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Grünes Licht für die Goldrally - Größter Negativfaktor vorerst gebannt

27.09.2016  |  Adam Hamilton
Nachdem die US-Notenbank unter der Leitung von Janet Yellen in dieser Woche erneut vor einer Anhebung des Leitzinses zurückschreckte, ist der Goldkurs sprunghaft angestiegen. Die irrationale Angst der Spekulanten an den Gold-Terminmärkten vor einer Zinserhöhung hat den Goldpreis in der Vergangenheit stark belastet. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass das innerhalb der nächsten Monate geschieht, ist gerade in den Keller gesunken, da die Federal Reserve eine Zinsänderung so kurz vor der enorm wichtigen US-Präsidentschaftswahl nicht riskieren kann. Damit hat sie wahrscheinlich die nächste große Aufwärtsbewegung des Goldkurses ausgelöst.

Seltsamerweise erwarteten überraschend große Teile der Wall Street beim jüngsten Treffen des Offenmarktausschusses der Fed (Federal Open Market Committee, FOMC) eine Anhebung der Zinsrate. Der angestrebte Leitzins, den das FOMC direkt kontrolliert, wird als Federal Funds Rate bezeichnet. Geschäftsbanken sind verpflichtet, Reserven bei der Notenbank zu hinterlegen. Diese Reserven verleihen sie am Federal-Funds-Markt in Form von Tagesgeldern zum Leitzins an andere Banken.

Dieser Markt ist so wichtig, dass es sogar Federal-Funds-Futures gibt, die an der Chicagoer Börse CME gehandelt werden. Niemand weiß mehr über die Federal Funds Rate als die Hedger und Spekulanten an diesem Markt. Durch Analyse ihrer kollektiven Wetten lässt sich die implizierte Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung der Federal Reserve ermitteln, was die CME praktischerweise auch tut. Die Ergebnisse werden in Echtzeit im sogenannten FedWatch Tool zusammengefasst. Dieses zeigte, dass jede Erwartung an eine Anhebung der Zinsen in dieser Woche völlig falsch war.

Zum Handelsschluss am Dienstag, vor der Sitzung des FOMC am Mittwoch, lag die von den Terminkontrakten implizierte Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung bei nur 18%. Jede Erhöhung des Zinssatzes wäre daher eine große Überraschung für die Märkte gewesen und hätte fast mit Sicherheit einen starken Abverkauf an den Aktienmärkten ausgelöst. Historisch gesehen hat der Offenmarktausschuss die Zinsen noch nie angehoben, solange die von den Tradern angenommene Wahrscheinlichkeit nicht bei mindestens 70% lag. Das geschieht nur, nachdem führende Notenbanker die Märkte monatelang vor einer bevorstehenden Zinserhöhung gewarnt haben.

Im Dezember letzten 2015, vor der ersten Zinserhöhung seit 9,5 Jahren, lag die Wahrscheinlichkeit bei knapp 80%! Es war daher verwunderlich, dass so viele Ökonomen und Analysten die Federal-Funds-Futures ignorierten und in dieser Woche eine Zinserhöhung erwarteten. Angesichts der umfangreichen Goldkäufe, zu denen es kam, als bekannt wurde, dass die Fed zum x-ten Mal keine Änderung beschlossen hatte, waren wohl auch viele Spekulanten an den Edelmetallmärkten von einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine Zinsanhebung ausgegangen.

Noch verblüffender ist es jedoch, dass diese amerikanischen Futures-Trader, die die kurzfristige Preisentwicklung am Goldmarkt dominieren, seit langer Zeit der Ansicht sind, Erhöhungen des US-Leitzinses wären der Todfeind des Goldpreises. Der Handel mit Gold-Futures ist extrem riskant, daher nehmen nur abgebrühte Trader daran Teil. Bei einem Goldpreis von 1.350 $ je Unze kontrolliert jeder 100-Unzen-Kontrakt Gold im Wert von 135.000 $. Die erforderliche Sicherheitsleistung, um einen solchen Kontrakt zu handeln, beträgt jedoch nur 5.400 $!

