht mehr lebensfähig ist. Am Ende wird dadurch nicht Wachstum erzeugt, sondern die Illusion von Wachstum.

Diese Beobachtungen decken sich mit der Entwicklung der Weltwirtschaft. An den Rohstoff- und Ölmärkten, an denen die Preise in Dollar angegeben werden, kam es zu einem Abverkauf, weil in Anbetracht der Zinserhöhung ein weiterer Anstieg des Dollarkurses erwartet wurde. Aus diesem Grund befindet sich China jetzt in einer Krise. Die Finanztricks, die bei nicht existenten Zinsen verwendet werden konnten, um die schlechten Ergebnisse der US-Unternehmen zu vertuschen, stehen jetzt nicht mehr zu Verfügung.

Unsere Wirtschaft hängt am Tropf von QE und Nullzinspolitik und ohne diese künstlichen Stützen werden wir mit einiger Sicherheit zurück in eine Rezession fallen. Diese Realität wollten die Mainstreammedien in den letzten Jahren um jeden Preis ignorieren. Doch das wird sich jetzt nur umso stärker rächen.

Investoren sollten diese Warnung ernst nehmen. Die Baisse an den Rohstoffmärkten kann nur Bestand haben, solange die Fed vorgibt, weitere Zinserhöhungen zu planen. Wenn die Notenbank die Wahrheit letztlich eingesteht, weil diese sich angesichts der fortgesetzten Turbulenzen in der Wirtschaft und an den Märkten nicht mehr leugnen lässt, wird der Dollar jäh einbrechen, während die Rohstoffpreise und die anderen Währungen nach Jahren der Verluste endlich wieder steigen. Es ist gar nicht schwer, die Realität zu erkennen. Und dafür braucht man mit Sicherheit keine Einladung nach Davos.


© Peter Schiff
www.europac.net


Dieser Artikel erschien am 26.01.2016 auf www.europac.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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