Die maximal verfügbare Hebelwirkung am Gold-Terminmarkt ist also 25 - und liegt damit deutlich über der Jahrzehnte alten, gesetzlich begrenzten Leverage von 2, die an den Aktienmärkten üblich ist. Bei einem Hebel von 25 und der vollen Inanspruchnahme des Kreditrahmens führt bereits eine nachteilige Änderung des Goldpreises von nur 4% zum Verlust von 100% des eingesetzten Kapitals! Man sollte also meinen, dass diese Trader die historische Entwicklung des Goldpreises und ihre bestimmenden Faktoren gründlich studieren, bevor sie bei ihren Wetten auf die künftige Kursperformance so haarsträubende Risiken eingehen.

Historisch gesehen entwickelt sich Gold in Zeiten der steigenden US-Zinsen im Durchschnitt äußert gut. Wie ich im vergangenen Dezember vor der ersten Zinserhöhung der Fed seit 9,5 Jahren ausführlich darlegte, sind Zinserhöhungen durch die US-Notenbank in Wirklichkeit ein sehr bullisches Zeichen für Gold. Seit 1971 gab es elf Zyklen, in denen die Fed die Zinsen schrittweise anhob, und die durchschnittlichen Kursgewinne des Edelmetalls lagen während dieser Zyklen bei 26,9%. In sechs der elf Zyklen entwickelte sich der Goldkurs positiv und legte im Schnitt 61,0% zu!

In den anderen fünf Zinserhöhungszyklen gaben die Goldpreise nach, doch die durchschnittlichen Verluste waren mit 13,9% verhältnismäßig gering. Je niedriger der Goldkurs zu Beginn der Zinsanhebungen war und je langsamer die Anhebungen durchgeführt wurden, desto besser war die Performance des gelben Metalls, während die Fed den Leitzins nach und nach auf ein höheres Niveau hob. Dieser neue Zyklus der steigenden Zinsen könnte also gar nicht bullischer für Gold sein! Er begann, als das Edelmetall gerade bedeutende, langfristige Tiefs ausbildete, und die Zinsänderungen wurden noch nie zuvor in so geringen, und über so lange Zeiträume verteilten Schritten vorgenommen.

Selbst wenn die dümmlichen Futures-Trader sich nicht die Mühe machen, zumindest einen Tag lang die historische Entwicklung des Goldpreises in Abhängigkeit von den Zinsänderungen zu studieren, so sollten sie sich doch zumindest den letzten Zinszyklus etwas genauer ansehen. Zwischen Juni 2004 und Juni 2006 hat das FOMC die Federal Funds Rate mehr als verfünffacht und in 17 Einzelschritten von insgesamt 425 Basispunkten auf 5,25% angehoben. Das hat mit Sicherheit zum Absturz des Goldpreises geführt, oder? Nein, keineswegs. In exakt dem gleichen Zeitraum ist Gold 49,6% nach oben geklettert!

Die in den letzten Jahren weit verbreitete Ansicht, eine Zinserhöhung durch die US-Notenbank würde den Goldkurs crashen lassen, ist also nichts als ein lächerlicher Mythos, der jeder Grundlage entbehrt. Dennoch hängen die Spekulanten der Gold-Terminmärkte nach wie vor an den Lippen der FOMC-Mitglieder und analysieren jedes Wort der Notenbanker. Wenn die Fed die Geldpolitik strafft oder auch nur darüber spricht, suchen die Goldspekulanten panisch das Weite. Wenn die Notenbank dagegen "taubenhaft", d. h. akkommodierend wahrgenommen wird, dann kaufen sie in Windeseile große Mengen an Gold-Futures, so wie wir das in dieser Woche erlebt haben.

Der folgende Goldchart aus den letzten Jahren zeigt, wie stark sich die Gold-Trader an die Fed binden. Ebenfalls dargestellt sind die Gesamthöhe der Long-Positionen am amerikanischen Gold-Terminmarkt, d. h. die Zahl der Wetten auf eine positive Kursentwicklung, sowie die Zahl der Short-Positionen. Beide Werte werden wöchentlich im Commitments of Traders Report der US-Börsenaufsicht CFTC veröffentlicht. Die diesjährige, neue Hausse am Goldmarkt wurde stark von den Erwartungen der Terminmarkt-Trader bezüglich der weiteren Zinspolitik der Federal Reserve geprägt.


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